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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Verschanzung, bei deren Errichtung die Hand des Menschen sich nicht beteiligt hatte, lagen kalkige Strecken, sandige Heide oder eine Anzahl nacheinander folgender kleiner Hügel, die wie versteinerte Wellen in diesem Sandozean aussahen.
    Ein Trupp von ungefähr sechzig Reitern war in dieser Umzäunung von Kakteen und Gebüsch abgestiegen. Die Flanken der Pferde dampften wie nach einem angestrengten Marsch. Es war ein verworrener Lärm von Rufen, Wiehern der Pferde und Klappern von Waffen aller Art, denn dieser Reitertrupp schien kein gewöhnlicher zu sein. Lanzen mit roten fliegenden Fähnchen, Musketen, Büchsen, Doppelgewehre hingen noch am Sattelbogen. Von den Reitern putzten die einen ihre Pferde; andere lagen auf dem Sand im spärlichen Schatten der Kakteen und dachten nur daran, sich vor allem nach einem ermüdenden Tagesmarsch auszuruhen, auf dem die glühende Sonne die Glieder ebenso erstarrt wie die Kälte in der nördlichen Zone.
    Etwas weiter zurück kamen die beladenen Maultiere zu der für das Nachtlager gewählten Stelle, und noch weiter zurück, hinter diesen, fuhren schwer beladene Wagen – zwanzig an der Zahl – in einer krummen Linie; die vorgespannten Maultiere zogen sie in langsamstem Schritt heran.
    Endlich entdeckte das Auge des Adlers in der Richtung, der die Reisenden hatten folgen müssen, noch ohne Mühe, was das Auge keines Reiters oder Wagenleiters mehr sehen konnte: nämlich Leichname von Menschen und Tieren, die auf diesen dürren Flächen verstreut lagen und die den blutigen Weg bezeichneten, den diese Expedition von Abenteurern mitten unter stets erneuerten Kämpfen und unter den Gluten eines feurigen Himmels hatte machen müssen. Man hat gewiß schon die Schar Goldsucher unter den Befehlen Don Estévans wiedererkannt.
    Als die Maultiere und die Wagen das Nachtlager erreicht hatten, gab es zwar einige Verwirrung, aber sie dauerte nur wenige Augenblicke. Die Wagen waren bald abgeladen, die Maultiere ausgespannt, die Pferde abgesattelt. Die Wagen wurden nun Deichsel an Deichsel mit eisernen Ketten zusammengebunden, und die Packsättel der Maultiere füllten mit den übereinandergelegten Sätteln der Pferde, mit den Kakteen und den Feigen die Zwischenräume zwischen den Rädern, so daß augenblicklich eine furchtbare Barrikade daraus entstand.
    Im Innern des Lagers wurden die Tiere an die Wagen gebunden, Küchengeräte mit dazugehörigen Reisbündeln wurden in die Wagen hineingelegt. Eine tragbare Schmiede wurde aufgerichtet, und diese Kolonie, die wie durch ein Wunder aus der Erde emporgewachsen zu sein schien, war bald in voller Tätigkeit. Der Amboß ertönte von den Schlägen des Hammers, mit denen man die Hufeisen oder die Beschläge der Wagenräder in die gehörige Form brachte.
    Ein reichgekleideter Reiter, dessen Anzug jedoch von Staub und Sonne verblaßt war, saß auf einem schönen Schweißfuchs und war allein inmitten des Lagers, das sein Auge in allen seinen Einzelheiten sorgfältig prüfte, im Sattel geblieben. Der Herzog von Armada, der Chef der Truppe, war leicht in diesem Reiter wiederzuerkennen.
    Unterdessen waren drei Männer beschäftigt, auf dem Gipfel des kleinen Hügels die Pflöcke eines leinenen Zeltes in die Erde zu schlagen. Als das Zelt aufgerichtet und mit Stricken befestigt war; als auf dessen Spitze ein entfaltetes Banner mit sechs goldenen Sternen im azurenen Feld und der Umschrift »Ich werde wachen« im Wind flatterte, stieg der Reiter ebenfalls ab; er schien einem seiner Leute einen Befehl zum Überbringen zu geben, denn dieser stieg wieder auf und ritt aus dem Lager. Darauf ging der Herzog mit nachdenklicher Miene in das Zelt.
    Alle diese Vorbereitungen hatten kaum die Zeit von einer halben Stunde in Anspruch genommen, so sehr schien die Gewohnheit alles vereinfacht zu haben. Zur Rechten des Lagers – in östlicher Richtung, aber noch weit hinter den wellenförmigen Hügelreihen – erhob sich aus dem Sandmeer ein breites, dichtes Gehölz von Gummibäumen und Eisenholz, den einzigen Bäumen, die in diesen verlassenen Ebenen wuchsen.
    Eine zweite Reitertruppe hatte im Schatten dieses dichten Waldes haltgemacht. Hier gab es weder Wagen noch beladene Maultiere und keinen Verhau irgendwelcher Art. Aber das war nicht die einzige Verschiedenheit, den die letztere Truppe mit der ersteren darbot. Sie schien mehr als doppelt so stark zu sein. An dem bronzefarbigen Teint der Reiter, von denen die einen fast nackt, die anderen mit einem weiten, flatternden

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