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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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daraus, daß die im Dickicht verborgenen Indianer sie sogleich hineingezogen hatten.«
    »War es so?«
    »Ich habe sie nicht wiedergesehen. Was mich betrifft, so blieb ich unbeweglich stehen, ungewiß, ob ich vorwärts gehen oder zurückweichen sollte; ich fühlte, daß ich von unsichtbaren Feinden umgeben war, die überall zugleich sein konnten. Aber meine Ungewißheit dauerte nicht lange. Sieben oder acht Indianer brachen aus dem Dickicht am Weg und kamen im Galopp auf mich zu. Nun – Ihr, der Ihr so gut begreift, werdet es vielleicht nicht begreifen, aber ich fühlte mitten im Schweigen des Todes, das in der Ebene herrschte, eine so heftige Angst, daß ich fast glücklich war, endlich meine Feinde zählen zu können.«
    »Ich glaube jedoch, daß ich lieber nichts zu zählen gehabt hätte«, sagte der Anfänger zögernd.
    »Ich ließ meine beiden Doggen los, die wie Löwen gegen die Indianer ansprangen, und – wahrhaftig! – ich entschloß mich, es ebenso zu machen. In jenem Augenblick schien mir das viel leichter als die Flucht. Ich zog also rasch den Degen, und während Oho und Tiger die ersten angriffen, drückte ich meinem Pferd die Sporen in die Weichen und hielt es fest am Zügel, um ganz gewiß zu sein, daß es nicht kehrtmachen würde, denn der Anblick dieser Indianer ist schrecklich; ich versetzte ihm auch außerdem noch zwei oder drei Hiebe mit meiner Reitpeitsche, worin sich Blei befand, über den Kopf. Wiehernd unter den scharfen Spitzen, die seine Weichen stachelten, wütend von den Schlägen, die es fühlte, stürzte sich denn auch das Tier, dem ich den Zügel schießen ließ, wie toll vorwärts, auf die Gefahr hin, uns beide gegen die Indianer zu zerschmettern. Ich weiß nicht genau, was sich zutrug: alles, was ich sagen kann, ist, daß sich etwas wie eine rote Wolke vor meinen Augen befand, in der ich wilde Gesichter neben dem meinigen erblickte; daß Tiger von einem Lanzenstoß über den Leichen zweier Indianer, die er erdrosselt hatte, auf den Boden genagelt war, daß ich sah, wie Oho mit blutigem Rachen einen anderen zu Boden warf – und nach einigen Minuten war ich befreit.«
    »Demonio!« rief der Anfänger ganz verblüfft. »Ihr hattet sie alle getötet, Meister Encinas?«
    »Caramba! Man sieht, daß Euch das keine Mühe macht«, sagte der Büffeljäger lächelnd. »Wahrhaftig nein. Meine beiden Doggen hatten mehr ausgerichtet als ich, und die Wahrheit ist, daß ich meine Streifzüge an diesem Tag beendet haben würde, wenn sich nicht, während ich mit den Indianern im Handgemenge war, ein wenig weiter andere Dinge zugetragen hätten, die ich erst in dem Augenblick sehen konnte, wo ich allein blieb.
    Ich warf nun einen Blick um mich her: Zwei Apachen lagen auf dem Boden bei meinem armen Tiger, und einen dritten würgte Oho. Ihr fühlt wohl, mein Junge, daß ich meine Zeit nicht damit verlor, ihn zu fragen, wie er sich befände; ich hatte wahrlich ganz andere Dinge zu tun.
    Zehn Schritte von mir fand ein schrecklicher Kampf statt; eine Staubwolke erhob sich über einer Pyramide von durchbohrten Pferden und ineinander verschlungenen menschlichen Körpern. Mitten in diesem Gemetzel unterschied ich wallende Federbüsche, funkelnde Lanzen, Gesichter, die mit Ocker, Zinnober und Blut besudelt waren, und flammensprühende Augen. Dann sah ich bald darauf, wie diese Pyramide sich auflöste und ein Krieger sich wie ein Löwe schüttelte, der einen Haufen Wölfe zerschmettert hat. In dem Augenblick, wo dieser Mann sich befreit sah, machte er nur einen Sprung rückwärts, um den Kampf wieder zu beginnen, und ich stürzte an seine Seite.«
    »Aber wie?« unterbrach ihn noch einmal der angehende Vaquero. »Mußte Euch da nicht jener Indianer, den Ihr im Kampf mit Eurer Dogge zurückgelassen hattet, sehr hinderlich sein?«
    »Teufel! Ihr seid spitzfindig, mein Freund!« antwortete der Jäger. »Aber habe ich denn noch nötig, Euch zu sagen, daß ich ihn gleich anfangs getötet hatte? Ich stürzte also mit dem Krieger vorwärts; aber diesmal dauerte der Kampf nicht mehr lange, alle Indianer flohen wie eine Wolke von Fledermäusen vor einem Sonnenstrahl – wohl verstanden, die Toten ausgenommen; denn bei Euch muß man sich genau ausdrücken. Ich kann Euch übrigens versichern, daß mehr zurückblieben, als sich retteten. Nun sah ich denjenigen vor mir, dem ich es verdankte, Euch eines Tages diese Geschichte erzählen zu können, mein Junge.«
    »Das war also wohl der Teufel?«
    »Es war der Komantsche,

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