Der Waldläufer
Arizpe, der ein Bündel von den Gegenständen mitgebracht hatte, die der Indianer suchte.«
»Und er machte Euch den Vorschlag, ihn zu begleiten?«
»Indem er mich an seinem Gewinn teilnehmen ließ. Anderseits war auch mein Gevatter Don Mariano dabei, dem die Apachen eine Herde prächtiger Pferde geraubt hatten und der neun von seinen Vaqueros mit sich nahm, um einen Versuch zu machen, mit Hilfe der Komantschen einen Teil der Beute den Apachen wieder abzunehmen. Zusammen waren wir zwölf entschlossene Männer, ohne den von Seiten des Stammes zum Presidio geschickten Abgesandten mitzurechnen.«
»Dreizehn?« unterbrach ihn der Anfänger. »Das war eine böse Zahl!«
»Wir hatten nur acht oder zehn Meilen zu machen, um das Lager der Komantschen zu erreichen«, fuhr Encinas fort, »und waren darum nicht sehr besorgt; erst später dachte ich an die unheilvolle Zahl. Wir zogen also ruhig unseres Weges und begleiteten die Lasttiere des reisenden Handelsmanns; der Komantsche ritt voraus ...«
»Wahrlich«, unterbrach ihn abermals der Neuling trotz seiner Neugierde, die Erzählung weiter zu hören, »das Vertrauen dieses Kaufmanns, sich mit seinen Waren auf das Wort eines Indianers fortzuwagen, war doch zu groß!«
»Bei Euch, mein Junge, darf man, wie es scheint, auch den Punkt über dem ›i‹ nicht vergessen. Ich vergaß aber, Euch zu sagen, daß der oberste Häuptling zwei Krieger als Bürgschaft gesandt hatte. Wir waren also über diesen Punkt beruhigt, denn die Komantschen sind eine redliche Nation; der Abgesandte selbst flößte uns großes Vertrauen ein. Es war ein junger, ebenso schöner wie tapferer Krieger, wie Ihr es sogleich sehen werdet; ein erbitterter Feind der Apachen, obgleich selbst Apache von Geburt.«
»Nun, wahrhaftig, ich hätte mich ihm nicht anvertraut!«
»Weil Ihr seine Geschichte nicht kennt. Es scheint, daß ein Häuptling seiner Nation ihm ein junges Weib, das er liebte, geraubt hatte ...«
»Wie? Diese Wilden lieben also auch?«
»Wie Ihr und ich, mein Junge, und oft noch inniger. Kurz und gut, er entfloh eines schönen Tages mit seiner Geliebten, die gezwungen die Frau des Häuptlings geworden war, und flüchtete zu den Komantschen, die ihn adoptierten. Er hatte also dem Stamm, der ihn adoptierte, einen kräftigen Arm und ein Herz mitgebracht, das ebenso unerschrocken als voll Haß gegen die Apachen war, wovon er auch oft schon den Beweis geliefert hat.
Nachdem man einige Zeit – der Führer an der Spitze – marschiert war, hörte ich ihn zu meinem Gevatter sagen: ›Ich habe die Spuren von El Mestizo und Main-Rouge in der Ebene gesehen; aufgepaßt!‹
Wer waren Main-Rouge und El Mestizo? Ich wußte es nicht. Der Komantsche ritt also auf einem Pferd von großer Schönheit vorwärts und durchforschte die Ebene mit Nase und Augen.
Ich war genötigt gewesen, mit meinen beiden Hunden Oho und Tiger, denen ich einen Koppelriemen und einen Maulkorb angelegt hatte, etwas hinter ihm zurückzubleiben, denn diese Tiere waren von mir zum Kampf mit Indianern abgerichtet und wollten jeden Augenblick über unseren Bundesgenossen herfallen. Wir zogen durch die große Ebene von Baumwollstauden, wo diese Bäume fast einen Wald bilden, als ich plötzlich den Indianer ein schreckliches Geheul ausstoßen hörte und sah, wie er, mit dem Fuß an den Sattelknopf geklammert, zur Seite seines Pferdes niederglitt und dieses in Galopp setzte. Im selben Augenblick hörte ich auch ein Zischen wie von hundert Schlangen ...«
»Es war also alles voll Klapperschlangen?« rief der Neuling mit weit aufgerissenen Augen.
Der kräftige Büffeljäger brach bei dieser Frage des Anfängers in ein schallendes Gelächter aus. »Es war eine Wolke von Pfeilen!« erwiderte er. »Einige Büchsenschüsse mischten sich dazwischen wie der Donner in den Hagel, und ich sah, wie mein Gevatter Don Mariano, der reisende Handelsmann und die neun Vaqueros von den Pferden sanken.«
»Das läßt sich begreifen«, sagte der Anfänger.
»Ah, Ihr begreift das. Nun gut! Ich stand eine Sekunde lang da und begriff nichts; ich glaubte, in einem bösen Traum zu liegen, doch befreite ich auf alle Fälle meine beiden Doggen, die vor Wut heulten, von ihrem Maulkorb! Aber ich behielt sie am Koppelriemen, und als das geschehen war, sah ich geradeaus. Mit Ausnahme der Pferde, die in der Ebene wild durch die Baumwollstauden galoppierten, befand sich niemand auf der Straße; keine Spur von denen, die von den Pferden gestürzt waren. Ich schloß
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