Der Waldläufer
aufstehend und eilte, ohne sich noch zu besinnen, auf demselben Weg zurück. »Der Taugenichts hat den Vorteil, ein Pferd zu haben, vor mir voraus und reitet um unser Lager herum; aber ich habe vor ihm den Vorteil, eine gute amerikanische Büchse zu besitzen, und Pepe hat eine ähnliche zur Verfügung.«
Die Bäume flogen bei der Schnelligkeit seines Laufes rechts und links an ihm vorüber; da er einer vollkommen geraden Linie folgte und sein Feind nach der richtigen Voraussetzung seines Kameraden einen Halbkreis beschrieb, so bemerkte er einen Augenblick – freilich in einer ungeheuren Entfernung – die gelbliche Farbe einer ledernen Weste, die sich in einer Öffnung des Gebüsches gerade in der Höhe eines Mannes zu Pferd zeigte. Dieses fast unsichtbare Ziel war genug, und plötzlich stillstehend schoß er seine Büchse ab. Die lederne Weste verschwand; aber da für Männer seiner Art zielen treffen ist, so zweifelte der Kanadier keinen Augenblick, daß sein Feind tot oder wenigstens verwundet auf der Erde liege.
Der weißliche Rauch des Schusses wirbelte noch in gleicher Höhe mit den niedrigsten Blättern der Bäume, als Bois-Rosé sich schon weit von dem Ort entfernt hatte, wo er stehengeblieben war, um zu zielen. Er dachte wohl einen Augenblick daran, seine Büchse wieder zu laden, aber bei dem heißen Rachedurst, der ihn vorwärts trieb, fürchtete er, hierdurch nur Zeit zu verlieren, und im Fall, daß der Mörder gegen alle Wahrscheinlichkeit nicht allein sei, verließ er sich auf seine Leibesstärke, um das Verhältnis auszugleichen.
Diesmal vernachlässigte er jegliche Vorsicht, da seine Büchse seine Gegenwart bezeugt hatte. Wie ein Jäger vielleicht jetzt gerade im Begriff, unser Nachtlager zu umgehen, und dann wird er in unseren Hinterhalt fallen.«
Nach diesen Worten warf sich Pepe, die Büchse in der Hand und von Tiburcio, der sein Messer gezogen hatte, gefolgt, nach der einen Seite, während der Kanadier seine hohe Gestalt mit außerordentlicher Geschwindigkeit krümmte und in der Richtung, die Pepe ihm angedeutet hatte, unter den dichtesten Zweigen mit ebensoviel Schnelligkeit als Geräuschlosigkeit hinschlüpfte. Das Nachtlager war also für den Augenblick der Bewachung des Pferdes überlassen, das der frühere Grenzjäger eingefangen hatte und das, erschreckt durch den Knall der Feuerwaffe, seine Anstrengungen verdoppelte, um – selbst mit Gefahr, sich zu erdrosseln – den Lasso, mit dem es angebunden war, zu zerreißen.
Indessen fielen die ersten Strahlen des Tages in die lichtvollen Öffnungen zwischen den einzelnen Bäumen; der Glanz des Feuers verschwand nach und nach vor dem der Sonne, der die Gegenstände allmählich deutlicher erkennen ließ. Die Natur erwachte in der ganzen Pracht der Wälder in den Tropengegenden. Der Huaco, der auf den weißblumigen Lianen saß, ließ die beiden Silben hören, die ihm den Namen gegeben haben und bei deren Klang die Schlangen sich zitternd verbergen; der Choyero schwebte an den Wipfeln der Bäume hin und her und belauerte die im Dickicht schlafenden Reptilien. Der Morgenwind trug von der Ebene her das ferne Wiehern der Pferde, das dumpfe Gebrüll der Stiere, die die aufgehende Sonne begrüßten, deren Strahlen bald in den Wald hineindrangen. Die Winden mit weißen und roten glockenförmigen Blüten, die Blätter von der verschiedenartigsten grünen Färbung funkelten unter dem Tau, mit dem die Nacht sie bedeckt hatte; die rauhen Baumstämme vergoldeten sich mit strahlendem Licht und zeigten hier und da in einem verborgenen Winkel ihrer Zweige leere Häute, die von Schlangen abgestreift worden waren. Die gleiche Sonne enthüllte auf einmal die Schrecken und die Pracht der wilden Natur.
»Hier wollen wir haltmachen«, sagte Pepe zu Tiburcio – den wir von nun an Fabian nennen werden –, als sie nach einem raschen Lauf ein ziemlich dichtes Gebüsch erreicht hatten, in dem sie sich verbergen konnten, ohne doch selbst den schmalen Fußpfad, der nach der Brücke über den Salto de Agua führte, aus den Augen zu verlieren; »ich bin sicher, daß der Schelm, der so schlecht zielt, sogleich hier durchkommen wird, und ich hoffe, ihm bemerklich zu machen, daß, seitdem ich den Dienst des Königs von Spanien verlassen und bei dem Kanadier in der Schule gewesen bin, ich einige Fortschritte in der Handhabung der Büchse gemacht habe.«
Fabian und Pepe machten hinter einem kleinen Sumachgebüsch halt. Der junge Graf, dessen Geist noch von den Aufschlüssen,
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