Der Waldläufer
funkelten unter seinen schwarzen Brauen, und eine teuflische Freude glänzte auf seinen bronzenen Zügen: der Zufall sollte ihm den Gegenstand einer Leidenschaft überliefern, die zügellos war wie alle Wünsche, die das indianische Blut seiner Mutter in seinen Adern entzündete.
Der Mestize beschloß nun, sich nicht zu zeigen. Er ging Schritt für Schritt rückwärts, die Augen immer auf das junge Mädchen geheftet, ohne sich umzuwenden, und nachdem so allmählich Gesträuch und Laub die Szene seinem Blick entzogen hatten, streckte er sich schweigend auf den Boden und blieb unbeweglich im Bereich der Stimme derer liegen, die er belauerte.
»Don Francisco«, sagte Encinas zu einem der Diener des Hacenderos, »wenn Ihr einige frische Büffelspuren am Ufer des Biberteichs seht, so werdet Ihr es mir bei der Rückkehr sagen, und zur Wiedervergeltung für das Schauspiel einer Jagd auf wilde Pferde, das Ihr uns gegeben habt, werden meine Kameraden und ich Euch das einer Büffeljagd geben, die gewiß etwas Verdienstliches hat. Jetzt will ich Euch auf den Weg bringen, dem Ihr folgen müßt, um aus dem Wald zu gelangen.«
Der Senator, Don Agustin und seine Tochter stiegen in diesem Augenblick auf ihre Pferde, und der kleine Reiterzug schlug, von dem kräftigen Büffeljäger geführt und von den drei Dienern gefolgt, einen schmalen Fußsteig ein, der in die Ebene hinausführte und sich durch das lange Gras hindurchschlängelte. Hier trennte sich Encinas von den Reitern, indem er ihnen einen angenehmen Spazierritt wünschte und ihnen eine Furt, wo sie über den Fluß setzen sollten, und dann den Weg zeigte, der zum Biberteich führte, wo das junge Mädchen die merkwürdigen Arbeiten der Tiere sehen wollte.
»Don Agustin«, rief Francisco dem Hacendero zu, nachdem sie einige Augenblicke auf dem von den Büffeln glattgetretenen Fußpfad vorwärts geritten waren, »dort unten könnte sich wohl ein Büffel oder ein wildes Pferd befinden. Man sieht das lange Gras sich bewegen wie unter der Last eines dieser Tiere.«
In der Tat lief nicht weit vom Zug eine wellenförmige Linie durch die hohen Halme, als ob ein Pferd oder ein Büffel sie auf der Flucht niedergedrückt hätte. Das Tier – wenn es ein solches war – mußte den Weg, den der Reiterzug verfolgte, im rechten Winkel abschneiden, denn die Linie, die es im Gras zog, beschrieb einen Halbkreis vor den Pferden, und dieser Kreis näherte sich dem Fußpfad. Plötzlich hörte die bewegliche Furche, die sich auf der Oberfläche des Grases bildete, auf, und man sah nichts weiter als dessen üppige und regelmäßige Wallungen unter dem Hauch des Windes.
»Es ist irgendein durch unsere Gegenwart erschreckter Damhirsch«, sagte der Hacendero; »denn dieses Gras ist nicht lang genug, um die Sprünge eines wilden Pferdes oder eines Büffels ganz zu verbergen.«
Der Reiterzug zog vorüber, und erst lange nach diesem kleinen Ereignis öffnete sich abermals eine neue Furche auf der Oberfläche des Grases und nahm ihre Richtung zu der Stelle, wo die von den Mestizen als Posten aufgestellten Indianer im Hinterhalt lagen. Die Diener Don Agustins waren zu weit entfernt, um noch Sang-Mêlé unterscheiden zu können, dessen hohe Gestalt sich wieder aufgerichtet hatte und der zuweilen das Taschentuch zeigte, mit dem sein Kopf bedeckt war.
Der Zug bewegte sich langsam vorwärts, wie es gewöhnlich des Morgens der Fall ist, wenn das Herz sich unter einem erfrischenden Lufthauch neuen Lebens zu öffnen scheint, das in der ganzen Natur ringsum wieder erwacht. Der Aufgang und der Untergang der Sonne, das sind die Stunden der süßen Gedanken in der freien Natur – frischer des Morgens, ernster des Abends; die ersteren lächeln gern der Zukunft entgegen, die zweiten lieber der Vergangenheit zu. In der Jugend haben diese Träumereien eine gleiche Lieblichkeit, denn die Jugend hat ja kaum eine Vergangenheit, und dann hat sie auch eine so lange Zukunft vor sich!
Doña Rosarita war vom Zauber dieser süßen Eindrücke befangen. Ihre eigene Vergangenheit bestand kaum aus wenigen Tagen. Auch zweifelte sie in diesem Augenblick nicht, ob sie eine ihr so nahe Vergangenheit oder eine weite Zukunft wählen sollte, und in dem sie ihr Pferd im Schritt gehen ließ, gefiel sie sich darin, den Augenblick vorherzusehen, wo Fabian, ebenso verliebt und vielleicht scharfsichtiger als früher, zur Hacienda zurückkehren würde. Während sie aber ihre Träume liebkoste, befand sich Fabian nicht weit von ihr,
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