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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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eine Staubwolke, die der Wind in die Ferne treibt, stürzten sich die Reiter durch die frei gebliebene Öffnung. Der Boden erzitterte bald unter dem Galopp der größeren Abteilung Indianer, die herbeieilte, um sich dem ersten anzuschließen, als Gomez seinen Dolch auf den Indianer neben ihm zückte – aber Antilope kam ihm zuvor. Sein Mantel glitt von den Schultern, und mit einem Schlag der Streitaxt, die er ergriffen hatte, spaltete er den Schädel des unglücklichen Goldsuchers bis auf die Augen.
    Im selben Augenblick ertönte auf der Schwelle des Zeltes Don Estévans ein so ohrenzerreißendes Kriegsgeschrei, daß man eher hätte sagen können, es sei von der Kehle eines Dämons als von einer menschlichen Brust ausgestoßen. Antilope – denn er war es, der das Signal zum Blutbad gegeben hatte – sprang, wie er es dem Schwarzen Falken versprochen hatte, vom Gipfel des Hügels herab und fiel wie ein Blitzstrahl mitten unter die Weißen. Ein hundertfaches Geheul antwortete zu gleicher Zeit dem Geheul des Läufers.
    »Die Weißen sind nicht einmal Hunde!« rief der Indianer. »Sie sind mutlos wie die Hasen und dumm wie das Vieh.« Antilope hatte, nachdem er diese Beschimpfung ausgestoßen hatte, einen Anlauf genommen, und gewandt wie das Tier, dessen Namen er führte, setzte er mit einem Sprung über die Verschanzung und befand sich wieder unter seinen wilden Genossen.
    Eine schreckliche Verwirrung herrschte mehr als je im Lager der Mexikaner. Man rannte ganz verdutzt in der Dunkelheit aufeinander; die einen zogen das Messer gegen die anderen, da sie sich gegenseitig für Feinde hielten; die Todesstunde hatte für alle geschlagen.
    Vergeblich wurden die Indianer von einigen aufeinanderfolgenden Schüssen empfangen; die Hand, die die Muskete abschoß, war unsicher; das zielende Auge war verstört – niemand wurde getroffen. Die Apachen nahmen sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten. Die wilden Krieger sprangen mit der Lanze und dem Streitkolben in der Hand heran wie eine von jenen wütenden Sturzwellen, die brüllend über einem sinkenden Schiff zusammenschlagen. Sechzig Pferde wurden auf einmal gegen die Verschanzungen mit dem wilden Ungestüm getrieben, das solchen Reitern und Pferden eigentümlich ist; sie stürzten sich darauf, wie die Wogen des Ozeans sich schäumend auf ein umgeworfenes Schiff stürzen, mit dem wir das mexikanische Lager verglichen haben.
    An der Spitze dieser schrecklichen Reiter mit roter Haut, die ein betäubendes Geheul ausstießen, war der Schwarze Falke an seinem hohen Wuchs und an der Unbeweglichkeit seines rechten Arms leicht erkenntlich. Der unerschrockene Häuptling hatte sich auf seinen Sattel binden lassen, um nur seine Krieger anführen und seine Augen an der Niedermetzelung weiden zu können. Wir sagen seine Augen, denn seine linke Hand mußte das Pferd lenken; er konnte nur die Kämpfenden von den Hufen seines Rosses zermalmen lassen.
    In einigen Minuten hatten Streitaxt, Messer und Lanze in den Händen der Indianer eine schreckliche Arbeit vollbracht. Die Leichname bedeckten die Erde. Einige Mexikaner kämpften noch mit dem Mut der Verzweiflung; die meisten von ihnen versuchten zu fliehen; aber die einzigen Pferde, die noch im Lager geblieben waren, lagen, an der Seite ihrer Herren getötet, auf dem Sand. Dennoch war die Furcht stärker– die Weißen verließen ihren letzten Zufluchtsort, um sich zerstreut in die Ebene zu werfen.
    Die Niederlage der Mexikaner war schon mehr als zur Hälfte vollendet, als diejenigen, die noch im Lager kämpften, einen Schimmer von Hoffnung faßten. Von den Nebelbergen her sprengten zwei Reiter in vollem Lauf. Einige Flüchtlinge vereinigten sich mit ihnen. Dieses unvorhergesehene Ereignis konnte die Lage der Dinge ändern; aber die Flüchtlinge wurden von den Indianern eng umstellt, und da sie alle zu Fuß waren, so konnten sie nicht lange gegen ihre Feinde zu Pferd standhalten.
    Einer von den unverhofft angekommenen Reitern, den man in der Dunkelheit nicht zu erkennen vermochte, war mit einer Streitaxt bewaffnet, die er einem Apachen entrissen hatte. Er stand fast aufrecht in den Bügeln und schlug mit jedem Hieb einen Gegner nieder, kräftig unterstützt von seinem Begleiter, der ebenso wie er in der Dunkelheit unkenntlich war. Sie waren bald von einer Flut von gräßlichen Körpern umgeben, die auf allen Seiten ihre Bewegungen hemmten.
    Nach einiger Zeit jedoch setzte ein Pferd mit seinem Reiter mit einem wundervollen Sprung über

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