Der Waldläufer
spart sie für Leute Eurer Art, und vergeßt nicht, daß zwischen meiner Brust und Eurem Dolch immer ein unüberschreitbarer Raum bleiben wird!«
»Wer weiß?« murmelte Cuchillo, indem er jedoch den Zorn, der sich in ihm regte, unterdrückte. Darauf nahm er wieder in besänftigtem Ton das Wort. »Aber ich bin kein Verräter, Don Estévan, und was ich Euch vorschlagen will, ist durchaus ehrlich.«
»Sehen wir denn!«
»Ihr wißt«, begann Cuchillo, »daß ich schon vor einigen Jahren das Gewerbe eines Gambusino betrieben habe; ich habe darum auch viele Landstriche zwischen den vier Hauptpunkten durchlaufen, und ich habe gesehen, gnädiger Herr, was vielleicht noch kein menschliches Auge von einem Goldlager gesehen hat.«
»Ihr habt gesehen und nichts mitgenommen?« fragte der Spanier mit spöttischer Miene.
»Spottet nicht, Don Estévan«, erwiderte feierlich Cuchillo; »ich habe eine Goldader gesehen, reich genug, um ihren Besitzer über alle Zufälle des Glücks zu heben, reich genug, um den unersättlichsten Ehrgeiz zu befriedigen, endlich reich genug, um ein ganzes Königreich zu kaufen.«
Don Estévan konnte bei diesen Worten, die vielleicht irgendeinem Wunsch entsprachen, den er tief in seinem Herzen verbergen mußte, eine gewisse Bewegung nicht unterdrücken.
»So reich«, fuhr der Bandit mit aufgeregter Miene fort, »daß ich keinen Anstand genommen hätte, meine Seele dafür dem Teufel zu verschreiben ...«
»Der Teufel wird nicht so dumm sein, eine Seele so hoch anzuschlagen, die er immer umsonst bekommen wird; aber wie habt Ihr diese Goldstelle entdeckt?«
»Es gab einen in der ganzen Provinz Sonora berühmten Gambusino. Er nannte sich bei seinen Lebzeiten Marcos Arellanos. Er hatte diese Bonanza offenliegende Goldader mit noch einem anderen Gambusino wie er zusammen entdeckt. Aber in dem Augenblick, wo sie diese ausbeuten wollten – einem Teil nach wenigstens –, griffen die Indianer sie an; der Gefährte Arellanos wurde getötet, Marcos entkam unter tausend Gefahren. Er kehrte gerade wieder von seiner Heimat zurück, als der Zufall uns Bekanntschaft in Tubac machen ließ. Dort schlug er mir eine zweite Unternehmung vor; ich nahm an, und wir brachen auf. Wir kamen zum Val d'Or Goldtal, wie er es nannte. Hilf Himmel!« schrie Cuchillo plötzlich. »Man mußte diese Goldblöcke in der Sonne funkeln sehen und sich tausend glänzende Gestalten vor das Auge zaubern lassen! Unglücklicherweise konnten wir nur unsere Augen sättigen; wir mußten ebenfalls fliehen; ich kam allein zurück ... Armer Arellanos, ich habe ihn ... sehr bedauert! Wohlan – dieses Geheimnis des Val d'Or will ich Euch verkaufen.«
»Mir wollt Ihr es verkaufen? Und wer bürgt mir für Eure Treue?«
»Mein eigener Vorteil. Ich verkaufe Euch das Geheimnis, aber ich veräußere meine Rechte auf diese Goldgrube nicht. Ich habe vergeblich versucht, eine Expedition wie die Eure zustande zu bringen – es ist mir nicht gelungen; aber Eure achtzig Mann – und das ist der Grund, warum ich mich an Euch allein gewandt habe – sichern Euch den Erfolg. Wenn wir Euren Anteil, das Fünftel, das Euch von Rechts wegen als Chef zukommt, abziehen, so wird ein Teil des Schatzes dazu nötig sein; wenn wir aber den Anteil berechnen, den die Überlebenden von denen, die wir verlieren werden, erben, so wird für jeden von uns noch genug übrigbleiben, um den Rest seiner Tage im Überfluß zuzubringen. Ich verlange also außer dem Preis für mein Geheimnis zu meinem Anteil als Führer der Expedition den zehnten Teil der Beute, denn ich werde für Euch zugleich Führer und Bürge sein.«
»So verstehe ich es auch. Und wie hoch stellt Ihr den Preis Eurer Entdeckung?«
»Eine Kleinigkeit. Das Zehntel, das Ihr mir bewilligen wollt, soll mir genug sein, da ich mich einmal nicht allein dieser unnahbaren Schätze bemächtigen kann. Eure Herrlichkeit wird mich außerdem, sobald meine Tätigkeit beginnt, freihalten, was ich auf etwa fünfhundert Piaster anschlage.«
»Ihr seid vernünftiger, als ich dachte, Cuchillo«, antwortete Arechiza. »Es gilt: fünfhundert Piaster und der zehnte Teil der Beute.«
»So groß er auch sein mag?«
»So groß er auch sei. Jetzt habt Ihr mein Wort, und nun bleibt mir nur noch übrig, einige Fragen an Euch zu richten. Befindet sich dieses Val d'Or auf dem Weg, den – wie ich gerechnet habe – die Expedition einschlagen soll?«
»Die Goldgrube ist jenseits des Presidio von Tubac, und da die Expedition von diesem
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