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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zurückweisung beleidigen.«
    »Nun wohl, so muß ich Euch zu Willen sein! Doch ersuche ich Euch, sofort zu beginnen, da wir uns auf dem Gebiete von Männern befinden, die es sich sehr zum Vergnügen machen würden, unsere Sitzung durch einige Kugeln oder Pfeile zu unterbrechen!«
    »So erlaubt, daß ich nach altem Brauche die Plätze vertheile!«
    Rosenholz wies Diaz, als dem Einzigen, welcher das Recht hatte, sich zu setzen, den Sattel eines der erschossenen Pferde an; dann zog er diesem gegenüber mit dem Ladestocke einen Kreis.
    »Das ist Euer Ort, Don Estevan. Ich hoffe, daß Ihr diese Linie nicht überschreitet, da die augenblickliche Folge davon eine Kugel sein würde!«
    Zur Linken und Rechten von Diaz stellten sich Fabian und Pepe auf, so daß die vier Personen die Ecken eines Viereckes oder die Endpunkte eines Kreuzes bildeten, außerhalb dessen der Kanadier stand, um als Wächter der Ordnung und Sicherheit zu fungiren.
    Diaz zog sein Messer und stieß es in die Erde.
    »Sennores, das Gericht beginnt; es soll dauern, so lange diese Klinge sich verbirgt zum Zeichen, daß nicht Gewalt, sondern Recht und Gerechtigkeit walten soll unter uns. Strafe dem Verbrechen, Strafe aber auch der Lüge und Verleumdung, die auf Rache und Verderben sinnt! Wer hat eine Klage unter Euch?«
    »Ich, Pepe Dormillon, wie mein Name lautet.«
    »Und ich, Tiburcio Arellanos, wie ich bisher genannt wurde.«
    »So stoßt auch Eure Messer in die Erde. Möge Euch der Tod treffen, so scharf und spitz wie Eure Klingen sind, wenn Ihr auf Unrecht denkt!«
    Sie folgten seinem Gebote nach dem alten, heiligen Brauche der Savanne.
    »Pepe Dormillon, wen klagt Ihr an?«
    »Ich klage an diesen Sennor Don Estevan de Arechiza, der eigentlich Graf Antonio de Arechiza heißt und sich Herzog von Medina nennt.«
    »Wie lautet Eure Klage?«
    »Ich klage ihn an dreimal; ich klage ihn an des Mordes, des Menschenraubes und des Mißbrauches der richterlichen Gewalt zur Verurtheilung eines Unschuldigen.«
    »Don Estevan de Arechiza, gebt Ihr zu, der Graf Antonio de Mediana zu sein?«
    »Ich bin es,« antwortete er stolz.
    »Erkennt Ihr an, daß dieser Pepe Dormillon ein Recht zu seiner Anklage habe?«
    »Ich erkenne nichts an, auch nicht Euer Recht, mich zu verhören, und werde nicht antworten, als wenn es mir beliebt.«
    »Ihr habt Euren Willen, Graf Antonio; aber das Gesetz der Savanne lautet: ›Wer die Antwort verweigert, erklärt sich durch sein Schweigen für schuldig und überführt.‹ Das mögt Ihr wohl bedenken! In der Steppe gilt nicht der Titel, sondern nur der Mann. Wer nicht fallen will, muß sich zu vertheidigen wissen. – – Pepe Dormillon, redet!«
    »Der Angeklagte hat ermordet seine Schwägerin, die Gräfin Donna Luisa de Mediana auf Schloß Elanchovi.«
    »Ist diese Anklage gerecht, Don Estevan?«
    Der Gefragte schwieg.
    »Bedenkt, daß Euer Schweigen als Zugeständniß gilt!«
    »Ihr treibt ein Puppenspiel, Sennor Diaz,« antwortete Arechiza jetzt. »Ihr stoßt Euer Messer in die Erde zum Zeichen, daß nur Recht und Gerechtigkeit walten solle, und laßt doch nichts gelten, als die Gewalt. Ich habe nichts zu gestehen und nichts zu widerlegen. Wer mich anschuldigt, mag den Beweis führen, daß er die Wahrheit sagt!«
    »Pepe Dormillon, könnt Ihr diesen Beweis bringen?«
    »Er liegt in der Erzählung, die ich Euch geben werde.«
    Er berichtete den Vorgang jener Nacht auf Elanchovi so genau, wie er sich seinem Gedächtnisse eingeprägt hatte. Diaz konnte nicht anders, er mußte sich von der Schuld des Grafen vollständig überzeugt fühlen.
    »Don Arechiza, es thut mir leid, Euch sagen zu müssen, daß ich Alles, was dieser Sennor sagt, für Wahrheit halte!«
    »Denkt, wie Ihr wollt! Auf eine Meinung hin aber darf kein Mensch verurtheilt werden. Eine Erzählung ist kein Beweis. Bringt Zeugen!«
    »Das Gesetz der Savanne hält einen Zeugen nicht für alle Fälle erforderlich. Die Ueberzeugung ist genügend, Euer Urtheil zu fällen. Ich fordere Euch auf, einfach zu sagen, ob Ihr den Mord begangen habt oder nicht!«
    »Ich antworte nicht!«
    Er war zu stolz, ein Zugeständniß zu geben oder eine Lüge zu sagen, die ihn doch vielleicht nicht retten konnte.
    »Euer Schweigen gilt als Ja. Ihr seid des Mordes und des Kindesraubes überführt. Wo ist der Knabe hingekommen?«
    »Eure Fragen sind überflüssig. Ich kann Euch keine Auskunft ertheilen.«
    »So erzählt weiter, Sennor Pepe!«
    Dormillon berichtete von seiner Verurtheilung und späteren

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