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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Die Freude macht sie verrückt, ich kann es mir recht gut denken. Selten haben diese Leute, die nur Gold suchen, eine Mine wie diese hier gefunden; aber sie sind allein, und der Augenblick ist da, wo wir ihnen begreiflich machen müssen, daß diese Mine nur uns allein gehört. Wir können nicht Christen wie Hunde oder – was dasselbe ist – wie Apachen töten! Wir wollen sie also auffordern, sich auf Gnade oder Ungnade zu ergeben.«
    Bois-Rosé stand bei diesen Worten langsam auf. Er glich dem Adler, der die mächtigen Flügel schüttelt, ehe er sie in ihrer ganzen Ausdehnung entfaltet und sich in schnellem Flug wie der Blitz von seinem erhabenen Horst in die Ebene stürzt.
    Oroche und Baraja waren mit der Prüfung der Gegend zufrieden; sie schien vollständig öde zu sein. Sie waren darum wieder auf ihre Pferde gestiegen und hatten Don Estévan und Pedro Diaz, die zurückgeblieben waren, ein Zeichen gegeben, zu ihnen zu stoßen. Obgleich die beiden Kundschafter durch den funkelnden Anblick des Val d'Or ganz geblendet waren, so hatten sie doch die von Cuchillo auf dem Sand zurückgelassenen Spuren nicht unbemerkt lassen können. Sie erwarteten die Ankunft ihres Führers, um seine Befehle darüber zu vernehmen.
    Die beiden Goldsucher hatten ebenso wie Cuchillo und Pepe vor ihnen zu gleicher Zeit in ihrem Herzen den Biß des Dämons der Habgier gefühlt. Diese düstere Gegend, diese öden Abgründe, die Gewißheit, im ganzen Lager die einzigen zu sein, die mit Don Estévan und Diaz das Geheimnis dieser schwindelerregenden Goldmine teilten – alles flüsterte unheimliche Ratschläge in ihr Ohr.
    Ohne Zweifel sind die Verbrechen, die der Anblick eines Schatzes hervorruft, unter dem Sinnbild von gierigen Drachen verstanden, die nach heidnischen oder christlichen Legenden in dessen Nähe wachen. Wenn Don Estévan und Pedro Diaz nicht wieder ins Lager zurückkehrten, so blieben Baraja und Oroche allein. Später würden sie sich dann schon gegenseitig voneinander zu befreien suchen. Das waren die Gedanken, die die Seelen der beiden Kundschafter durchflogen, als die Reiter zu ihnen stießen. Das war auch der Ausdruck des Blickes, den Baraja und Oroche miteinander wechselten.
    »Wir haben die Spuren Cuchillos gesehen«, sagte der erste; »und wenn wir ihn gefangennehmen wollen, so müssen wir diese Berge sorgfältig durchsuchen.«
    »Cuchillo hat den Schatz gesehen und darf uns nicht entwischen«, fügte der zweite hinzu. »Ich denke wie Baraja, daß er sich in diesen Abgründen versteckt hält und hofft, daß wir ihm nicht dahin folgen werden.«
    Die beiden Schelme wußten, daß die dunklen Nebelberge viele Geheimnisse auf ewig in sich verschließen konnten.
    »Don Estévan«, sagte Pedro Diaz, »ich bin jetzt der Meinung, daß wir zum Lager zurückkehren.«
    Don Antonio zögerte einen Augenblick, und in dieser Zeit schlug das Herz ungestüm in Barajas und Oroches Brust.
    Es war gut, Diaz' Rat zu befolgen – und niemand wußte es besser als die beiden Taugenichtse –, aber es war zu spät. Sie waren in der Schußweite der drei Jäger, die auf der Spitze der Pyramide im Hinterhalt lagen und alle ihre Bewegungen überwachten; jetzt konnten sie nicht mehr fliehen. Ein schreckliches Erwachen sollte die gierigen Träume Barajas und Oroches zerstreuen.
    »Es ist Zeit!« sagte Bois-Rosé.
    »Ich muß Don Antonio lebendig haben!« sagte Fabian kurz. »Richtet euch danach; das übrige kümmert mich wenig.«
    Als er geendet hatte, richtete sich der Kanadier in seiner ganzen Höhe empor; er stieß einen Schrei aus, der plötzlich in den Ohren der vier zuletzt Gekommenen widerhallte und ihnen einen Ausruf der Überraschung entriß, der durch den gigantischen Wuchs des Kanadiers und durch seinen sonderbaren Anzug noch verdoppelt wurde.
    »Wer seid ihr? Was wollt ihr?« rief eine Stimme, die Fabian als die Don Antonios erkannte.
    »Wer wir sind?« antwortete der Jäger. »Ich will es euch sagen und euch zuerst an eine Wahrheit erinnern, die man weder in meinem Vaterland noch in der Steppe jemals bestreitet, nämlich daß das Land dem gehört, der es zuerst in Besitz nimmt! Da ihr uns nun nicht habt hierherkommen sehen, so müssen wir wohl vor euch hier gewesen sein. Wir sind also die einzigen Herren dieser Gegend. Was wir wollen, ist, daß ihr euch in guter Haltung entfernt – das heißt drei von euch –, daß aber der vierte sich uns auf Gnade und Ungnade ergibt, damit wir ihn an ein zweites Steppengesetz erinnern, das Blut für

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