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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Gefährten näherte.
    »Sieh nur!« Bois-Rosé zeigte ihm einen Fetzen von Fabians kattunener Jacke, die die Kraft des Windes ohne Zweifel zwischen den Stengeln der Gesträuche festgehalten hatte. »Er ist bis hierher gekommen«, fuhr er mit trauriger Freude fort; »und dieser Fetzen Zeug wird ihm bei seiner Verteidigung vom Leib gerissen sein.«
    »Die Jacke dieses armen Jungen war sehr mürbe, so reich er auch hätte sein können«, sagte Pepe lächelnd. »Das beweist aber auch, daß ich mich nicht täusche, wenn ich sage, er lebt. Hierbei möchte ich dich auch fragen, ob du noch glaubst, daß die Indianer so große Sorgfalt für die Leichname der Weißen haben?«
    »Das ist wahr!« antwortete Bois-Rosé. »Ich hatte nicht daran gedacht, hier den Beweis davon zu suchen.«
    Ein trauriger Anblick sprach beredt für diese letzte Behauptung Pepes: Es war die Leiche Barajas, die noch an der Stelle ausgestreckt lag, auf die die Kugel des Kanadiers ihn geworfen hatte. Der Unglückliche schien seinen Schatz immer noch nicht verlassen zu wollen. »Wenn dieser Hund von Mestize die Sorgfalt für die Toten gehabt hätte, die du bei ihm voraussetzest«, sagte der Spanier, »so würde der Besitz dieses Goldes ihn glänzend dafür belohnt haben. Ah! Don Fabian verdankt sein Leben dem Gedanken, den Gott mir eingeflößt hat: dieses Tal mit Zweigen zu bedecken, die es vor den Augen aller verborgen haben.«
    Das war die Wahrheit; denn wie oft im Leben hat man es nicht zu bereuen oder sich glücklich zu schätzen, jene plötzlichen höheren Eingebungen vernachlässigt oder befolgt zu haben, wie Pepe einer gehorcht hatte?
    »Wollen wir jetzt ein wenig von diesem Gold mitnehmen, da wir keine anderen Waffen mehr haben, Bois-Rosé?«
    »Wozu nützt das Gold in der Steppe? Werden sich bei seinem Anblick die wilden Tiere vor uns entfernen? Werden die durch die Prärien springenden Büffel und Rehe zu uns herankommen, um sich fangen zu lassen? Lassen wir dieses Val d'Or, wie es ist; mit seinem Leichnam als einen Beweis von der Bestrafung des Bösen. Dieser Fetzen Kattun ist kostbarer für mich als all diese unnützigen Reichtümer!«
    Die beiden Jäger hatten an diesem Ort alle Geheimnisse erfahren, die sie hier zu erfahren hoffen konnten, und sie wandten sich an dem Felsenabhang nach den Nebelbergen, deren Nebeldecke unter ihren Falten noch die Enthüllung vieler Geheimnisse verbergen konnte. »Laß uns hier einen Augenblick stehenbleiben«, sagte Pepe, als sie nicht ohne Mühe die steilen Pfade erklommen hatten, die Main-Rouge und Sang-Mêlé eingeschlagen haben konnten, denn der Hunger machte sich den beiden Jägern seit langer Zeit fühlbar. Sie teilten die wenigen Vorräte, die ihnen noch übrigblieben. Es war ihre erste und einzige Mahlzeit, seitdem sie am vorigen Tag mit Fabian gegessen hatten.
    So heftig auch der Schmerz sein mag, von dem man ergriffen ist, so läßt doch Gott niemals zu, daß die Rechte der Natur über eine gewisse Zeit hinaus unbeachtet bleiben, weil das Leben des Menschen nur eine lange Reihe von vorübergehenden Schmerzen und – ebenso wie diese Schmerzen – von flüchtigen Freuden sein soll, denen sich niemand entziehen kann. Darum ist der Mensch genötigt, so sehr er auch seine eigene Schwäche verachtet, seine Verzweiflung zu ernähren.
    Nachdem dieses Mahl beendet war, ohne daß sie voraussahen, auf welche Weise sie, der Unterstützung ihrer Büchsen beraubt, am folgenden Tag Essen bekommen würden, nahmen der Kanadier und der Spanier geduldig ihre Untersuchungen des Bodens wieder auf. Hier war es noch viel schwerer, die durch den Sturm verwischten Spuren wiederzufinden. Zu den dichten Dünsten, die die magnetischen Spitzen der Nebelberge herbeizogen – eine ewige Wasserkunst, wo sich Bäche und Ströme ergießen und hervorbrechen –, schienen unaufhörlich neue Dünste aus dem Schoß der Erde emporzusteigen und erhoben sich in dichten, spiralförmigen Linien aus den tiefen Schlünden der Sierra.
    Eine aufmerksame Untersuchung auf dem Teil des Bodens, den sich jeder zugeteilt hatte, bot ihnen kein Anzeichen dar, das sie auf die Spur hätte bringen können. Beide waren von einem dichten Nebelkreis eingeschlossen, so daß sie einander nicht mehr sehen konnten, als Pepe den Kanadier zu einer Beratung herbeirufen zu müssen glaubte. Er wartete vergeblich auf eine Antwort, und als er ihn ein zweites Mal gerufen hatte antwortete wohl eine menschliche Stimme auf den Ruf des Spaniers, aber nicht die des

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