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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Geräusch, das ich vernahm, mißtraute; es waren nur die Indianer, die nach dem anderen Ufer übersetzten. Wer weiß nun, wie viele Feinde wir um uns haben?«
    »Was schadet es«, antwortete der Kanadier mit düsterer Miene, »daß hundert Geier da sind, unsere Leichname zu zerreißen, wenn wir nicht mehr sein werden, daß hundert Indianer um sie herum heulen?«
    »Es ist wahr, die Zahl tut unter solchen Umständen nichts zur Sache; aber wenn dieser Tag ein Tag des Triumphes für die Indianer sein soll, so werden die Geier gewiß dabei verlieren.«
    »Willst du nicht deinen Todesgesang wie die Indianer anstimmen, die, an den Pfahl gebunden, die Skalpe zählen, die sie genommen haben?«
    »Und warum nicht? Das ist eine sehr gute Sitte; die Erinnerung, daß wir als Männer gelebt haben, hilft uns, als Helden zu sterben.«
    »Denken wir vielmehr daran, als Christen zu sterben«, entgegnete Bois-Rosé. Dann zog er Fabian zu sich heran und fuhr fort: »Ich kann mir nicht recht klar darüber werden, mein vielgeliebtes Kind, was ich alles für dich geträumt hatte. Ich bin halb wild, halb zivilisiert, und meine Träume zeugen davon. Bald wollte ich dir deine weltliche Größe, deine Ehren und deine Titel wiedergeben und damit noch die Schätze des Val d'Or verbinden. Bald träumte ich für dich nur von den glänzenden Erscheinungen der Steppe, von jenem erhabenen Zusammenklang in der Natur, der den Menschen in Schlaf wiegt und ihn bei seinem Erwachen freudig begrüßt; aber alles, was ich zu sagen vermag, ist, daß der vorherrschende Gedanke meines Herzens war, dich niemals zu verlassen. Muß es nun im Tod geschehen, den wir vereint finden? Sollst du – so jung, so kühn, so schön – dasselbe Los mit einem Mann teilen, der morgen in dieser Welt nutzlos sein würde?«
    »Wer würde mich lieben, wenn du nicht mehr da bist?« erwiderte Fabian mit einer Stimme, der diese verzweifelte Lage nichts von ihrer Zärtlichkeit und Festigkeit raubte. »Ehe ich dich wiedergefunden hatte, deckte das Grab alles, was ich liebte; der einzige Überlebende, der es mir ersetzen konnte, das warst – du. Was sollte ich noch in dieser Welt bedauern?«
    »Die Zukunft, mein Kind, die Zukunft, in die die Jugend hineinzustürzen strebt wie der durstige Hirsch in das Wasser eines Sees ...«
    Der dumpfe Knall entfernter Schüsse unterbrach diese melancholischen Betrachtungen des alten Jägers. Es war die Stunde, wo die Indianer das Lager Don Estevans angriffen. Sie zeugten von einem heftigen Kampf zwischen den Weißen und den Indianern. Der Leser kennt dessen Ausgang.
    Eine laute Stimme, die vom gegenüberliegenden Ufer erscholl, mischte sich in die wiederholten Salven: »Mögen die Weißen ihre Ohren öffnen!«
    »Das ist wieder dieser Hund, der Schwarze Falke!« sagte Pepe, der die Stimme des von ihm verwundeten Häuptlings wiedererkannte.
    In der Tat unterstützten ihn zwei Krieger mit ihren Armen.
    »Wozu nützt es, die Ohren zu öffnen?« rief Pepe mit Stentorstimme, indem er sich des Gemischs aus der spanischen und der Apachensprache bediente. »Die Weißen lachen über die Drohungen des Schwarzen Falken und verachten seine Versprechungen.«
    »Gut«, antwortete der Indianer; »die Weißen sind mutig, und sie werden auch ihres ganzen Mutes bedürfen. Die weißen Männer aus dem Süden werden jetzt angegriffen; warum stehen die Männer aus dem Norden ihnen nicht gegenüber?«
    »Weil ihr schon gegen sie kämpft, du Vogel mit traurigem Gefieder; weil die Löwen nicht mit den Schakalen jagen; weil die Schakale nur heulen können, wenn der Löwe seine Beute verschlingt. – Bedanke dich für das Kompliment, du Schelm; es ist die schönste Blüte indianischer Redekunst!« fügte Pepe aufgeregt hinzu.
    »Es ist gut!« antwortete der Häuptling. »Die Weißen machen es wie der Indianer, der besiegt seinen Sieger verhöhnt. Aber der Adler lacht über die Schmähungen des Spottvogels, der alle Stimmen nachahmt; der Spottvogel ist es auch nicht, den der Adler seiner Anrede würdigt.«
    »Wer denn?« rief Pepe, den dieses Gleichnis nicht gerade besänftigte.
    »Der Riese ist es, sein Bruder! Der Adler von den schneebedeckten Bergen, der es verschmäht, die Sprache anderer Vögel nachzuahmen.«
    »Was wollt ihr von ihm?« rief die Stimme Bois-Rosés dazwischen.
    »Der Indianer möchte hören, daß der Krieger des Nordens um sein Leben bittet«, erwiderte der Häuptling.
    »Ich habe eine entgegengesetzte Forderung an Euch zu stellen!« sagte der

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