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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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die Brücke zerstören. Dann wurde jede Verfolgung unnütz, denn Don Estévan konnte, während er nach einer Furt suchte, mitten in die weiten Ebenen entrinnen, die sich bis nach Tubac hin ausdehnen.
    Diese Gedanken weckten abermals Fabians Leidenschaften; er preßte die Flanken seines Pferdes und sprengte im Galopp den Fußpfad entlang, dessen Windungen ihm noch die Feinde, die er verfolgte, verbargen. Diesmal hatte sein Tier eine höhere Macht anerkannt, und der Weg, den es gelehrig verfolgte, verschwand unter seinen Tritten.
    Das Brausen des Sturzbaches war schon lauter als der widerhallende Galopp des Pferdes, und obgleich es zu fliegen schien, so trieb es Fabian doch immer noch an. Bald mischten sich menschliche Stimmen in das Grollen der Gewässer. Diese Stimmen machten auf ihn einen so mächtigen Eindruck, daß seine Stöße in die Flanken des Tieres sich verdoppelten; noch einige Augenblicke mußten ihn mitten unter den Feind bringen, den zu erreichen er vor Begierde brannte.
    Die ungestümen Sprünge eines Pferdes treiben die menschlichen Leidenschaften auf den höchsten Gipfel der Aufregung; Pferd und Reiter stehen in Wechselwirkung miteinander; das Herz des Mannes verfügt über die stählernen Hacken, und das unvernünftige Tier erhebt sich zu einem Verständnis der Gefühle seines Reiters. Trunken vom wilden Ritt, trunken von einer nahen Befriedigung seiner Rache verschwand die Ungleichheit an Zahl vor Fabians Augen. Auch versetzte ihn der Anblick, der sich ihm bald darbot, in einen Schwindel getäuschter Erwartung.
    Wie schon erwähnt, verband eine Brücke von grob behauenen, viereckigen Baumstämmen die beiden steilen Ufer zwischen denen unten der Salto de Agua brauste. Die beiden äußersten Enden dieser Balken, die zusammen gerade so breit waren, daß ein Pferd hinübergehen konnte, ruhten auf dem bloßen Felsen und waren in keiner Weise befestigt. Die Kraft einiger Männer konnte also die Brücke, die zur Verbindung diente, auseinanderreißen oder hinabwerfen und somit an dieser Stelle, wo die beiden Ufer sehr entfernt voneinander waren, den Übergang unmöglich machen.
    Gerade in dem Augenblick, als Fabian die Brücke erreichte, zogen vier von ihren Reitern angespornte Pferde mit aller Kraft ihrer Hacken an den Lassos, die mit dem einen Ende am Sattelknopf befestigt, mit dem anderen an die Balken gebunden waren, die, dieser Anstrengung weichend, sich bewegten, auseinandergingen und dann in den Gießbach stürzten, wo der Schaum garbenweise aufbrauste, während die rasch vom Sattelknopf gelösten Riemen pfeifend dem Zug der beiden ungeheuren Massen folgten.
    Fabian stieß einen Schrei der Wut aus. Bei diesem Ausruf wandte sich ein Mann um; es war Don Estévan! Aber Don Estévan – durch eine unübersteigbare Schlucht von ihm getrennt –, der nun, geschützt vor aller Verfolgung, mit spöttischer Miene Fabian betrachtete, der mit Kleidern, die vom Dickicht zerrissen waren, mit blutendem Gesicht, mit wutentstellten Zügen ungestüm heransprengte, um über den Wasserfall zu setzen. Doch am Rand des Abgrunds angelangt, bäumte sich das erschreckte Tier heftig auf und sprang zurück.
    »Gebt Feuer auf ihn!« rief Don Estévan. »Gebt Feuer, oder dieser Wütende wird uns alle unsere Pläne durchkreuzen! Feuer, sage ich euch!«
    Drei Büchsen richteten sich schon auf Fabian, als sich in einiger Entfernung hinter ihm eine donnernde Stimme hören ließ und im selben Augenblick zwei Männer aus dem Gebüsch hervorbrachen: es waren der Kanadier und Pepe, die dank dem Umweg, den Fabian zu machen genötigt war, rechtzeitig hatten anlangen können.
    Beim Anblick der beiden furchtbaren Büchsen zögerten die Banditen. Fabian nahm einen neuen Anlauf; aber das erschrockene Tier bäumte sich abermals auf und wand sich, einem unbesiegbaren Schrecken nachgebend, heftig unter seinem Reiter hin und her.
    »Feuer! Feuer!« brüllte Don Estévan.
    »Wehe euch!« schrie der Kanadier angsterfüllt. »Wehe dem, der schießen wird! Und du, Fabian, komm zurück im Namen Gottes!«
    »Fabian?« wiederholte Don Estévan wie ein Echo beim Anblick des jungen Mannes, der, taub für die Bitten Bois-Rosés, noch immer sein Pferd anspornte, um über den Gießbach zu setzen; es sprang rechts und links, die Flanken waren mit Schaum bedeckt und pochten vor Schrecken.
    »Ja, Fabian!« rief er mit einer Stimme, die den Donner des Katarakts und den Ruf der beiden Jäger übertönte. »Fabian, der von Euch, Don Antonio de Mediana,

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