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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Lederanzug bekleidet waren; am Kopfputz, auf dem die Adlerfeder schwankte; an der gelben Ockerfarbe, mit der ihre Gesichter bemalt waren; am wilden Zierat ihrer Pferde konnte man leicht eine Abteilung Indianer auf einem Kriegszug erkennen.
    Zehn von ihnen – ohne Zweifel die Anführer – saßen in ernster Haltung rund um ein Feuer, das mehr rauchte als brannte, und ließen das Kalumet oder die lange Beratungspfeife von Hand zu Hand gehen. Die vollständige Rüstung eines jeden Häuptlings – das heißt, ein lederner Schild, mit dicken Fransen aus ähnlichen Federn besetzt, wie sie sich an ihrem beweglichen Kopfputz fanden, eine lange Lanze, eine Streitaxt und ein Messer – lag an der Seite eines jeden auf dem Sand.
    In einiger Entfernung vom indianischen Beratungsfeuer – weit genug, um die Worte der Ratsversammlung nicht hören zu können – hielten fünf Krieger je zwei sonderbar aufgeschirrte Pferde am Zügel; ihre hölzernen Sättel waren mit rohem Leder überzogen, und Fuchspelze schmückten ihr Hinterstück. Es waren die Pferde der zehn Häuptlinge; die fünf Krieger schienen nur mit großer Mühe die feurigen Tiere zu bändigen. Während das Kalumet seinem Nachbarn gereicht wurde, zeigte einer der Häuptlinge den anderen mit dem Finger einen Punkt am Horizont. Die Augen eines Europäers hätten an dem azurenen Himmel nur eine kleine graue Wolke mehr gesehen; aber das Auge des Indianers unterschied dort eine leichte Rauchsäule, die sich wirbelnd aus dem rings eingeschlossenen Lager der Weißen erhob.
    In diesem Augenblick brachte ein indianischer Bote ohne Zweifel irgendeine wichtige Nachricht, denn alle Reiter gruppierten sich um ihn.
    Jetzt entdeckte das Auge des Adlers zwischen dem Lager der Indianer und dem Verhau der Weißen noch einen Reiter; aber allein und ohne daß er von den Weißen und den Indianern gesehen werden konnte. Es war dies offenbar der Reiter, zu dessen Suche, wie wir gesehen haben, einer aus dem Lager der Goldsucher abgesandt war. Er ritt einen grauen Apfelschimmel und hielt jetzt an, und sein Pferd schien mit ausgestrecktem Hals und offenen Nüstern ebenso wie sein Reiter eine noch unsichtbare Spur zu suchen. Der Reiter trug den Lederanzug der Weißen, und seine – wenn auch sonnverbrannte – Gesichtsfarbe bewies hinlänglich, daß er der weißen Rasse angehörte.
    Der Mann zu Pferd war Cuchillo; er schlug plötzlich die Richtung mitten durch die Steppe ein und ließ dann sein Pferd den Gipfel einer Anhöhe in der Ebene ersteigen. Hier angelangt, fuhr er vor einem zweifachen Anblick zurück, denn seine Augen richteten sich abwechselnd auf die Rauchsäule, die sich aus dem Lager der Abenteurer erhob, und auf das Biwak der Indianer.
    Die Indianer bemerkten ihn aber ebenfalls, denn ein langes Gebrüll wie von hundert Panthern erhob sich zum Himmel, und der durch den Aufruhr erschreckte König der Vögel verlor sich bald wie ein schwarzer Punkt mitten in den Wolken.
    Der Bandit entfloh mit verhängten Zügeln nach der Rauchsäule hin, als er die Indianer wie hungrige Wölfe auf einer Hirschjagd zu seiner Verfolgung aufbrechen sah. Endlich unterschied sich noch weiter am Horizont – doch kaum dem Adler selbst sichtbar – eine andere Männergruppe ziemlich undeutlich inmitten eines leichten Nebels. Ihre Stellung war so, daß sie ein Dreieck mit den beiden Lagern – dem der Rothäute und dem der Weißen – bildete. Jener Nebel war durch die Ausdünstungen eines ziemlich breiten Flusses erzeugt, dessen Ufer von Bäumen beschattet waren und der in seinem Lauf eine kleine, dicht bewachsene Insel bespülte. Mitten auf diesem Eiland befanden sich augenblicklich die zuletzt angeführten Personen. Waren es aber zwei oder drei oder vier – das konnte man vor Nebel nicht unterscheiden. Doch überstieg ihre Zahl wohl nicht die zuletzt genannte.
    Dieser Teil der Steppe, dessen verschiedene Bewohner wir kennengelernt haben, endete an dem obenerwähnten Fluß. Er strömte von Osten nach Westen, teilte sich eine Meile westlich von der Insel in zwei Arme und bildete ein weites Delta, das von einer Bergkette begrenzt wurde; aber ein dichter Nebel bedeckte diese Anhöhen, und das Auge Gottes allein hätte diesen Dunstschleier durchdringen können, der – je nachdem die Sonne sich ihrem Untergang zuneigte – auch lebhaftere violette und azurfarbige Schattierungen darbot.
    In diesem Delta, das mehr als eine Quadratmeile groß ist, beinahe in gleicher Entfernung von der Hügelkette und dem Anfang

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