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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beiden Schreie ausgestoßen hat?« frug er Fabian.
    Der alte, biedere Kanadier versäumte keine Gelegenheit, sich zu überzeugen, daß sein Pflegesohn den Ruf als Rastreador, in welchem er stand, auch wirklich verdiene.
    Fabian erkannte die Absicht und lächelte.
    »Er steht nicht an der Bonanza« antwortete er, »sondern auf dem Indianergrabe, sonst hätten wir die Laute kaum vernommen.«
    Er hatte Recht. Zwischen ihnen und der Pyramide lag eine kleine, langgestreckte Erhöhung, über welche nur der obere Theil des Grabmales herüberblickte. Beide, die Pyramide und Anhöhe, hätten die Schallwellen abgeleitet, wenn sich Cuchillo unten an der Bonanza befunden hätte.
    »Gut! Und was folgt für uns daraus, mein Sohn?«
    »Daß er uns sehen kann, wenn er ein gutes Auge hat, während wir ihn in Folge seiner gedeckten Stellung nicht zu erkennen vermögen.«
    »Richtig. Wenn er nach uns herüberblickt, wird er uns als drei Punkte bemerken, die sich ihm nähern. Da wir aber hier keine Deckung finden können, so bleibt uns nur übrig, daß wir so schnell wie möglich und ganz dicht hinter einander die Anhöhe zu erreichen suchen. Er wird dann einige Sekunden lang nur einen Punkt sehen, und dann sind wir hinter dem Hügel verschwunden.«
    Hätten sie gewußt, wie vollständig Cuchillo jetzt von anderen Dingen in Anspruch genommen wurde, so wäre diese Vorsichtsmaßregel von ihnen als überflüssig erkannt worden. Als erfahrene Jäger aber durften sie nicht anders handeln.
    Bei der Anhöhe angekommen, erklimmten sie dieselbe und konnten nun, hinter einem Felsen versteckt, die Pyramide genau beobachten.
    Eben eilte Cuchillo von derselben herab; sie konnten seine Gestalt deutlich sehen, und Fabian, dessen Auge in Folge seiner Jugend schärfer war als das der beiden Andern, erkannte ihn sofort.
    »Cuchillo!«
    »Der Mörder?« frug Pepe. »Santa Lauretta, da haben wir ja den Hallunken sofort, wenn wir hinüberspringen. Vorwärts, Rosenholz!«
    »Langsam, Pepe! Oder weißt Du vielleicht, wer sich noch hinter dem Grabmal befindet?«
    »Das werden wir sofort sehen, wenn wir hinkommen,« meinte der frühere Küstenwächter, welcher als Spanier ein feurigeres Temperament hatte als der bedächtige Kanadier.
    »Dazu ist es später immer noch Zeit. Laß uns warten, ob sich vielleicht noch Jemand zeigt!«
    Sie verharrten in ihrer gegenwärtigen Stellung. Lange konnten sie nichts Auffälliges bemerken, und schon wollte Pepe ungeduldig werden, als auf einmal Cuchillo hinter der unteren Seite der Pyramide zu Pferde hervorkam und im Galopp zwischen ihnen und dem Grabmale dahinritt.
    »Soll ich ihn niederschießen, Rosenholz?« frug Pepe, die Büchse erhebend.
    »Nein. Wir müssen mit ihm sprechen ehe er stirbt. Laß ihn also; seine Spur bleibt uns sicher und gewiß!«
    Dormillon senkte das Gewehr. Cuchillo verschwand in einer Schlucht, welche sich zwischen den Bergen zur Höhe zu ziehen schien.
    Sie warteten noch eine kurze Zeit; dann aber ließ sich Pepe nicht länger halten.
    »Geht Ihr mit, oder soll ich allein hinüber?«
    Bois-rosé warf das Auge noch einmal forschend umher, dann antwortete er:
    »Wir bestreichen mit unsern Büchsen den ganzen Raum zwischen hier und dem Grabmale. Springe hinüber, Pepe, und steige hinauf. Du wirst sehen, ob sich Jemand hinter dem indianischen Monumente befindet, und uns ein Zeichen geben, was wir thun sollen. Wir bleiben einstweilen zurück, um Dir Hülfe zu leisten, wenn Du ihrer bedarfst.«
    Kaum waren die Worte gesprochen, so befand sich Pepe schon unterwegs. Er kletterte an der jenseitigen Senkung des Abhanges hinab, eilte im Laufschritte auf die Pyramide zu und erklimmte dieselbe. Als er mit dem Kopfe ihren Rand erreichte, blickte er erst vorsichtig über denselben hinüber, um sich zu überzeugen, ob sich Jemand auf dem Plateau befinde. Er bemerkte, daß dasselbe vollständig verlassen sei und schwang sich vollends hinauf.
    Dort bückte er sich nieder und kroch nach der entgegengesetzten Seite hinüber, von wo aus man hinab nach dem Goldthale blicken konnte. Sein Auge fiel auf Diaz, welcher jetzt ganz allein unten auf dem Steine saß und sich mit seiner Büchse beschäftigte. Außer dem Indianertödter war niemand zu bemerken; darum winkte Pepe nach der Anhöhe zurück, um die beiden Gefährten zu bedeuten, daß sie ihm folgen sollten.
    Nach wenigen Augenblicken befanden sie sich an seiner Seite.
    »Kennt Ihr diesen Mann, Sennor Fabian?« frug Dormillon.
    »Diaz!« antwortete Tiburcio verwundert.

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