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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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spricht!«
    »Was willst Du in den Nebelbergen? Du willst zum Boote, welches wir dort haben? Bist Du schon fertig mit dem Häuptling?«
    »Ich habe es kurz gemacht. Ich habe ihm die Heerden des Sennor Augustin Pena und den Skalp Falkenauge’s versprochen; er wird sofort nach dem Büffelsee aufbrechen.«
    »Und wir?«
    »Gehen nach den Nebelbergen, um einen Schatz zu heben, ehe wir dem Häuptlinge folgen.«
    »Was für einen Schatz?«
    »Hier dieser Mann, ein mexikanischer Strolch, den die Rothen eben martern wollten, als ich kam, versprach, mir eine außerordentlich reiche Bonanza zu verrathen, wenn ich ihn retten wollte. Schwarzvogel gab ihn für Falkenauge los, und ich nahm ein Dutzend Indianer mit, um für alle Fälle gerüstet zu sein.«
    Baraja, denn dieser war der »mexikanische Strolch,« verstand kein Wort englisch, sonst hätte er sich über diesen Ehrentitel gewiß nicht sehr erbaut gefühlt. Seine herabgekommene Gestalt wurde, so viel es die Dunkelheit gestattete, von Main-Rouge scharf gemustert.
    »Der Kerl sieht nicht so aus, als ob er eine Bonanza zu verschenken hätte!«
    »Pah! Du glaubst doch nicht etwa, klüger zu sein als ich? Der Mensch befindet sich ganz in meiner Hand. Hat er mich belogen, so hat er bei mir ein Schicksal zu erwarten, gegen welches das Braten und Martern der Indianer ein Kinderspiel sein würde. Jetzt aber vorwärts, damit wir sehen, ob das Placer wirklich so überaus reich ist, wie er es mir beschrieben hat!«
    Er schritt mit Main-Rouge und Baraja voraus; die Indianer folgten einer hinter dem andern, wie es ihre Gewohnheit ist.
    Diaz erhob sich jetzt vom Boden.
    »Welch ein Glück, daß diese Schurken nicht bei den Eichen Halt machten; mein Pferd hätte mich verrathen. Wer sind diese beiden Männer, denen der Verräther die Bonanza zeigen will? Sie müssen eine nicht gewöhnliche Macht über die Rothen ausüben! Also Don Augustin Pena soll überfallen werden? Ich muß unverweilt nach dem Büffelsee, um ihn zu warnen! Und vorher reite ich nach dem Goldthale, um Tiburcio, den jungen Grafen de Mediana, und seine beiden Jäger zu unterrichten. Ich werde trotz des Umweges, den ich, um nicht bemerkt zu werden, machen muß, das Thal noch vor den Wilden erreichen, und also zur rechten Zeit kommen, die Freunde auf die bevorstehende Gefahr aufmerksam zu machen.«
    Er band sein Pferd los, stieg auf und jagte in die tiefe, stille Nacht hinein.
    Unterdessen hatten sich am Goldthale einige sehr ernsthafte Scenen abgespielt.
    Als sich Don Estevan und Diaz in die Hände der drei Jäger gegeben sahen, folgten sie diesen bis zu der Stelle, an welcher zwischen dem Goldthale und der Pyramide die erschossenen Pferde lagen. Der Augenblick war jedenfalls ein verhängnißvoller, und er beherrschte die Gemüther in so viel verschiedenen Stimmungen, als Personen anwesend waren.
    Der Graf de Mediana mußte sich sagen, daß ein einziger Moment genügt habe, ihm alle Karten aus der Hand zu reißen und ihn, den reichen Granden von Spanien, den mächtigen Herzog von Medina, in die Hände dreier Männer zu geben, welche jetzt nichts Anderes besessen hatten als ihre guten Büchsen. Er wußte, was kommen werde, denn das fürchterlich Wort »Savannengericht« hatte ihm alles gesagt, und der Grimm, welchen er über die unerwartete Ueberrumpelung und Niederlage empfand, vermischte sich mit einem dumpfen, tauben Gefühle, als habe er mit einer Keule einen Schlag erhalten, unter dem ihm die Selbstbestimmung und Zurechnungsfähigkeit verloren gegangen sei.
    Fabian sah sich vor einem Momente, welcher bestimmt war, die großen Geheimnisse seines Lebens zu enthüllen. Es war ihm, als stehe er an dem Portale eines Tempels, unter dessen Säulen er neu geboren werden solle. Aber alle diese Säulen waren von Kapitälern gekrönt, von denen herab ihm die Masken des Todes entgegengrinsten; wo er hinblickte, sah er die Mutter mit ihrem Mörder ringen; wohin er nur lauschte, hörte er ihren letzten Schrei und das erschütternde Röcheln ihres entfliehenden Athems, und es lebte eine Stimme in ihm, die nach Rache und Vergeltung schrie und jede milde Regung verdammte, welche bereit war, Gnade und Nachsicht zu üben.
    Diaz fühlte einen Zwiespalt in seinem Innern, den er nicht auszugleichen vermochte. Er hatte bewundernd die Gewandtheit, Umsicht und Festigkeit beobachtet, durch welche es Don Estevan de Arechiza gelungen war, einen Haufen wilder, gewaltthätiger Abenteurer zu zügeln und in eine wohlbewehrte und ziemlich gut

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