Der Waldläufer
Kanadiers. Pepe war erstaunt, sich nicht allein mit Bois-Rosé in diesen Bergen zu befinden, und rief mit demselben Ton, den er, mit der Büchse im Anschlag, angenommen haben würde »Wer, bei allen Teufeln, ist da?«
»Wen rufst du so an?« fragte Bois-Rosés Stimme mitten aus dem Nebel.
»Señor Bois-Rosé, Señor Don Pepe, wo seid ihr?«
»Hierher!« antwortete Pepe, als er Gayferos' Stimme erkannte.
»Gott sei Dank, ich finde euch endlich wieder und brauche doch nun in diesen verfluchten Bergen nicht vor Hunger zu sterben«, sagte der skalpierte Gambusino und trat aus dem Nebelschleier hervor, der ihn bis jetzt verborgen hatte.
»Gut«, sagte Pepe zu sich; »da ist noch ein Kostgänger, der von Wurzeln ernährt werden muß. – Nun, mein Braver, Ihr seid schlecht angekommen!« antwortete er laut. »Jäger ohne Gewehr sind nur sehr schlechte Verbündete!«
»Und Don Fabian?« rief Gayferos, der es nicht vergessen hatte, daß er nur der Fürsprache dieses jungen Mannes sein Leben sozusagen verdankte. »Ist das Unglück, das ich geahnt habe, wirklich eingetreten?«
»Er ist Gefangener der Indianer, und Ihr seht uns selbst ohne Lebensmittel, ohne Munition – wie Kinder den wilden Tieren, den Indianern und, was noch schlimmer ist, dem Hunger preisgegeben. Aber ehe ich Euch alles Unglück erzähle, das uns betroffen hat, muß ich mir erst von Bois-Rosés Auskunft erbitten.«
Der Spanier zeigte dem alten Jäger am Fuß eines dichten Strauches von hohem Wermut Spuren, die der Regen nicht vollständig unter dem Laub, das sie schützte, hatte verwischen können.
»Waren auch Weiße unter ihnen?« fragte er.
»Hier sind indianische Mokassins, hier Schuhsohlen eines Weißen, wenn ich nicht irre.« Der Waldläufer brauchte die Spuren, die ihm Pepe zeigte, nicht lange zu untersuchen. »Fabians Fuß hat diese letzten Spuren nicht zurückgelassen!« sagte Bois-Rosé. »Erinnerst du dich nicht der Spuren, denen wir vor wenigen Tagen folgten, als der arme Junge, eifriger als wir, auf der Fährte des letzten Rehs, das wir getötet haben, vor uns war? Ich hoffe auf Gott; aber noch ist kein Beweis da, daß Fabian noch am Leben ist.«
»Ihr zweifelt also daran?« fragte Gayferos teilnehmend.
Zum erstenmal, seit er wieder zu ihnen gekommen war, warf Bois-Rosé einen Blick des Willkommens auf den Gambusino. Er wurde betroffen von der Veränderung, die achtundvierzig Stunden fast gänzlicher Enthaltsamkeit und großen Leidens bei diesem hervorgebracht hatten.
»Ob wir zweifeln, daß Don Fabian am Leben sei?« rief Pepe. »Ja, gewiß! Wir haben ihn nur kurz verlassen und ihn nicht wiedergefunden. Aber was sagtet Ihr denn eben von einem Unglück, das Ihr gefürchtet hättet?«
»Gestern abend«, antwortete Gayferos, »als ich euch nicht, wie ihr mir versprochen hattet, zurückkommen sah, die wenigen Nahrungsmittel aber, die ihr mir zurückgelassen habt, erschöpft waren, fürchtete ich endlich, ohne Hilfe und Beistand zurückgelassen zu sein, und entschloß mich, mir selbst zu helfen. Ich folgte eine Weile euren Spuren, die ich dicht an diesen Bergen verloren habe. Ich irrte beim Anbruch der Nacht aufs Geratewohl umher, als ich an eine Stelle gelangte, von der aus ich einen breiten Strom erblicken konnte; ich sah, daß unter mir ein Strohhut schwamm, den ich als das Eigentum dessen erkannte, den ihr Fabian nennt.«
»Wo denn?« rief Bois-Rosé und stieß einen Freudenschrei aus. »Pepe, mein alter Freund, wir sind den Räubern auf der Spur; das Kanu, das ich bemerkt hatte, gehört ohne Zweifel diesen Menschen.... Führt uns doch zu diesem Teil des Flusses.«
Man wird bemerken, daß Bois-Rosé in der Feierlichkeit seines Schmerzes den Indianern und ihren Verbündeten nicht mehr den Beinamen Schelme und Dämonen beilegte, mit denen er sie gewöhnlich bezeichnete. Das Unglück reinigt wie das Feuer alles, was es nicht verzehrt hat. Es scheint alles größer und erhabener zu machen, was es berührt. Die Freude kehrte wieder in das Herz des alten Jägers zurück, und während sie hinter Gayferos hergingen, erkundigte sich Bois-Rosé sorgfältig nach allem, was ihm während ihrer Abwesenheit begegnet war.
»Nichts«, antwortete der skalpierte Gambusino, »außer daß Gott es ohne Zweifel gewollt hat, daß sich rings um mich eine große Menge von dem wunderbaren Kraut befand, das man in meinem Vaterland Apachenkraut nennt und dessen Saft fast augenblicklich vernarbt. Ich machte einen Umschlag aus diesen Kräutern, nachdem ich
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