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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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die Nacht zuzubringen? Da haben wir jetzt eine mißliche Sache auf dem Hals.«
    »Bah!« antwortete Fabian mit der männlichen Ergebung, die der Ungewißheit gefolgt war. »Muß unser Leben nicht eine fast ununterbrochene Folge von Kämpfen sein? Und was liegt daran, ob wir uns hier oder anderswo schlagen?«
    »Das war gut für Pepe und für mich«, sagte der Kanadier traurig; »aber um deinetwegen, mein Kind, möchte ich, ohne auf das Leben in der Steppe zu verzichten, doch diesem einsamen Dasein entsagen, das deren Gefahren verdoppelt. Mein Plan war der, uns den Reisenden meiner Nation anzuschließen, die auf den oberen Gewässern des Missouri schiffen, oder alle drei unter den Trappern und Gebirgsjägern Oregons Dienste zu nehmen. Dort ist man immer in einer Anzahl von Hunderten zusammen, und wenn auch fern von den Städten, so hat man doch nichts zu fürchten, weil man unter einem wachsamen und fähigen Chef dient, wie es deren so viele in den westlichen Staaten gibt.«
    »Ich fürchte«, fügte Pepe nach einem kurzen Schweigen seiner Begleiter hinzu, »daß dieser Ort sich weniger zu einer guten Verteidigung eignet, als ich anfangs geglaubt hatte. Vom Gipfel des Kammes, wo der Wasserfall herabstürzt, kann man uns nach Gefallen beschießen.«
    »Der Wasserfall stürzt mitten durch den Nebel«, sagte Bois-Rosé, »und Schelme, die sich im Hinterhalt an der Stelle befänden, wo er in diesen Abgrund hinabstürzt, würden unsichtbar für uns sein, wie wir es für sie sein würden. Seht, wir sind hier sogar von einem dichten Nebel eingehüllt; die Sonne wird ihn sogleich zerstreuen, aber sie hat nicht den Nebel auf jenen Bergen zerstreuen können.«
    »Das ist wahr«, erwiderte Pepe auf den Einwurf des Kanadiers; »aber wenn es nur einige Minuten lang hell ist, so schießt man auf uns wie auf eine Scheibe.«
    »Wir stehen unter dem Schutz Gottes«, sagte Fabian, »und unter dem der Apachen, sonst auch rote Teufel genannt.«
    Die drei Jäger konnten sich nicht verhehlen, daß ihr Leben von einem Windhauch abhängen könnte, der einen Augenblick die Nebelhülle verscheuchte, die die Höhen bedeckte; aber bei der Möglichkeit eines nahen Angriffs konnten sie keinen anderen Ort wählen.
    »Ah«, sagte Pepe, »ich habe einen Gedanken und gehe ... Aber still – ich glaube Schritte dort oben zu hören!«
    Ein von den Höhen losgerissener Stein fiel in diesem Augenblick tosend in den Abgrund.
    »Die Hunde sind dort oben, das ist sicher!« sagte der Kanadier. »Horchen wir!«
    Das überwältigend wirkende Rauschen des Wasserfalls ließ sich nur allein in der Tiefe des Abgrunds hören, der ihn verschlang.
    »Die Teufel sind auf den Höhen und auf der Ebene«, sagte Pepe; »aber ich muß hinabsteigen, um meinen Gedanken zur Ausführung zu bringen. Ich gehe unter dem Schutz eures Feuers; also aufgepaßt!«
    Der Kanadier war gewöhnt, sich ohne Widerspruch auf den so oftmals erprobten Mut und auf die Geschicklichkeit seines Gefährten in der Gefahr zu verlassen – ebenso wie dieser sich auf Bois-Rosé verließ – und verlangte darum auch keine Erklärung von ihm. Bois-Rosé und Fabian knieten nieder, die Büchse im Anschlag, und hielten sich bereit, im Notfall Feuer zu geben.
    Der Spanier ließ sich, mit seiner Büchse quer über den Knien, auf seinen Hacken am steilen Abhang des Hügels hinabgleiten und verschwand einen Augenblick in der Dunkelheit. Bois-Rosé und Fabian waren nur kurze Zeit besorgt und sahen bald, wie der frühere Grenzjäger zum Fuß der Pyramide zurückkehrte und sie erstieg, um wieder mit ihnen zusammenzutreffen. Pepe hatte die dicke wollene Zarapa in der Hand, die Cuchillo als Mantel gebraucht hatte.
    »Ach, das ist ein guter Gedanke«, sagte Bois-Rosé, dem Pepes Absicht nicht entging. »Ja, ja, hinter diesem mit der Decke Don Fabians doppelt starken Wall geborgen, kenne ich kein Gewehr, das uns erreichen könnte.«
    Die oberen Ecken der beiden Zarapes wurden schnell in Mannshöhe an die Stämme der Tannen gebunden, die die Plattform überwachten, und ihre dicken wallenden Falten bildeten eine Wand, an der die Kugel einer Büchse unfehlbar matt werden mußte.
    »Von dieser Seite haben wir nichts zu fürchten«, sagte Pepe, indem er sich freudig die Hände rieb; »und auf jener decken uns die flachen Steine hinreichend, die wir heraufgetragen haben. Wir können also den Feind festen Fußes erwarten und, wenn er es für wünschenswert hält, mit ihm in Unterhandlung treten. Ach, mein Gott, ich könnte

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