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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Strafe, die Wälder und die Ebenen von solcher Brut zu befreien! Aber obgleich ich mich fast ebensosehr über die Engländer zu beklagen habe, so wird doch niemals meine Büchse einen von ihnen töten, den der Zufall vor die Mündung ihres Laufes führen könnte – ich müßte denn dazu gezwungen sein –, und das um so mehr, wenn es statt eines Engländers ein Landsmann wäre.«
    »Ein Landsmann, sagst du, Bois-Rosé? Das ist ein Grund mehr! Man haßt immer nur diejenigen recht von Herzen, die man aus Pflichtgefühl oder seiner Stellung halber lieben sollte, wenn man dennoch besondere Gründe hat, sie zu hassen. Diejenigen, die dieser Mann mir gegeben hat, sind der Art, daß sie nicht so bald vergessen werden könnten, denn vor fünfzehn Jahren habe ich geschworen, ihrethalben Rache zu nehmen. Um dir die Wahrheit zu sagen, so trennte uns ein solcher Abstand, daß ich nicht wußte, wann ich meinen Eid würde erfüllen können, und ich kann es mir noch immer nicht erklären, wie zwei Menschen, die sich in Spanien gekannt haben, in diesen Wäldern einander wieder treffen. Aber dieser Tag ist gekommen, und ich wiederhole es dir: Ich will mir diese Gelegenheit nicht entschlüpfen lassen!«
    Pepe schien so hartnäckig seinen Entschluß gefaßt zu haben, daß sein Gefährte wohl einsah, wie es verlorene Mühe sein würde, ihm eine andere Ansicht beizubringen, und da er einen nachgiebigen Charakter hatte und die Tat mehr liebte als den Wortstreit, so begann er nach einigem Nachdenken: »Alles in allem habe ich zu lange unter den Indianern gelebt, um deine Anschauungsweise zu mißbilligen, und wenn ich die Gründe kennte, die dich leiten, so würde ich dir vielleicht ganz beistimmen.«
    »Das kann ich dir mit zwei Worten sagen«, antwortete der Jäger, den der Kanadier Pepe nannte. »Vor zwanzig Jahren war ich, wie ich dir schon gesagt habe, Grenzsoldat im Dienste Seiner katholischen Majestät. Ich wäre mit meinem Schicksal ziemlich zufrieden gewesen, denn unser Sold war gut; unglücklicherweise zahlte man ihn uns aber niemals aus. Wir hätten wohl, da wir zugleich Küstenwächter waren, auf einen guten Fang der Konterbande, der uns früher oder später entschädigt hätte, hoffen können; aber die Schmuggelei war dabei ebenso selten als die Auszahlung unseres Soldes.
    Welche Hoffnung blieb auch wohl den Schmugglern übrig, zweihundert kühnen Burschen gegenüber, die immer auf der Lauer lagen? Wenn ein hungriger Magen, wie man zu sagen pflegt, keine Ohren hat, so hatte in diesem Fall der unsrige Luchsaugen, und vom Capitan bis zum letzten Soldaten fand sich ein erschreckender Eifer in Wachsamkeit und Dienstpflicht.
    Unter solchen Umständen betrachtete ich die Sache aus folgendem Gesichtspunkt: Es ist klar, sagte ich zu mir, daß ein Schmuggler, wenn er sich trotz dieser Lage der Dinge an unsere Küste wagt, dies nur unternehmen wird, nachdem er sich mit dem Capitan verständigt hat. Der Capitan würde, wie du wohl denken kannst, eine solche Verständigung nicht zurückweisen und müßte in solchem Fall den Beistand desjenigen unter seinen Grenzjägern in Anspruch nehmen, der ihm das meiste Vertrauen einflößte.
    Um zu diesem Ziel zu gelangen, machte ich einen Umweg: Ich tat, als ob ich immer schliefe. Ich hatte dabei einen doppelten Vorteil, denn wer schläft, ißt nicht, und von einem Tag zum anderen hoffte ich den Gewinn mit dem Capitan zu teilen, der mich vor allen wählen würde, in der festen Überzeugung, daß ich auf meinem Posten schliefe.«
    In diesem Augenblick holte der Kanadier die Hammelkeule aus dem Feuer, die einen köstlichen Duft durch die kühle Nachtluft verbreitete. »Heran«, sagte er, Pepe unterbrechend, »wenn du Appetit hast; du kannst deine Geschichte beim Essen vollenden.«
    »Ob ich Appetit habe?« antwortete Pepe. »Caramba! Die Erinnerung an meine Enthaltsamkeit im Dienst des Königs von Spanien macht mir immer fürchterliche Magenschmerzen.«
    Die beiden Männer setzten sich einander gegenüber und bildeten mit ihren Füßen einen länglichen Kreis, dessen Mittelpunkt der Braten bildete; ein gewaltiges Geräusch der Kinnbacken unterbrach während einiger Augenblicke allein die Stille der Wälder.
    »Ich sagte dir also«, nahm Pepe wieder das Wort, »daß ich immer schlief; ich tat gar nichts anderes und war wirklich nicht allzu unglücklich dabei. Eines Abends ließ der Capitan mich rufen.
    Gut, sagte ich zu mir, da steckt etwas dahinter, denn der Capitan wird mir einen Posten anvertrauen.

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