Der Waldläufer
Flucht. Als er geendet hatte, wandte sich Diaz wieder an Arechiza.
»Bekennt Ihr Euch zu dem, was Ihr gehört habt?«
Der Gefragte zog wieder vor, zu schweigen.
»Sagt Ja oder Nein!«
Auch jetzt erfolgte keine Antwort.
»Euer Schweigen ist uns genug! Don Estevan, ich habe Euch eine nicht gewöhnliche Achtung gezollt, und ich würde viel darum geben, wenn ich Euch unschuldig sehen könnte, Euer Verhalten jedoch ist nicht dasjenige eines Mannes, dem man eine bleibende Theilnahme widmen darf!«
»Behaltet Eure Theilnahme, Diaz. Ihr seid ein Abtrünniger. Ihr habt mir Treue und Gehorsam zugesagt und Euch doch jetzt mit Personen verbunden, welche mein Verderben wollen. Ich bin in Eurer Gewalt, doch beugen werde ich mich nicht vor Euch. Der Herzog von Medina lacht Eurer Anklagen, auch wenn sie ihm das Leben kosten sollten!«
»Sennor, es wurde Euch bereits gesagt, daß der Herzog in der Savanne nichts gilt. Ihr seid in diesem Augenblicke nichts als Angeklagter, und gelingt es Euch nicht, Euch zu rechtfertigen oder seid Ihr zu einer Vertheidigung zu stolz, so laßt jeden Gedanken an Rettung schwinden! Habt Ihr Eurer Anklage noch Etwas beizufügen, Sennor Dormillon?«
»Nein, ich bin fertig. Ich hoffe natürlich, daß ein dreifaches Verbrechen, auf welches das Recht der Savanne dreimal den Tod erfolgen läßt, seine strengste Strafe finden werde!«
»Jetzt Ihr, Sennor Tiburcio. Wessen zeiht Ihr den Angeklagten?«
»Des Mordes an seiner Schwägerin, des Menschenraubes an seinem Neffen und des Mordversuches gegen mich selbst. Die beiden ersten Verbrechen sind bereits besprochen worden; ich brauche also nur von dem dritten zu reden.«
»Sprecht!«
Er erzählte von dem Ueberfalle im Garten der Hazienda del Venado und dann später im Walde, und schilderte dann das Verhalten Don Estevans am Ufer des Salto de Agua.
»Sennor Arechiza, was sagt Ihr zu diesen Worten?« frug Diaz, welcher seine Theilnahme für den Anführer der Expedition immer mehr schwinden fühlte.
»Zeugen!« lautete die kurze Antwort. Der Stolz des Grafen war ein falscher; er schloß die Ehrlichkeit aus.
»Ihr könnt diese Forderung aussprechen, weil Ihr wißt, daß Cuchillo geflohen ist; dennoch aber ist ein Zeuge nicht unbedingt nöthig, denn ich frage Euch, ob Ihr Euch des Mordversuches schuldig erklärt. Wollt Ihr Euch zu einer Lüge erniedrigen?«
Wieder schwieg der Gefragte.
»Also Ihr gesteht die That ein, und wir können also – – –«
Er hielt mitten in dem angefangenen Satze inne, denn hinter der Pyramide ertönte ein Schrei, der sogar das Brausen des Wasserfalles übertraf und dann ein Schlag, als sei ein schwerer Körper von bedeutender Höhe herabgefallen.
»Was war das?« frug Pepe.
»Ein Mensch, dem ein Unglück geschehen ist,« antwortete Diaz. »Wir müssen sofort nachsehen, was dort –«
»Halt,« unterbrach ihn der Kanadier; »Ihr habt hier Euern Platz, den Ihr ohne Noth nicht verlassen dürft! Ich werde nachsehen, was es ist.«
Er wandte sich nach der Ecke des Indianergrabes, hinter welcher er verschwand. Die Andern blieben zurück und warteten lautlos aus seine Rückkehr. Diese erfolgte erst nach längerer Zeit. Er brachte den von Oroche herausgesprengten Goldblock auf der Achsel getragen.
»Schaut hier, was ich fand!«
Er nahm den Klumpen herab und legte ihn zu Fabians Füßen.
»Gold!« rief dieser, erstaunt über die außerordentliche Größe des Metallstückes.
»Reines Jungferngold, viele Tausende werth!« stimmte Archezia bei, beinahe erstarrt bei dem Anblicke dieses noch niemals dagewesenen Fundes. Er hatte für den Augenblick seine Lage vollständig vergessen, trat aus dem ihm gezogenen Kreise und stürzte förmlich über den Block her, um ihn nach seiner Schwere zu taxiren.
»Santa Lauretta,« ließ sich Pepe hören; »hätte ich diesen Westenknopf gehabt damals, als ich noch Miquelete war und auf Kosten des Staates verhungern durfte! Wo hast Du ihn gefunden, Rosenholz?«
»Das ist ganz gleich!« meinte Don Estevan. »Er gehört zur Bonanza und muß mit zur Vertheilung kommen.«
»Ganz wie Ihr denkt, Graf Antonio de Mediana,« lachte Dormillon. »Wir sind hier in Summa fünf Personen und werden den Knopf sofort zerschneiden, damit ein Jeder sein Theil erhalte, auch Ihr, weil Ihr so gut wart, mich in das Präsidio Ceuta auf den Thunfischfang zu schicken!«
Diese Worte brachten den Grafen zur Wirklichkeit zurück. Er erhob sich beinahe beschämt, doch glänzte in seinen Augen ein Licht, wie man es bei
Weitere Kostenlose Bücher