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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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wohl zweifeln –, daß des Goldes halber die meisten Verbrechen auf der Erde begangen werden, so sollte man vielmehr glauben, daß der Urheber des Bösen das Val d'Or zum Aufenthalt gewählt hat, da nach deiner Meinung, Fabian, sein Inhalt ein ganzes Geschlecht zugrunde richten kann.«
    »Du hast recht«, antwortete Fabian mit feierlicher Haltung und bleichem Gesicht; »die Stelle, die mein Fuß jetzt betritt, ist vielleicht der Ort, wo der unglückliche Marcos Arellanos von dem Mann, der ihn begleitete, ermordet wurde. Ach, wenn diese Gegend sprechen könnte, so würde ich den Namen dessen erfahren, den zu verfolgen ich geschworen habe; aber Sturm und Regen haben die Spur der Schritte des Opfers wie die des Mörders verwischt, und die Stimme der Wildnis ist stumm geblieben.«
    »Geduld, mein Kind, Geduld!« erwiderte Bois-Rosé eindringlich. »Ich habe im Verlauf eines langen Lebens noch niemals das Verbrechen ohne Strafe bleiben sehen; oft findet man Spuren wieder, die man schon seit langer Zeit verwischt glaubt; selbst die Stimme der Wildnis erhebt sich zuweilen gegen den Schuldigen. Wenn der Mörder nicht tot ist, so wird die Habgier ihn abermals an diesen Ort führen, und das wird ohne Zweifel nicht mehr lange dauern, denn er befindet sich vielleicht im mexikanischen Lager. Sollen wir jetzt, Fabian, den Feind an dieser Stelle erwarten, oder sollen wir unsere Taschen mit Gold füllen und nach Hause zurückkehren?... Du wirst darüber entscheiden.« Bei diesen Worten seufzte Bois-Rosé.
    »Ich kann nicht darüber entscheiden«, antwortete Fabian; »ich komme fast wider meinen Willen hierher. Es ist wahr, ich gehorche einem Einfluß; aber ich möchte fast sagen, einem Willen, der stärker ist als meiner und deiner. Ich fühle, daß eine unsichtbare Hand mich vorwärts treibt wie an dem Abend, wo ich zu euch kam und mich an eurem Feuer niederließ. Warum habe ich mein Leben aufs Spiel gesetzt? Um dieses Gold zu gewinnen, mit dem ich doch nichts anzufangen weiß? Ich kenne den Grund davon nicht. Ich weiß nur eines: das ist, daß ich hier bin mit traurigem Herzen und einer Seele, die voll quälender Ungewißheit ist.« »In der Tat ist der Mensch nur das Spielzeug der Vorsehung«, sagte Bois-Rosé; »was aber die Traurigkeit anlangt, die du empfindest, so ist sie hinreichend durch den Anblick dieser Gegenwart gerechtfertigt, und was ...«
    Ein rauher Ausruf, eine Art menschlichen Brüllens unterbrach den Kanadier und mischte sich mit dem Grollen des Wasserfalls. Dieser Ausruf schien vom indianischen Grabmal herzuschallen und erhob sich wie eine Stimme, die die in die Wohnung der Toten eindringenden Räuber anklagte.
    Die drei Jäger hoben zu gleicher Zeit überrascht den Kopf nach dem Gipfel der Pyramide – aber keine lebendige Kreatur zeigte sich dort. Die Sonne spielte durch die offen daliegenden Rippen des Skeletts, und die Skalpe wehten immer noch im Luftzug an den Stangen, an denen sie befestigt waren, hin und her. Nur das Auge des Raubvogels, der über dem Felsen schwebte, hätte den Mann entdecken können, der durch dieses Geschrei so plötzlich das Echo der Wildnis weckte.
    Die düstere Feierlichkeit der Gegend, in der sich die drei Freunde befanden; die blutigen Erinnerungen, die sie in Fabian hervorrief, und die abergläubischen Gedanken, die in Pepes Seele dadurch geweckt wurden, vereinigten sich mit diesem fremdartigen, geheimnisvollen Ausruf, so daß sie ein Gefühl hatten, das dem Schrecken sehr nahe kam. Es war in dem Ton etwas so Unerklärliches, daß sie einen Augenblick zweifelten, ob sie diesen auch wirklich gehört hatten.
    »War dies denn die Stimme eines Menschen?« sagte Bois-Rosé ganz leise, indem er Fabian und Pepe zurückhielt. »Oder ist es vielleicht ein sonderbares Echo wie es in dieser Nacht in den Bergen widerhallte?«
    »Wenn es eine menschliche Stimme ist, so frage ich, woher sie kommen könnte«, erwiderte Fabian, »denn ich habe ebensogut wie ihr einen Schrei über uns gehört. Er schien vom Gipfel dieses Felsens zu kommen – und doch sehe ich niemand!«
    »Gott gebe«, sagte nun der Grenzjäger, sich bekreuzend, »daß wir es in diesen Bergen, wo unerklärliche Töne grollen, wo Blitze am heiteren Himmel leuchten, nur mit Menschen zu tun haben! Aber wenn diese Nebel auch eine Legion von Teufeln verbergen sollten und ihr immer noch behauptet, daß dieses Tal ein mehrfaches Jahreseinkommen des Königs von Spanien enthält, so seid so gut, Don Fabian, und nehmt Eure Erinnerungen

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