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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Jäger kam herbei, indem er Worte ohne Zusammenhang vor sich hinmurmelte, von denen man nur folgende verstand: »Ganz gewiß ... aber das ist... Teufel ... die Gestalten ...« Und während er sich näherte, zog er eine Mütze aus Pelzwerk, die er trug, so über seine Stirn, daß seine Augen nicht zu sehen waren; und aus einem karierten, beinahe zerfetzten Taschentuch, mit dem er die Wunde an seinem Hals verbunden hatte, machte er sich eine Maske, die von seinem Gesicht nur einen Mund voll solcher Zähne sehen ließ, daß er ein tüchtiger Tischgenosse zu sein versprach. Dann nahm er, als ob diese Vorsichtsmaßnahmen noch nicht hinreichten – ebenso wie Odysseus bei seiner Heimkehr zu Penelope –, einen solchen Platz an der Feuerstelle ein, daß er im Schatten verborgen blieb.
    »Gibt es in Eurem Land viele Männer von Eurer Kraft und von Eurem Wuchs?« fragte der Senator den kräftigen Jäger, der aß und trank wie zwei gewöhnliche Männer.
    »In Kanada«, antwortete dieser, »würde ich niemandem auffallen; fragt nur meinen Kameraden Dormilon.«
    »Ganz gewiß; es ist wahr!« murmelte sein Gefährte.
    »Aber ihr seid also nicht aus demselben Land?« nahm der Senator wieder das Wort.
    »Dormilon ist gebürtig aus Sp...«
    »Aus dem Staat New York!« unterbrach eilig der Jäger, während der Kanadier ihn mit erstaunter Miene anblickte, ohne ihn jedoch Lügen zu strafen.
    »Und welches Handwerk treibt ihr?«
    »Wir sind ›Coureurs des bois‹«, antwortete der Kanadier.
    »Was?« sagte der Senator, der diese drei französischen Worte nicht verstand.
    »›Rangers of the woods‹«, erwiderte der Kanadier englisch. Und da der Senator dies ebensowenig verstand, fügte er hinzu: »Das heißt, unser Leben geht damit hin, die Wälder zu durchstreifen, ohne einen anderen Zweck als den, dem beengten und abgeschlossenen Leben in den Städten zu entgehen. Aber das ist eine Beschäftigung, die immer seltener wird, und wenn wir beide nicht mehr sein werden, so wird das Geschlecht der Waldläufer in Amerika erlöschen. Weder Dormilon noch ich haben einen Sohn, der die Beschäftigung des Vaters fortsetzen könnte.«
    In den letzten Worten des Kanadiers lag ein Anflug von Melancholie, der mit seiner sonst rauhen Lebensweise in völligem Widerspruch stand.
    Don Estévan mischte sich hier in die Unterhaltung. »Das ist eine traurige Beschäftigung«, sagte er, »und wenn ihr die Unseren bei einer Expedition sein wollt, die wir zu unternehmen im Begriff stehen, so könnte ich euch wohl als euern Anteil die Mützen mit Goldstaub füllen. Sagt, willigt ihr ein?«
    »Nein«, antwortete geradezu der Gefährte des Kanadiers.
    »Ein jeder bleibe bei seinem Geschäft«, erwiderte der letztere; »wir sind keine Goldsucher. Und dann gehen wir auch gern, wohin es uns gefällt, ohne Führer, ohne Überwachung – mit einem Wort: Wir wollen frei sein wie die Sonne oder der Wind auf den Savannen.«
    Diese Antwort wurde in einem so entschiedenen Ton gegeben, daß der Spanier darauf verzichten mußte, einen Entschluß wankend zu machen, der unerschütterlich schien, und jedermann dachte nur noch daran, so bequem wie möglich die Nacht hinzubringen.
    Alle außer Tiburcio schliefen auch bald ein. Tiburcio aber war noch sehr jung, hatte vor kaum vierundzwanzig Stunden eine Frau verloren, die er wie seine Mutter liebte – und Tiburcio war verliebt! Drei Gründe, um nicht zu schlafen, sondern zu träumen. Anfangs bemächtigte sich eine tiefe Traurigkeit seiner Seele. Er befand sich in einer Lage, wo die Vergangenheit ebenso geheimnisvoll, seinen Augen ebenso undurchdringlich war wie die Zukunft.
    »Ach, meine Mutter«, sagte er bei sich, denn immer bestand in seinem Herzen dieser Muttername; »ach, meine Mutter! Wer wird mir nun sagen, wer ich bin?«
    Und er schien zu lauschen, als ob die Seufzer des Windes in den Blättern sich zur Stimme hätten gestalten können, um ihm Antwort zu geben. Tiburcio war weit entfernt, zu ahnen, daß es unter diesen Männern, die im Schein des Mondes oder dicht an der Feuerstelle lagerten, einen gab, der ihm den Namen sagen konnte, den er hätte tragen sollen.
    Aber sterbend hatte ihm die Witwe Arellanos wenigstens ein Geheimnis enthüllt, das vielleicht interessanter war als das seiner Geburt. Die Entdeckung eines verborgenen Schatzes öffnete plötzlich den Augen Tiburcios eine glänzende Aussicht in die Welt seiner Träume; ein Traum selbst, glänzend wie der Stern, der aus der Nebelhülle hervortritt, strahlte vor

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