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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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an Euch zu richten, und obwohl es jetzt die Stunde der Ruhe ist, so können wir sie doch noch lange Zeit aussetzen. Wenn ich mich nicht täusche, Diaz, so gehört Ihr zu jenem Schlag von Männern, die nur ausruhen, wenn sie nichts Besseres zu tun haben. Die Ehrgeizigen sind einmal so«, fügte Don Estévan lächelnd hinzu.
    »Ich bin nicht ehrgeizig, Señor de Arechiza«, erwiderte ruhig der Abenteurer.
    »Ihr seid es, ohne es zu wissen, Diaz, und ich werde es Euch sogleich beweisen. Doch zuvor sagt mir, was denkt Ihr von diesem fernen Gewehrfeuer?«
    »Die Menschen treffen einander auf dem Meer, dessen Oberfläche ohne Vergleich viel umfangreicher ist als die unserer Steppen; es ist darum nicht sonderbar, daß sie einander hier begegnen. Reisende und Indianer haben sich plötzlich einander gegenüber gefunden und schlagen sich.«
    »Das war auch mein Gedanke«, sagte der Chef. »Noch eine andere Frage ..., dann werden wir auf den Gegenstand der Unterhaltung zurückkommen, der mir am Herzen liegt. Ist Cuchillo wieder eingetroffen?« fragte der Spanier.
    »Nein, Señor, und alles läßt mich befürchten, daß wir den Führer, der uns bis heute geführt hat, verloren haben.«
    »Und welcher Ursache schreibt Ihr dieses sonderbare Ausbleiben zu?« erwiderte Don Estévan mit einer besorgteren Miene, als er vielleicht selbst zu zeigen dachte.
    »Es ist wahrscheinlich, daß er die Spur der Apachen zu weit verfolgt hat und durch einige dieser Räuber erwischt worden ist. In diesem Fall möchte seine Abwesenheit wohl ewig dauern, trotz der Feuer, die wir seit zwei Tagen anzünden, damit die Rauchsäule, die sich erhebt, ihm unseren Lagerplatz anzeige.«
    »Sind das Eure geheimsten Gedanken, obgleich – um die Wahrheit zu sagen – Cuchillo zu den Leuten gehört, die man selten mit Unrecht einer Treulosigkeit anklagt? Aber noch ahne ich nicht, zu welchem Zweck er uns verraten haben könnte.« Don Estévan hob eine Seite seines Zelts empor und zeigte Pedro Diaz mit dem Finger den Nebelschleier, der den Gipfel der Berge am Horizont umhüllte. »Die Nähe dieser Berge«, sagte er mit nachdenklichem Ton, »könnte uns vielleicht die Abwesenheit Cuchillos erklären.« Dann sagte er mit plötzlich verändertem Ausdruck: »Und ist der Geist unserer Leute immer noch derselbe?«
    »Immer noch, Señor«, erwiderte Diaz. »Mehr als jemals vertrauen sie ihrem Chef, der für sie wacht, wenn sie schlafen, und der nichtsdestoweniger wie der Letzte unter ihnen kämpft.«
    »Ich habe mich ein wenig auf allen Punkten der Erdkugel geschlagen«, sagte Arechiza, der für ein Lob empfänglich war, dessen Aufrichtigkeit ihm nicht verdächtig schien, »und habe selten entschlossenere Männer als diese hier kommandiert. Wollte Gott, es wären fünfhundert, statt sechzig, dann wären nach der Rückkehr von der Expedition meine Pläne leicht zu verwirklichen.«
    »Ich weiß nicht, welches die Pläne sind, von denen Eure Herrlichkeit zum erstenmal zu mir spricht«, erwiderte Diaz mit zurückhaltendem Ton; »aber vielleicht hält mich Señor Arechiza nur darum für ehrgeizig, weil er mir die Ehre erweist, mich nach sich selbst zu beurteilen.«
    »Das ist möglich, Freund Diaz«, antwortete der Herzog von Armada lächelnd. »Das erstemal, als ich Euch sah, habe ich geglaubt, daß ein Herz von Eurem Schlag mit dem meinigen übereinstimmen müsse. Wir sind gemacht, um uns zu verstehen, und ich bin überzeugt, daß es der Fall sein wird.«
    Der Mexikaner besaß ganz den lebhaften Verstand seiner Landsleute. Er hatte sich ein Urteil über Arechiza gebildet, aber er wartete, daß dieser zuerst den Anfang mache; er verbeugte sich höflich und schwieg.
    Der Spanier schob zum zweitenmal den Vorhang seines Zelts beiseite und zeigte mit dem Finger auf den Horizont. »Noch einen Tagesmarsch«, sagte er, »und morgen werden wir am Fuß dieser Berge dort hinten lagern.«
    »Gewiß«, sagte Diaz, »wir sind kaum sechs Meilen davon entfernt.«
    »Das ist es nicht, was ich damit sagen wollte«, fügte Don Estévan hinzu; »aber jene Nebeldecke, die ihren Gipfel umkränzt, während an ihrem Fuß der Mond die Ebene mit bleichem Licht erleuchtet – wißt Ihr, was sie verbirgt?«
    »Nein«, sagte der Mexikaner.
    Der Herzog von Armada warf einen Blick auf Diaz, der bis auf den Grund seiner Seele dringen zu wollen schien. In dem Augenblick, wo er im Begriff stand, dem Abenteurer das Geheimnis zu enthüllen, das er bisher sorgfältig verborgen gehalten hatte, wollte der

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