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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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viel ernstliche Unruhe verursacht haben würden!«
    »Ich sage nicht nein; doch heute mache ich mir geradesoviel daraus wie aus einem Oreganobusch.«
    »Ich sagte es wohl.«
    »Ich sagte es wohl?« wiederholte Cuchillo etwas ungeduldig. »Ach so, Ihr erzeigtet mir also die Ehre, von mir zu reden? Und zu welchem Zweck?«
    »Oh, es war eine einfache Bemerkung. Meine beiden Freunde und ich, wir hatten einige Gründe, zu vermuten, daß in der Nähe dieser Berge sich ein gewisses Val d'Or finden müsse; nichtsdestoweniger jedoch haben wir es erst nach langem Suchen entdeckt. Ihr kennt es also ebenfalls und selbst besser als wir, da Ihr Euch ohne zu zögern und ohne einen Augenblick zu verlieren gerade mitten in eine Goldmine, wie Ihr es nennt, begeben und wahrhaftig schon so viel gesammelt habt, daß Ihr davon eine Kirche für Euren Schutzpatron erbauen könntet.«
    Cuchillo dachte jetzt an die Unvorsichtigkeit, die er begangen hatte, und fühlte bei diesem unverdeckten Angriff seine Knie unter sich erbeben. »Es ist auch meine Absicht, dieses Gold nur zu frommen Zwecken anzuwenden«, sagte er, indem er seine Herzensangst, so gut er konnte, verbarg. »Was die Kenntnis dieses wundervollen Tales anlangt, so ist es ein ... so ist es ein Zufall, dem ich sie verdanke.«
    »Der Zufall kommt immer der Tugend zu Hilfe«, erwiderte Pepe phlegmatisch. »Wohlan! In Eurer Lage würde ich doch nicht ohne einige Unruhe in betreff der Nähe dieser beiden Tannen sein.«
    »Was meint Ihr damit?« sagte Cuchillo erbleichend.
    »Nichts weiter, als daß diese Bäume eine von den kleinen Unbequemlichkeiten sind, über die, wie Ihr eben sagtet, der Mensch sich nicht weiter den Kopf zerbrechen müsse. Bei Gott, Ihr habt eine Beute, die einen König neidisch machen könnte!«
    »Aber ich habe dieses Gold ehrlich verdient. Um es zu verdienen, habe ich einen Mord begangen; was ich getan habe, ist gewiß nichts Geringes ... Zum Teufel, ich bin nicht gewohnt, umsonst zu morden!« sagte Cuchillo aufgebracht, der sich in den Absichten des Grenzjägers irrte und in seinen beunruhigenden Auslassungen nur das Bedauern einer getäuschten Habgier sah. Wie der Kaufmann, der im Sturm einen Teil seiner Ladung opfert, um den anderen zu retten, so entschloß sich Cuchillo seufzend, auf seine Kosten die Gefahr zu beschwören, von der er sich dunkel und unbestimmt bedroht fühlte. »Ich wiederhole es Euch«, sagte er mit leiser Stimme: »Nur der Zufall hat mir diese Goldmine gezeigt. Ich fühle jedoch die ganze Selbstsucht meines Betragens; meine Absicht geht nicht dahin, Euren Teil mitzunehmen. Hört«, fuhr er fort, »an einer anderen Stelle befindet sich ein Goldblock von unschätzbarem Wert; ehrliche Leute verständigen sich leicht, und dieser Block soll Euch gehören. Ach, Euer Los wird schöner sein als das meinige.«
    »Ich hoffe es«, sagte Pepe. »Und wo habt Ihr mir meinen Anteil aufbewahrt?«
    »Dort oben!« sagte Cuchillo, indem er auf den Gipfel der Pyramide zeigte.
    »Dort oben? In der Nähe jener Tannen? Ach, Señor Cuchillo, wie freue ich mich, daß Ihr einen dummen Scherz nicht übelgenommen habt und daß diese Bäume Euch nicht mehr bekümmern als ein Oreganostrauch. Unter uns gesagt: Don Tiburcio, der scheinbar so in Gedanken versunken ist, bedauert in der Tat nur die ungeheure Belohnung, die er Euch für eine Tat gegeben hat, die er ebenso selbst würde vollbracht haben.«
    »Eine ungeheure Belohnung? Es war wohl nur der genaueste Preis; billiger würde ich Verlust gehabt haben!« sagte Cuchillo, der seine gewöhnliche Unverschämtheit beim Anblick der Veränderung wiederbekam, die sich im Wesen und im Ton des ehemaligen Grenzjägers kundgab.
    »Einverstanden«, erwiderte dieser; »aber er könnte doch den eingegangenen Handel bereuen, und ich muß gestehen, wenn er mir den Befehl erteilte, Euch den Kopf zu zerschmettern, um Euch loszusein, so würde ich gezwungen sein, ihm zu gehorchen. Erlaubt mir also, ihn herzurufen und ihn zu beruhigen, oder – noch besser – kommt und zeigt mir den Anteil, den Eure Freigebigkeit mir bestimmt hat. Darauf wird jeder seines Weges ziehen, und was Ihr auch sagen mögt – der Anteil, der Euch zufällt, wird alle Eure Erwartungen übertreffen!«
    »Vorwärts also!« sagte Cuchillo, der sich glücklich fühlte, eine Unterhandlung, deren Resultat ihn ernstlich zu beunruhigen begann, so vorteilhaft für sich beendet zu sehen. Und indem er auf den Goldhaufen, den er auf seinem Mantel aufgetürmt hatte, einen

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