Der Waldläufer
an, und wenn das durch seine Hand entstandene Feuer allen brennbaren Stoff rings um ihn verzehrt hat, steht die feindliche Flamme vor dem leeren Raum, den er geschaffen hat, still.
Hier aber konnten die Belagerer nicht der Glut die Glut entgegenstellen, und der von den Indianern abgeschickte Brander mußte das Floß vernichten, ohne daß denen, die sich darauf befanden, eine andere Aussicht, dem Feuer zu entgehen, übrigblieb, als sich in das Wasser zu stürzen. Dort aber waren sie in der Gewalt der Indianer, die sie entweder mit Flintenschlüssen töten oder lebendig gefangennehmen konnten.
Darauf war der Plan des indianischen Läufers berechnet. Auf seinen Befehl hatten die Indianer die Zweige einer harzigen Fichte abgehauen, hatten sie auf einen Baumstamm, der noch alle seine Zweige besaß, geschichtet, Feuer daran gelegt und ihre Brandmaschine dem Strom überlassen. Die Richtung war so genau, daß die schwimmende Flamme gerade auf die Insel losgetrieben wurde.
Pepe warf einen bitteren Blick auf Bois-Rosé und Fabian. Man sah, daß die rachsüchtigen Leidenschaften des Spaniers sich der Gefahr gegenüber entflammten. Sein Blick traf die ruhigen, leidenschaftslosen Züge des Kanadiers und das unbewegte Gesicht Fabians. Der edle junge Mann hatte in seinem Herzen schon ein schmerzlicheres Opfer als das des Lebens gebracht.
Die prasselnde Flamme des harzigen Holzes strahlte unglückbringend von der Oberfläche des Stroms zurück, und unter der schwarzen Rauchwolke, die sich mit dem Nebel mischte, waren die Insel und die Ufer des Flusses erleuchtet wie bei vollem Sonnenlicht, doch waren die Bewohner des Floßes unsichtbar hinter der grünen Einfassung; von Zeit zu Zeit aber konnte man den roten Schattenriß einer indianischen Schildwache bemerken.
Pepe konnte einer plötzlichen Versuchung nicht widerstehen. »Warte, du Dämon der Hölle«, sagte er halblaut; »du wenigstens wirst nicht zurückkehren und deinem Dorf von den letzten Augenblicken im Todeskampf eines Christen erzählen!« Bei diesen Worten leuchtete ein roter Blitz aus der Büchse des erzürnten Spaniers durch das Schilf hindurch, und man sah den Federbusch eines indianischen Kriegers im selben Augenblick zu Boden sinken, wo der Schuß das Schweigen der Nacht unterbrach.
»Eine traurige und verspätete Rache«, sagte Bois-Rosé feierlich, als er den Indianer fallen sah.
In der Tat schienen die Apachen die Kugeln eines besiegten Feindes nicht mehr zu beachten; das Ufer blieb in sein düsteres Schweigen gehüllt, ohne daß ein einziges Geheul, wie es doch gewöhnlich der Fall ist, die letzten Seufzer eines Kriegers begleitete. Die Flamme der brennenden Reisbündel, die sich nur noch in kurzer Entfernung von der Insel und in gerader Linie mit ihr befanden, ließ die von machtloser Wut verzerrten Züge des Spaniers hervortreten. »Demonio!« sagte er, mit dem Fuß stampfend. »Ich werde mit um so größerer Seelenruhe sterben, je mehr von diesen rothäutigen Teufeln ich vor mir in die andere Welt gesandt habe.« Und während er seine Büchse wieder lud, suchten seine Augen überall auf beiden Ufern nach einem Gegenstand, den er seinem Rachedurst opfern könnte.
Während dieser Zeit prüfte der Kanadier kaltblütig den Feuerball, der an der Insel stranden und deren trockene Bäume in Brand setzen mußte.
»Wahrhaftig«, sagte Pepe, bei dem die Wut die Urteilskraft verdunkelte, »betrachte nur immerzu diesen Brander! Hast du vielleicht auch ein Mittel in Bereitschaft, um diesen schwimmenden Scheiterhaufen, der sich an die Seiten unserer Insel klammern wird, aus seiner Richtung zu bringen?«
»Vielleicht«, erwiderte der Kanadier, der seine Prüfung fortsetzte, lakonisch.
Der ehemalige Grenzsoldat fing an, mit einer gleichgültigen Miene zu pfeifen – ein vergeblicher Versuch, um seinen Zorn nicht durchblicken zu lassen.
»Halt!« sagte Bois-Rosé. »Hier sehe ich etwas, was beweist, daß die Berechnung dieser Söhne der Wälder nicht untrüglich ist. Wenn es nicht in zwei Minuten einen Hagel von Kugeln und Pfeilen auf uns regnen würde, um uns zu zwingen, während der Zeit, da der Brander unsere Insel in Flammen setzt, eine gedeckte Stellung einzunehmen und ihn nicht wegzustoßen, so wollte ich dieses brennende Floß beseitigen wie eine Feuerfliege, die im Gras schwirrt.«
Auf einer dicken Unterlage von feuchtem Heu, die gleichsam einen Boden in den Baumzweigen bildete, auf dem der Haufe harziger Reisbündel ruhte, näherte sich das schwimmende
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