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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Blut fordert!«
    »Das ist irgendein Einsiedler, den die Einsamkeit verrückt gemacht hat!« sagte Pedro Diaz, der den Bruder der Büchse und des Messers mit einem friedlichen Einsiedler verwechselte.
    »Nehmt euch in acht!« sagte Baraja. »Ich kenne diesen Mann; er ist der gefürchtetste Jaguartöter, den ich jemals gesehen habe. Halt, Diaz! Wir haben keine Aussicht auf Erfolg!«
    »Was kümmert mich das?« rief Pedro Diaz.
    »Zu fordern, daß man sich ohne Schwertstreich zurückziehen soll! Einem solchen Schatz gegenüber, Freund«, rief Oroche, indem er auf das Val d'Or zeigte, »läßt man sich eher das Herz aus der Brust reißen, als daß man irgend jemandem weicht!«
    »Ihr habt es gewollt«, erwiderte der Kanadier phlegmatisch.
    »Wartet«, sagte Pedro Diaz; »ich will der Unterredung mit einem Büchsenschuß ein Ende machen.«
    »Nein«, sagte Mediana und hielt ihn zurück, »laßt uns doch erst sehen, wie weit die Tollheit dieses Sonderlings geht. Wer unter uns ist denn derjenige, Freund«, rief er mit spöttischem Ton, »den Ihr das Gesetz der Steppe lehren wollt?«
    »Ihr seid es, wenn es Euch gefällt!« rief Fabians Stimme, der plötzlich im selben Augenblick hervortrat, wo sich auch Pepe an seiner Seite erhob.
    »Ah, Ihr seid es immer noch«, antwortete Mediana mit einer Stimme, die fast beim ersten Laut von Wut und Überraschung erstickt wurde.
    Fabian verbeugte sich feierlich. »Und ich folge Euch vierzehn Tage lang Schritt für Schritt und danke Gott, daß ich endlich eine alte Rechnung bezahlen kann, die schon fünfzehn Jahre unberichtigt geblieben ist.«
    »Wer seid Ihr denn?« fragte Don Estévan, der vergeblich zu erraten versuchte, mit wem er es zu tun hatte, so sehr hatten die Jahre und der Anzug den früheren Grenzjäger und Küstenwächter verändert.
    »Pepe der Schläfer, der nicht wie Ihr seinen Aufenthalt im Presidio von Ceuta vergessen hat.«
    Bei diesem Namen, der ihm die Drohung Fabians an der Brücke über den Salto de Agua erklärte, verlor Don Estévan plötzlich die verächtliche Miene, die sein Gesicht bis jetzt gezeigt hatte. Eine plötzliche Ahnung sagte ihm, daß sein Glück im Abnehmen begriffen sei. Er warf einen unruhigen Blick um sich her. Die hohen Felsen, die das Val d'Or auf der einen Seite umgaben, konnten sie gegen das Feuer der Jäger, die die Plattform besetzt hielten, sichern. Ein kurzer Raum trennte ihn davon, und einen Augenblick riet ihm die Klugheit, nach dieser Deckung zu stürzen; aber sein Stolz empörte sich dagegen, und er blieb auf seinem Platz.
    »Nun, so rächt euch doch an einem Feind, der die Flucht verschmäht!« rief Pepe stolz dem Spanier zu.
    »Habe ich Euch nicht gesagt«, erwiderte kaltblütig der letztere, »daß wir Euch nur lebendig haben wollen?«

42 Der Gefangene
    Während seiner ganzen wechselvollen Laufbahn als Soldat und als Seemann hatte sich der Herzog von Armada niemals in einer schrecklicheren Gefahr befunden, als diejenige war, die ihn jetzt bedrohte. Die Ebene bot ihm keinen Schutz gegen die Büchsen des kanadischen Jägers und des Spaniers. Was waren die Feuerwaffen seiner Reiter in ihren ungeschickten Händen gegen Büchsen mit gezogenem Lauf und doppelt so großer Tragweite in den Händen zweier Schützen, deren Auge untrüglich war, deren Arm niemals zitterte?
    Diese furchtbaren Gegner hatten noch den Vorteil einer uneinnehmbaren Stellung voraus: sie hatten Felsenzinnen, hinter denen sie geschützt standen. Sobald ein Reiter eine Bewegung machte, eine feindliche Gebärde, so war es wenigstens um zwei von ihnen geschehen.
    Don Antonio übersah die ganze Größe der Gefahr, der er ausgesetzt war; aber wir müssen ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sein Mut darum nicht kleiner wurde. Indes konnte diese Lage nicht lange dauern. Alle fühlten das – auf dem Gipfel des Felsens und unten in der Ebene. »Auf! Machen wir endlich der Sache ein Ende!« rief die donnernde Stimme des Kanadiers, dessen Hochherzigkeit nur mit Widerstreben die Vorteile seiner Stellung benützte, während sein Gewissen ihm Vorwürfe machte, Blut zu vergießen, wenn es sich vermeiden ließ. »Ihr habt alle gehört, daß wir es nur mit eurem Chef zu tun haben; ihr müßt euch nun entschließen – ich will nicht sagen, ihn uns auszuliefern, wohl aber ihn durch uns gefangennehmen zu lassen. Zieht euch also in Güte zurück, wenn ihr nicht wollt, daß wir euch wie Apachen oder Jaguare behandeln.«
    »Niemals!« rief Diaz. »Wir werden keine solche

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