Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
Vom Netzwerk:
Schlüsse betrogen und fuhren, obgleich sie nicht wußten, daß sie beinahe die ganze Wahrheit erraten hatten, nichtsdestoweniger in ihren Nachforschungen mit neuem Eifer fort. Sie gingen also an dem Teil des Flusses nicht stromauf, denn das Wasser in ihm schien stehend zu sein, sondern drangen bis zur Öffnung auf ihrer rechten Seite vor. An dieser Stelle war das Wasser nicht tiefer als zwei Fuß und Schilf bedeckte fast überall den Grund.
    Ein plötzlicher Gedanke fuhr Bois-Rosé durch den Kopf; er lief zu dem engen Kanal und verschwand unter dem düsteren Gewölbe.
    Während dieser Zeit untersuchten Pepe und Gayferos ihrerseits die Ufer, die Gesträuche bis zur Oberfläche des Wasser; nichts jedoch bewies, daß hier menschliche Wesen seit der Erschaffung der Welt vorübergekommen seien. Ein Hurra Bois-Rosés, dessen Stimme in dem unterirdischen Kanal wie der Donner rollte, rief sie zu ihrem Gefährten.
    Der Kanadier hatte nicht ohne Grund ein Triumphgeschrei ausgestoßen. Tiefe Spuren waren noch auf dem schlammigen Boden unverletzt geblieben; die einen halb von Wasser bedeckt, das aus der Erde hervorquoll, die anderen deutlich bestimmt und wie in die feuchte Erde hineingeformt, boten sie sich von allen Seiten den Augen der beiden Jäger und des Gambusinos dar. Das war die Stelle, wo Main-Rouge und Sang-Mêlé ihr Kanu angebunden hatten!
    »Ah«, rief Bois-Rosé aus, »wir werden jetzt nicht mehr auf gut Glück umherirren! Gott verzeihe mir – was sehe ich denn dort zwischen dem Schilf? Ist es ein trockener Schilfstengel oder ein Stück Leder? Sieh doch her, Pepe, denn die Freude trübt meine Augen.«
    Pepe nahm, einige Schritte durch das Wasser machend, einen Gegenstand auf, den er dem alten Jäger zeigte. »Es ist ein Stück von einem ledernen Riemen, mit dem das Kanu an diesen Stein angebunden war und den die Schelme zerschnitten haben, anstatt ihn aufzuknüpfen«, sagte der Spanier; »und da ich einmal hier bin, so will ich doch noch ein wenig weiter unter diesem Gewölbe vordringen, denn es ist mir, als ob ich in einiger Entfernung etwas wie einen Streifen halbdunklen Lichtes auf der Oberfläche des Flusses zittern sehe.«
    Pepe ging vorsichtig bis ans Knie im Wasser weiter zu dem Ort hin, wo in der Tat der Tag mit zweifelhaftem Glanz am äußersten Ende des unterirdischen Kanals zu leuchten schien. Wie groß war seine Überraschung, als er die Büschel von Binsen und Schilf zurückschlug und sein Blick über einen See flog, dessen Gestalt ihm bekannt war. In der Tat bildete der Kanal unter dem Felsen eine Verbindung mit dem See des Val d'Or.
    Pepe kam zurück, um dem Kanadier seine Entdeckung mitzuteilen, obgleich sie jetzt ohne irgendwelche Wichtigkeit war. Bois-Rosé konnte jedoch sich nicht enthalten, seinem Schmerz bei dem Gedanken Luft zu machen, daß der Körper des Indianers, der vom Gipfel der Felsen unter seiner Kugel herabgestürzt war, ihm dieses dicht bei ihnen in den See mündende Gewölbe entdeckt und ihm wie durch die Macht der Vorsehung einen Weg, um mit Fabian und Pepe zu entkommen, angedeutet hatte, ohne daß er den Gedanken gehabt hatte, es zu benützen.
    »Und hier«, schloß er, sich vor die Stirn schlagend, »würden wir dieses Kanu gefunden haben, um aus diesen Bergen herauszukommen, indem wir nur ganz einfach dem Lauf des Wassers folgten!«
    »Folgen wir ihm also zu Fuß«, rief Pepe aus, »und wir werden zu gleicher Zeit in die Spuren dieses verfluchten Mestizen treten!«
    »Vorwärts! Benützen wir den Augenblick, wo der Hunger noch nicht unsere Füße erstarrt und unser Gesicht geschwächt hat. Vor Sonnenuntergang werden wir schon eine ziemliche Strecke Weges zurückgelegt haben.«
    Bei diesen Worten setzte sich Bois-Rosé mutig in Bewegung, obgleich er nur von solchen unbestimmten Anzeichen unterstützt wurde; seine beiden Gefährten folgten ihm. Ihr Marsch war anstrengend, denn sie mußten den Fluß entlang die abschüssigen Ufer ersteigen, die ihn einengten, und Felsen erklimmen, die ihn überragten. Ein einziges Ereignis war in den ersten Stunden bemerkenswert: Es war dies die Auffindung des Strohhutes des armen Fabian, den der ungestüme Wind des Ungewitters vor sich hergetrieben hatte und der, an den dornigen Zweigen eines Gebüsches hängend, unter dem Lufthauch hin und her schwankte.
    Bois-Rosé untersuchte mit tränenschweren Augen diesen ihn so schwermütig stimmenden Überrest des Kindes, das er zum zweitenmal verloren hatte. Übrigens ließ sich keine Spur von Blut

Weitere Kostenlose Bücher