Der Waldläufer
wollenen Gürtel, welcher ihm mehrere Male um den Leib ging, loszumachen. Er band damit die Glieder des Grafen fest zusammen und blickte sich dann nach Diaz um.
Fabian kannte den Indianertödter fast gar nicht. Nur das eine Mal war er auf der Hazienda del Venado mit ihm zusammengetroffen, aber der Ruf des berühmten Mannes bestimmte ihn, sein Leben zu schonen.
»Petro Diaz, ergebt Euch!« rief er, einem Dolchstiche ausweichend, den der Mexikaner nach ihm führte.
Diaz warf ihm einen stolzen Blick in das Gesicht.
»Ergeben? Euer Freund könnte ich sein, Tiburcio Arellanos, aber mich Euch ergeben? Niemals!«
»So nehmt meine Freundschaft an!«
»Nur nach dem Kampfe, wenn wir noch leben! Ich floh vor Euch, und muß Euch zeigen, daß dies nicht aus Furcht geschah.«
»Das weiß ich,« entgegnete Fabian, einen zweiten und dritten Stoß vermeidend. »Steckt das Messer ein!«
»Vertheidigt Euch, Sennor Tiburcio!«
Es entspann sich jetzt ein Kampf, in welchem es der eine dem andern an Gewandtheit und Behendigkeit zuvorthun wollte. Zu ritterlich, um seine Feuerwaffe wider einen Gegner zu gebrauchen, dessen einzige Waffe in einem Dolche bestand, suchte Fabian Diaz blos zu entwaffnen. Er hielt den Lauf seiner Büchse in der rechten und bediente sich des Kolbens, wie einer Keule, mit welcher er den Arm, welcher das Messer führte, treffen wollte. Allein er hatte es mit einem Gegner zu thun, der ihm bei dieser nachsichtigen Kampfesweise gewachsen war.
Diaz sprang bald auf die rechte, bald auf die linke Seite, um den Kolbenschlägen auszuweichen, und als er kein Resultat erzielte, fuhr er einen Schritt zurück, nahm den Griff des Messers zwischen die drei ersten Finger der Rechten, holte aus, und schleuderte den spitzen, scharfen Stahl mit aller Gewalt nach der Brust Fabians.
Dieser hatte die gefährliche Absicht errathen. Er umfaßte seine Büchse fester, und in demselben Augenblicke, an welchem er vor dem daherblitzenden Messer auf die Seite sprang, wirbelte der Kolben des schweren Gewehres mit solcher Gewalt an die Stirn des Mexikaners, daß dieser zur Erde stürzte.
Zu gleicher Zeit kam Pepe herbei und warf sich sofort auf den Gefallenen, den er mit seinen kräftigen Armen umschlang, daß er sich nicht zu rühren vermochte.
»Demonio,« rief er, »muß man Euch denn umbringen, damit Ihr Euch ergebt? Seid Ihr verwundet, Don Fabian? Nein? Santa Lauretta, das ist ein Glück für Euch, Sennor Diaz, denn hättet Ihr ihm auch nur die Haut geritzt, so wäre es mit Euch Matthäi am Letzten gewesen!«
Selbst jetzt noch versuchte Diaz Widerstand zu leisten.
Es war vergebens, da mittlerweile auch Bois-rosé herbeigekommen war, und die drei Gefährten banden den überwundenen Diaz so, daß er keine gefährlichen Bewegungen mehr zu machen vermochte.
Er sah sich zum ersten Male in seinem Leben besiegt, und dies war es, was trotz seiner freundlichen Gesinnung für Tiburcio Arellanos seinen Grimm anfachte.
»Schießt mich nieder, Sennores; ich bin überwunden; ich mag keinen Pardon haben, ich bin noch nie gefesselt gewesen!«
»Diese Fesseln habt Ihr nur Euch selbst zuzuschreiben,« antwortete der Kanadier. »Wir wollten Euch nicht feindlich behandeln; Ihr aber habt uns dazu gezwungen!«
»Warum versuchtet Ihr, uns den Grafen Antonio de Mediana zu entziehen?« frug Pepe.
Diaz schwieg. Er sah ein, daß er unüberlegt gehandelt hatte, und war doch zu stolz, dies einzugestehen.
»Ihr hörtet, daß ein Savannengericht stattfinden sollte. Ein ehrlicher Mann widersetzt sich in keinem solchen Falle!«
»Ich antworte nicht in Banden!« murrte Diaz finster.
Fabian griff in edelmüthiger Weise zu dem besten Mittel, den Zorn des ehrgeizigen Mannes zu entwaffnen. Er hob das Messer auf.
»Pepe, nehmt ihm die Fesseln ab!«
Pepe gehorchte dieser Weisung, und Fabian drückte Diaz sein Messer in die Hand.
»Sennor Diaz, wenn Ihr keine gute Meinung von mir habt, so stoßt mir diese Klinge in das Herz; ich werde mich nicht wehren!«
Diaz ließ das Messer wieder fallen.
»Sennor Tiburcio, Ihr seid ein Rastreador, der meine ganze Achtung besitzt, und Ihr sollt es nicht bereuen, mich kennen zu lernen. Doch habe ich heilige Verpflichtungen gegen diesen Sennor Don Estevan de Arechiza, und ich mußte diesen Verpflichtungen allerdings auf eine Weise nachkommen, welche Euch nicht angenehm gewesen ist. Vielleicht wird mir einmal Gelegenheit, diesen Umstand wieder gut zu machen.«
Er reichte Fabian die Hand und frug dann:
»Wollt Ihr mir
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