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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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leblos auf der Ebene zurückgeblieben war und die Erinnerung an eine blutige Begebenheit weckte, hatte alles wieder dasselbe Bild düsterer Ruhe angenommen.
    Diese ruhigen Abendstunden wecken auf dem Land die Träumerei; aber in der Steppe mischt sich unter die Gedanken, die sie hervorrufen, immer ein Gefühl von Furcht. Pepe war weniger in Nachdenken versunken als seine beiden Gefährten und warf allein von Zeit zu Zeit besorgte Blicke auf den Horizont. »Meine Ansicht ist«, sagte er endlich, »daß wir eine große Unklugheit begehen, wenn wir diese Nacht hierbleiben.«
    »Warum denn? Wo könnten wir eine stärkere und vorteilhaftere Stellung finden als auf dieser Höhe?« erwiderte der Kanadier.
    »Wir haben zwei Schelme entkommen lassen, deren Groll uns einen schlechten Streich spielen wird.«
    »Was? Dieses Geschmeiß? Erinnerst du dich nicht, daß wir den einen dieser Taugenichtse in denselben Abgrund fallen gesehen haben, wohin du Cuchillo gesandt hast, ihm Gesellschaft zu leisten?«
    »Das ist wahr, und ich werde noch lange an das herzzerreißende Geschrei dieses Unglücklichen denken!« erwiderte Pepe, schaudernd bei dieser furchtbaren Erinnerung. »Aber der andere wird zum Lager zurückkehren, und vielleicht noch heute abend werden wir sechzig Männer auf dem Nacken haben.«
    »Ich glaube nicht daran. Derjenige, der vor unseren Augen in den Abgrund des Wasserfalls stürzte, ist ohne Zweifel nicht zufällig hineingefallen. Ich möchte wetten, daß sein Gefährte ihn hinuntergestoßen hat. Warum? Um allein Besitzer der Geheimnisse zu bleiben; und wenn er es nicht mit seinem Freund hat teilen wollen, wird er dann wohl sechzig heißhungrige Goldsucher zu einem Mahl einladen, das er für sich in Anspruch nimmt? Weit davon entfernt, zum Lager zurückzukehren, muß der Schelm vielmehr zu dieser Stunde in irgendeiner Schlucht versteckt liegen, um die Nacht zu erwarten. Wenn die Finsternis die Steppe bedeckt, werden wir ihn um den Schatz herumschweifen sehen, wie wir die Wölfe nach dem Leichnam des Pferdes dort unten werden heulen hören.«
    Der Kanadier täuschte sich nicht in seinen Schlüssen; wenigstens was Oroches Schicksal betraf.
    »Alles, was du da sagst, klingt sehr wahrscheinlich«, antwortete Pepe, ohne überzeugt zu sein; »nichtsdestoweniger bleibe ich bei meiner Ansicht. Wir haben noch zwei Stunden Tag vor uns und sollten jeder dreißig bis vierzig Pfund von diesem Gold mitnehmen. Das ist ein leichtes und macht, wenn ich mich nicht täusche, eine ziemlich runde Summe aus. Wir würden dann die ganze Nacht in der Richtung zum Presidio von Tubac marschieren und irgendwo ein Versteck suchen; wir würden unseren Schatz vergraben, dann zurückkommen und neuen Vorrat holen. Der Schelm, der dadurch freies Feld bekommt, würde uns, sollte er auch soviel Gold mitnehmen, als er selbst schwer ist, doch noch mehr zurücklassen, als Don Fabian braucht. Seht doch, ist eine solche Anhäufung von Reichtümern in diesem Tal nicht ein Wunder Gottes?«
    Bei diesen Worten warfen die beiden Jäger einen Blick hinunter. Die Schatten verlängerten sich langsam, und der magische Glanz verschwand nach und nach. »Ich sagte dir, daß der Mann nicht zum Lager zurückkehren wird; es liegt nicht in seinem Interesse«, fuhr Bois-Rosé fort. »Und außerdem werden wir auch in einigen Stunden aufbrechen.« »Und der arme Teufel, den wir dort unten zurückgelassen haben? Sollen wir bis morgen warten, ihn abzuholen?«
    »Müßten wir nicht noch länger warten, wenn wir deinem Rat folgten? Ich stehe dafür, daß ihn das Fieber den ganzen Tag wie ein Murmeltier hat schlafen lassen«, erwiderte Bois-Rosé. »Er ist in Sicherheit; er hat Wasser; wir könnten doch bis morgen nichts für ihn tun. Meine Ansicht ist, ihn zu lassen, wo er ist. Das ist vielleicht hart«, sagte er ganz leise, »aber du begreifst, daß er die genaue örtliche Lage des Schatzes nicht wissen darf, wenn auch, daß es hier irgendwo einen solchen gibt. Wir werden ihn für die gezwungene Einsamkeit, in der wir ihn zurücklassen, dadurch entschädigen, daß wir ihm einige Goldkiesel geben, denn ... Ach, das bringt mich in Verlegenheit: Was werden wir dann mit ihm anfangen?«
    »Wir werden es überlegen; aber ich vermute, sobald er einige Pfund Gold in seiner Tasche fühlt, so wird er nichts Eiligeres zu tun haben, als uns zu danken und seine Flucht nach menschlichen Wohnungen zu nehmen.«
    Diese Unterhaltung zwischen den beiden Jägern fand in der Zeit statt, als Fabian

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