Der Waldläufer
unüberlegte That stattfinden!«
Pepe antwortete nicht; nur ein leises, mürrisches Brummen bewies, daß er mit der Absicht Fabians nicht völlig einverstanden sei.
»Bois-rosé hatte hier keine eigene Meinung, und selbst wenn er einen selbstständigen Plan gefaßt hätte, so war doch seine Liebe zu Fabian zu groß, als daß er sich nicht hätte in den Willen desselben fügen wollen.«
»Und dieser Diaz,« frug er, »ihm soll auch nichts geschehen?«
»Ohne Noth wird ihm kein Haar gekrümmt. Ich kenne keinen Mann, der so würdig wäre, Euer Freund zu sein, wie er. Er hat nichts gemein mit den Menschen, welche wir verfolgen, und sich der Expedition nur deshalb angeschlossen, weil sie ihm Gelegenheit bietet, seinem Hasse gegen die Indianer Folge zu leisten. Ich bitte Euch, ihn zu schonen, als ob er mein Freund oder als ob ich selbst es wäre!«
»Und die beiden Menschen, die Du Baraja und Oroche nennst?«
»Unsere Kugeln sind für sie zu gut, und wenn wir sie laufen lassen, so glaube ich nicht, daß sie uns jemals nur den geringsten Schaden machen werden.«
»Aber sie wollten Euch erschießen, Don Fabian!«
»Es ist ihnen nicht gelungen. Man muß nie Menschenblut vergießen, wenn es nicht unumgänglich nöthig ist.«
»Ich stimme Dir bei, mein Sohn, obgleich ich eigentlich auf einige Tropfen Indianerblutes nicht mehr Werth lege, als sie auf das meinige. Aber diese beiden Männer kennen nun die Bonanza, und wenn wir sie entkommen lassen, so kann Dein Gold in große Gefahr kommen.«
Fabian lächelte.
»Seit ich Dich wieder habe, mein Vater, und meinen wirklichen Namen kenne, ist mir das Handwerk eines Gambusino gleichgültig geworden. Ich bin noch unentschlossen, was ich mit dem Golde thue, und Männer wie Baraja und Oroche haben wir niemals zu fürchten.«
»Das Placer ist Dein, thue damit, was Dir beliebt!«
Nicht dieses Gespräch ausschließlich hatte ihre Aufmerksamkeit in Anspruch genommen, vielmehr war dieselbe noch weit höher durch den Anblick erregt worden, welchen ihnen die Haufen gediegenen Goldes boten, die vor ihren Augen in die Serapen gehüllt wurden. Alle drei wußten sie, daß der Reichthum nicht das höchste Gut des Lebens ist, und dennoch konnten sie die Blicke nicht von dem Glanze wenden, der zu ihnen emporstrahlte.
»Santa Lauretta, ist das eine Menge Goldes,« meinte Pepe. »Ich glaube mit dem Inhalte einer einzigen Decke könnte man die ganze Herrschaft Elanchovi baar bezahlen. Und wenn ich bedenke, daß hinter der Wand jedenfalls noch mehr, noch viel mehr liegt, so wird mir es ganz schwindelig vor den Augen. Aber sollen diese Leute denn das Gold wirklich mit fortnehmen dürfen, Sennor Fabian?«
»Nein. Sie mögen sich an seinem Anblicke berauschen, um dann desto nüchterner zurückzukehren!«
»Dann ist es hohe Zeit zum Handeln, mein Sohn,« mahnte Bois-rosé. »Siehe, sie laden die Decken bereits auf die Pferde! Soll ich sie anrufen?«
»Ja.«
»So legt Eure Büchsen an, damit das, was ich ihnen sagen werde, den gehörigen Nachdruck bekommt!«
Die Plattform des Indianergrabes war mit Steintrümmern übersäet, die besonders am Rande derselben aufgehäuft lagen und eine Art Brustwehr bildeten, hinter welcher man sich genügend zu verbergen vermochte. Pepe und Fabian steckten die Läufe ihrer Büchsen zwischen den Steinen hindurch, und der Kanadier erhob sich. Es war sicher, daß keiner von den vier Goldsuchern den drei Jägern entgehen konnte, deren Augen und Gewehre die besten waren, die man gegenwärtig in der Apacheria finden mochte.
Schon setzte Don Estevan seinen Fuß in den Steigbügel, als Bois-rosé die Büchse anschlug.
»Halt!« rollte es donnernd aus seiner breiten, gewaltigen Brust hervor.
In seinem einfachen Anzuge und der hohen Fuchspelzmütze stand der riesige Mann da oben auf der Plattform, als sei die Pyramide nicht ein Indianergrab, sondern die Ruhestätte eines vorsündfluthlichen, hünenhaften Menschenkindes, welches durch die Anwesenheit der Abenteurer in seiner Ruhe gestört worden sei, und sich nun erhoben hatte, um an ihnen Rache zu nehmen.
Er sah, daß drei von ihnen heftig erschraken, und nur der vierte, Diaz, sich so beherrschen konnte, daß man ihm seine Ueberraschung nicht anzumerken vermochte. Diaz hatte Bois-rosé schon am Salto de Agua gesehen und dann auch erfahren, daß er und sein Gefährte in einer Minute zwei Tiger getödtet hatten; ihre Namen aber kannte er nicht.
Der Indianertödter gab Antwort und führte das Gespräch. Auch Fabian
Weitere Kostenlose Bücher