Der Waldläufer
Gegenden verweilen, wo das Wasser fehlt; nicht nur, um ihren Durst zu löschen, sondern auch zur Heilung einer Anzahl von Krankheiten, gegen die diese Gewässer für sie ein Hauptheilmittel sind. Das Auffinden der Tränke ist noch eine Schwierigkeit, und der Europäer könnte mitten in diesen dürren Ebenen und undurchdringlichen Wäldern vielleicht vor Durst sterben, ehe er eine solche entdeckte. Die Pferde werden hierbei von dem wunderbaren Instinkt geleitet, mit dem sie begabt sind, und wählen gewöhnlich irgendeinen fast unzugänglichen Teich; aber eine ständige Beobachtung der Natur gibt den Bewohnern der Grenzen einen ebenso wunderbaren Instinkt, wie ihn die Tiere, auf die sie Jagd machen, besitzen.
Sobald eine Jägerabteilung die Stelle gefunden hat, wo die Pferde ihren Durst löschen, so werden schon vorher verabredete Zeichen an gewissen Orten gegeben, und die verschiedenen Abteilungen treffen sich in der Nähe der Tränke. Man weiß, daß die Pferde jeden Tag bei Sonnenuntergang hierherkommen, und die Vorbereitungen zur Jagd nehmen ihren Anfang.
Die Jäger fällen, wie wir im vorhergehenden Kapitel erwähnt haben, zuerst dicke Baumstämme, aus denen sie eine feste Einfriedung machen, die man Corral nennt, worin eine Öffnung, dem Estero oder der Lagune gegenüber, die die Tränke bildet, gelassen wird. Die Vollendung eines solchen Werkes dauert, je nach der Zahl und der Tätigkeit der Jäger, zehn bis zwölf Tage, in welcher Zeit sie unter dem dichten Blätterdach der Bäume lagern.
Glücklich ist dann der durch die Erzählungen aus der Steppe neugierige Reisende, den sein guter Stern zu diesen wilden Jägern in ein solches Lager führt. Der Reisende teilt ihre Mahlzeiten von Pinole und Cecina und wird immer die Abende, die er an dem flammenden Feuer zubringt, zu kurz finden; denn man wird nicht müde, aus dem Mund dieser Jäger die aufregenden Erzählungen von ihren Jagden, ihren Kämpfen und ihre abergläubischen Ansichten zu hören.
Wir schließen diese Einzelheiten über den Bau eines Corrals, um durch die folgenden Tatsachen eine vollkommene Idee von einer Reihe von Szenen zu geben, die an Zauber und Wahrheit nichts von der Dichtkunst zu entlehnen brauchen. Wir wollen nur noch sagen, daß die Pferde nach Entdeckung ihrer Tränke bald die Gegenwart des Menschen am ungewohnten Aussehen der Landschaft merken, wo er seine Spuren zurückgelassen hat. Die Jäger teilen sich nun, nach Errichtung der Einfriedung, abermals in kleine getrennte Trupps, durchstreifen auf mehrere Meilen hin die Gegend und zwingen die erschreckten Tiere, sich nach ihrer Querencia zurückzuziehen.–
Außer den acht Vaqueros, die die Ankunft Don Agustins erwarteten, waren zwanzig andere – je fünf an den vier Hauptpunkten – aufgestellt, so daß sie einen weiten Kreisbogen bildeten, dessen Sehne der Red River war. Zu dieser Aufstellung gehörten ebenfalls noch einige Tage; die zurückgebliebenen Vaqueros hielten sich während dieser Zeit in der Nähe des Corrals versteckt und lauerten Tag für Tag auf die Stunde, wo die Manadas Herden zur Tränke kommen würden.
Während Encinas zum großen Mißvergnügen des Neulings schlief, hatten die Diener Don Agustins die Lagerzelte unter den dichten Eichenzweigen am dunkelsten Ort aufgeschlagen, um die Pferde weniger zu erschrecken, und kaum war dieses ganze Werk beendet, als einer von den zwei Dienern im Gefolge des Hacenderos im Galopp heransprengte und die Ankunft der Herrschaft meldete.
Einige Minuten nachher kam der Reiterzug in der Richtung an, die den See vom dichten Saum des Waldes trennte. Es war ungefähr ein Uhr, und die Sonne warf Garben glühenden Lichtes senkrecht auf die Wasserfläche herab. Es war die Stunde, wo nur die Grillen – ebenso zahlreich als die Grashalme – die Luft mit ihrem Zirpen erfüllen; sonst schwieg alles unter der Glut des Tages; alles schlummerte in Wäldern und Ebenen.
Der Senator beeilte sich trotz seiner Müdigkeit, vom Pferd zu steigen, um Doña Rosarita die Hand zu reichen, deren Wangen – sei es wegen der heißen Luft des Mittags oder aus irgendeiner anderen Ursache – wie Purpur strahlten. Sie glitt halb traurig, halb lächelnd aus dem Sattel in Tragaduros Arme und sprang von dort leicht auf die Erde.
Während sie sich, auf den Arm des Senators gestützt, zu dem für sie aufgeschlagenen seidenen Zelt begab, sprach der Hacendero mit den Vaqueros. Er musterte das Pfahlwerk und die Lage des Sees mit Kennerblicken; dann ging er,
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