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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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nachgegeben hatten, die auch die stärksten Gemüter ergreift, ermannten sich die drei Gefahren gewohnten, unerschrockenen Abenteurer – wenn auch nicht ganz ohne Tadel, doch ganz ohne Furcht – und richteten sich ähnlich den geschmeidigen, kräftigen Toledoklingen bald wieder von selbst gerade auf. Sobald dieser kurze Augenblick vorüber war, suchte jeder mit ruhigen, aufmerksamen Augen die Gefahr zu ermessen, die sie bedrohte.
    Das Feuer funkelte immer noch mitten im Nebel der Berge und zog zuerst die Blicke des Kanadiers auf sich. »Ich liebe diesen Schein dort oben nicht«, sagte er. »Obgleich die Decken uns hinreichend von dieser Seite schützen, so ist doch das Gefühl beunruhigend, von hinten beschossen zu werden. Die Schelme werden es bei ihren feindlichen Absichten gewiß bald versuchen, unsere Aufmerksamkeit vom Hauptpunkt ihres Angriffs uns gegenüber abzuziehen. Der Nebel, der die Höhen bedeckt, hindert die Indianer nicht daran, nach Gutdünken auf uns zu schießen.«
    »Du hast recht«, sagte Pepe. »Ich glaube nicht, daß der alte Bandit und sein würdiger Sohn sich durch ihren Kontrakt mit dem Schwarzen Falken verbindlich gemacht haben, uns mit allen unseren Gliedern abzuliefern, und wenn wir, durch das Feuer dort oben verführt, in unserer Aufmerksamkeit nachlassen, so werden sie bei ihrer teuflischen Geschicklichkeit jedem von uns eine Schulter oder zwei auszurenken oder einen Arm oder einen Schenkel zu zerschmettern suchen.«
    »Hier, Fabian«, fuhr der Kanadier fort, »ist dein Posten. Du mußt immer das Feuer beobachten und den Lauf deiner Büchse darauf gerichtet halten. Sobald du durch den Nebel hindurch den Blitz eines Gewehrs siehst, so gib kühn und ohne zu zittern Feuer auf das Licht, das von der Zündpfanne aufblitzt.«
    Fabian legte sich nach Bois-Roés Anweisung hinter der Verschanzung auf die Lauer, den Lauf seiner Büchse auf die Felsen gerichtet. Die anderen Jäger lagen mit dem Gesicht zu ihren Feinden, ohne daß die Mündung ihrer Büchse eine Linie weit die Plattform der Pyramide überragte, und lauerten so mit den Augen auf die Bewegungen der Belagerer.
    Die Taktik der Indianer ist nicht so ungestüm wie die der Europäer. So zahlreich sie auch sein mögen, so werden sie doch niemals das Leben ihrer Krieger beim Sturm auf eine wohlverteidigte Stellung opfern. Die Wilden haben mit der Grausamkeit des Tigers auch seine unermüdliche Geduld. Ganze Tage gehen, wenn es sein muß, damit vorüber, daß sie ihren Feind bis zu dem Augenblick belauern, wo Müdigkeit, Hunger, Mangel an Munition oder irgendeine Unbesonnenheit ihnen diesen überliefert. Es sind Vertilgungskriege im kleinen; wenn aber von beiden Seiten dieselbe Geduld, dieselbe Schlauheit, mit einem Wort derselbe Kriegsplan befolgt wird, so begreift man, daß diese Kriege lange Zeit dauern müssen.
    Unglücklicherweise hatten die Belagerten kaum für mehr als vierundzwanzig Stunden Lebensmittel, und die Taktik der Belagerer mußte ihnen darum verderbenbringend werden, während diese ihrerseits leicht einen von ihren Jägern absenden konnten, um Wild in der Ebene oder in den Bergen zu schießen.
    »Wie wird das alles enden?« fragte der Kanadier Pepe mit leiser Stimme.
    »Ich weiß es wirklich nicht; nicht einmal, wann es anfangen wird. Ich kann dir jedoch sagen, daß ich mich viel wohler fühle, wenn ich eine oder zwei Patronen abgeschossen habe und wenn ich die Schüsse und das Kriegsgeschrei rings um mich widerhallen höre.«
    »In der Tat – so angenehm das Schweigen der Einöden ist, sobald man weiß, daß man sich allein darin befindet, so beunruhigend ist es, wenn man sich von Feinden umgeben fühlt.«
    Pepes Wünsche wurden bald erhört. Zwei Schüsse hintereinander störten die Ruhe der Luft. Der eine kam von den Bergen, der andere von der Plattform, wo Fabian – aber vergeblich – Feuer auf einen Feind gegeben hatte, der auf der Höhe des Wasserfalls stand.
    Dreimal hintereinander wiederholten sich diese Doppelschüsse ohne Erfolg auf beiden Seiten. Stücke von Baumrinde und ein Regen von Tannennadeln fielen auf die drei Jäger nieder, und Fabians Kugeln hatten dem Feind ohne Zweifel nicht mehr Schaden zugefügt.
    »Tritt mir deinen Platz ab, Fabian«, sagte Bois-Rosé, »und nimm den meinigen ein. Pepe, zeig ihm doch, wie er den Lauf seiner Büchse legen muß, um sich ihrer zu bedienen, ohne sie sehen zu lassen.«
    Mit diesen Worten zog sich der Kanadier kriechend zurück und tauschte den Platz mit dem jungen

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