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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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»Diaz und Cuchillo! Wie kommt die Ehrlichkeit mit der Bosheit zusammen?«
    »Ehrlichkeit? Ein Mexikaner und ehrlich!« warf Pepe hin.
    »Ja. Die Sonne hat noch keinen kühneren und ehrlicheren Mann beschienen, als dieser Diaz ist. Mag geschehen was da wolle, ich werde nicht zugeben, daß ihm auch nur ein Haar gekrümmt werde. Aber er ist ein Reiter. Wo hat er sein Pferd?«
    Bois-rosé trat an den andern Rand der Pyramidenplatte.
    »Komm her, mein Sohn, wenn Du es sehen willst!«
    Fabian folgte ihm, und auch Pepe trat hinzu.
    »Vier Pferde, und also auch vier Reiter!«
    »Ja, mein Sohn. Und wenn ich mich nicht irre, so sehe ich hier die Rappstute, welche am Salto de Agua den Mann trug, welcher sich Don Estevan de Arechiza nennen läßt.«
    »Richtig. Er muß in der Nähe sein und noch zwei Andere mit ihm. Aber wo befinden sie sich?«
    »Jedenfalls da, wohin Diaz das Gesicht wendet; denn wer auf eine Person wartet, der kehrt unter diesen Verhältnissen der Richtung, aus welcher sie kommen soll, nicht den Rücken zu,« antwortete der scharfsinnige Kanadier.
    »Dann befinden sich die Drei hinter jener Wand von Weiden und Baumwollsträuchern, die wir da – ah, Vater, Pepe, jetzt erkenne ich den Ort! Hinter diesem grünen Vorhange befindet sich das Goldthal; das ist so sicher, als wir hier auf dem Indianergrabe stehen!«
    »Dann haben sie es entdeckt und sind dabei, es zu untersuchen.«
    »Und auszubeuten.«
    »Nein, mein Sohn. Sie haben nichts, worein man das Gold fassen könnte, mit, als ihre Decken, und diese liegen noch auf den Pferden. Ueberdies ist es doch beinahe fraglich, ob sie sich hinter der Pflanzenwand befinden oder, wenn dies wirklich der Fall sein sollte, ob dort die Bonanza liegt.«
    »Warum? Ich bin vollständig sicher, daß sich das Goldthal nirgends wo anders befindet als hier.«
    »Sage selbst, mein Sohn, ob dieser Diaz dann hier unten säße und so ruhig an seinem Karabiner herumputzte.«
    »Du kennst diesen Mann nicht, Vater. Für ihn hat nichts Werth, als der Skalp eines Indianers. Die Wilden haben ihm einst sein Weib und seine Kinder getödtet, und seit dieser Zeit kennt er kein anderes Vergnügen, als die Jagd auf Rothhäute. Und seine Gleichgiltigkeit kann ja auch einen noch andern augenblicklichen Grund haben.«
    »Das ist allerdings möglich, und wenn – ah, nieder, nieder mit den Köpfen! Sie kommen!«
    Bois-rosé sprach dies in demselben Augenblicke, an welchem Don Estevan mit den beiden Banditen aus dem Goldthale trat.
    »Antonio de Mediana,« flüsterte Pepe. »Santa Lauretta, wir treffen ihn zur rechten Zeit und auch am passenden Orte. Er soll sich über Pepe, den Miquelete von Elanchovi, nicht zu beklagen haben.«
    »Baraja und Oroche!« fügte Fabian hinzu.
    »Die beiden Schufte, welche am Salto de Agua die Gewehre auf Dich anlegten,« vervollständigte Bois-rosé.
    Sie vernahmen jedes Wort des Wortwechsels zwischen Arechiza und Diaz.
    »Siehst Du, mein Vater,« sprach Fabian leise, »daß er sich aus dem Golde nichts macht?«
    »Er spricht: ›Seid ich weiß, daß die Bonanza nicht uns gehört.‹ Was mag er damit meinen?«
    »Sollte er eine Ahnung davon haben, daß Marcos Arellanos sie entdeckt hat, wie Ihr uns erzähltet, Don Fabian?« flüsterte Dormillon.
    »Möglich! Jedenfalls werden wir uns über diesen Punkt aufklären.«
    »Sie denken, dieser Cuchillo sei nach dem Lager zurückgekehrt, um die Indianer zu holen. Jedenfalls ist der Mörder nur deshalb in die Berge, um bei passender Gelegenheit zur Bonanza zurückzukehren. Horcht! Sie holen die Pferde, um das Gold in die Decken zu wickeln!«
    Platt am Boden liegend, sahen sie dem unter ihnen sich abspielenden Vorgange zu.
    »Was thun wir, Fabian?« frug Bois-rosé.
    »Der Graf darf uns nicht entkommen, Vater!«
    »Das ist sicher,« stimmte Pepe bei. »Virgen de los Dolores, ich danke Dir, daß Du ihn in meine Hände gegeben hast! Ich werde ihm heut zeigen, was es zu bedeuten hat, Pepe, den Schläfer, nach dem Präsidio Ceuta auf den Thunfischfang zu schicken!«
    »Pepe, Ihr werdet ihm nur das thun, was wir andern Beiden für recht und billig halten,« warnte Fabian.
    »Recht und billig ist hier nur eine Kugel, eine Klinge, oder ein Stückchen Lasso, das ihm um den Hals gewickelt wird, um seinen Athem ein wenig kürzer zu machen.«
    »Er hat mich geraubt und ist der Mörder meiner Mutter, das ist wahr. Dennoch aber sehe ich in ihm den Bruder meines Vaters. Wir werden über ihn zu Gerichte sitzen, und es darf keine schnelle,

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