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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Blick leidenschaftlicher Zärtlichkeit warf, stieg er zum Gipfel der Anhöhe hinauf.
    Er war kaum dort angelangt, als auf Pepes Wink Fabian und Bois-Rosé die steile andere Seite zu erklimmen begannen.
    »Niemand kann seinem Schicksal entgehen«, sagte Pepe zu Fabian; »und ich habe es Euch schon vorher gesagt, daß der Schelm keine Miene verziehen würde. Wie es auch kommen mag – denkt daran, daß Ihr geschworen habt, den Tod Eures Adoptivvaters zu rächen, und daß Ihr in diesen Steppen die Gerechtigkeit der Städte, die die Straflosigkeit duldet, beschämen müßt. Bei solchen Taugenichtsen ist Nachsicht ein Verbrechen gegen die Gesellschaft. Bois-Rosé, ich werde die Hilfe deiner Arme nötig haben.«
    Der Kanadier befragte mit dem Blick denjenigen, für den seine Ergebenheit keine Grenzen kannte.
    »Marcos Arellanos hat um Gnade gefleht und sie nicht erhalten«, sagte Fabian, dessen Ungewißheit aufgehört hatte; »möge diesem da auch geschehen, was er anderen getan hat!«
    Und die drei unerbittlichen Männer setzten sich feierlich auf dem Gipfel der Pyramide nieder, wo Cuchillo sie schon erwartete.
    Beim Anblick der ernsten Haltung derer, die zu fürchten er in seinem Inneren so viele Gründe hatte, fühlte Cuchillo alle seine Besorgnisse wiederum erwachen. Er versuchte indessen, sein zuversichtliches Betragen wieder anzunehmen. »Seht!« sagte er, indem er hinter der Wasserfläche, deren ehrfurchtgebietendes Rauschen an ihre Ohren schlug, auf die Stelle zeigte, wo bisher der Goldblock seine glänzenden Strahlen ausgesprüht hatte, jetzt aber nur die Spur davon am Ufer des Flusses übriggeblieben war. Das gierige Auge des Banditen hatte bald das Fehlen des Goldblocks bemerkt, und er stieß einen sogleich wieder erstickten Schrei der Wut aus.
    Aber die Augen seiner Richter folgten nicht der Richtung, die er angegeben hatte. Fabian erhob sich langsam; sein Blick machte Cuchillos Körper schauern. »Cuchillo«, sagte er, »Ihr habt es verhindert, daß ich vor Durst gestorben bin, und habt Euch keinen Undankbaren verpflichtet. Ich habe Euch den Dolchstoß verziehen, mit dem Ihr mich in der Hacienda del Venado verwundet habt. Ich habe Euch neue Versuche in der Nähe des Salto de Agua, ich habe Euch den Büchsenschuß vergeben, den Ihr allein vom Gipfel der Pyramide habt auf uns abfeuern können. So hätte ich Euch denn alle Versuche verziehen, deren Zweck war, mir das Leben, das Ihr gerettet hattet, zu nehmen. Ich habe sogar noch mehr getan, als Euch Verzeihung zu gewähren: Ich habe Euch auch bezahlt, wie kein König den Vollstrecker seiner Gerechtigkeit bezahlt.«
    »Ich leugne es nicht; aber dieser geschätzte Jäger, der mir mit aller nur möglichen Schonung den zarten Punkt auseinandergesetzt hat, auf den Ihr kommen wollt, hätte Euch auch sagen müssen, wie vernünftig er mich in dieser Beziehung gefunden hat.«
    »Ich habe Euch vergeben«, fuhr Fabian fort; »aber es gibt außer den anderen noch ein Verbrechen, von dem Euer Gewissen Euch nicht hat freisprechen können.«
    »Mein Gewissen und ich, wir verstehen einander sehr gut«, erwiderte Cuchillo mit unheimlichem Lächeln; »wir scheinen uns jedoch von unserem Gegenstand zu entfernen.«
    »Jener Freund, den Ihr in feiger Weise ermordet habt ...«
    »Er bestritt mir, daß ich die Partie gewonnen hätte, und – wahrhaftig! – wir hatten zuviel Branntwein getrunken«, unterbrach Cuchillo. »Aber erlaubt ...«
    »Gebt Euch nicht den Schein, mich nicht zu verstehen!« sagte Fabian, erzürnt über die Unverschämtheit des Banditen.
    Cuchillo schien sich zu besinnen: »Wenn Ihr von Tio Tomas sprecht, so ist das eine Sache, von der man niemals recht viel gewußt hat, aber ...« Fabian öffnete den Mund, um kurz und bündig die Anklage auf Arellanos' Ermordung auszusprechen, als Pepe dazwischentrat. »Ich wäre doch neugierig«, sagte er, »die Geschichte von Tio Tomas genau zu erfahren; vielleicht möchte Señor Cuchillo nicht Muße genug haben, seine Memoiren zu schreiben.«
    »Ich bin auch stolz darauf«, erwiderte Cuchillo, durch das Kompliment geschmeichelt, »daß ich beweisen kann, wie nur wenige Menschen ein empfindlicheres Gewissen haben als ich. Die Geschichte ist folgende: Tio Tomas, mein Freund, hatte einen Neffen, der den Augenblick, die Erbschaft anzutreten, gern beschleunigen wollte. Ich erhielt von ihm zu diesem Zweck hundert Piaster; das war doch gewiß wenig für ein so schönes Testament! Es war so wenig, daß ich Tio Tomas davon

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