Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Irrsinnigen bemerken kann, welche im Verlangen nach einem nahe gehaltenen und dennoch unerreichbaren Gute Tantalusqualen auszustehen haben.
    »Wo hast Du diesen Fund gethan, mein Vater?« frug Fabian.
    »Da hinten hart an dem Becken, in welches sich das Wasser stürzt. Seht Ihr den Kopf da oben?«
    Er zeigte zur Höhe des Berges; die Augen der Andern folgten seinem Arme.
    »Baraja,« meinte Diaz.
    »Ja, Baraja. Seht, er bemerkt, daß wir ihn erblickt haben, und weicht zurück. Er ist schuld, daß ich dieses Gold fand.«
    »Wie so?«
    »Der Block hat hinter dem Wasserfalle in der Felsenwand gesteckt. Oroche ist von Baraja an dem Lasso herabgelassen worden, um ihn zu lösen, und hat dann seinen Tod in der Tiefe gefunden. Der Lasso ist zerschnitten; Baraja hat das Gold nur für sich haben wollen.«
    »Hast Du Oroche gefunden?«
    »Nein; die kochenden Fluthen des Abgrundes haben ihn verschlungen.«
    »Wir müssen schnell dem Mörder nach!« rief Fabian in seinem Edelmuthe, indem er nach der Büchse griff.
    »Halt!« rief Pepe. »Es darf kein Messer hier aus der Erde gezogen werden, bis das Gericht beendet ist. Dieser Baraja bleibt uns sicher.«
    Er blickte nochmals zu dem Punkte empor, an welchem vorhin der Kopf des Genannten sichtbar gewesen war, und ließ dabei unwillkürlich sein Auge auch über den Rand der Pyramide streifen.
    »Per dios, Rosenholz, blicke doch jetzt nicht empor, um uns nicht zu verrathen! Da oben auf der Plattform des Grabes liegt Cuchillo.«
    »Cuchillo? Der Mörder, der Zeuge, den wir brauchen! Hast Du ihn recht gesehen?«
    »Ohne Zweifel!«
    »So müssen wir ihn haben! Gehe links um das Grab und steige von hinten empor; er wird fliehen wollen und ich empfange ihn dann da rechts an der Ecke.«
    Pepe ergriff sein Gewehr und schritt in der angegebenen Richtung um die Pyramide. Beim Erklimmen derselben verfuhr er so vorsichtig wie möglich. Cuchillo mußte ja seine Absicht errathen und konnte ihm sehr leicht eine Kugel zuschicken. Dies geschah allerdings nicht. Er erreichte unangefochten das Plateau und – fand es verlassen Im Nu war er wieder unten und trat zu dem Kanadier.
    »Nun?« empfing ihn dieser.
    »Hast Du ihn nicht?«
    »Nein. Und Du?«
    »Siehst Du ihn etwa bei mir?«
    »Aber er ist herab.«
    »Oder Du hast Dich überhaupt geirrt.«
    »Das ist unmöglich. Ich sah seinen Kopf ganz genau. Er ist herab. Aber links heraus hat er nicht gekonnt, sonst hätte ich es bemerkt.«
    »Und rechts auch nicht, denn dann wäre er mir in die Hände gelaufen. Er ist also an der Nordseite der Pyramide herab. Komm, laß uns sehen, ob seine Spur zu finden ist!«
    Zwischen dem See und dem nördlichen Fuße des Grabmales befand sich nur ein nicht sehr breiter Streifen Landes, welcher so steinigt war, daß kein Fuß eine Spur auf ihm zurücklassen konnte. Dennoch aber erspähete das scharfe Auge des Kanadiers auf dem felsigen Boden einen kurzen, hellen Strich, welcher aussah, als ob ihn eine unsichere Hand mit einem eisernen Griffel eingegraben hätte.
    »Hier ist er gegangen, Pepe! Laß sehen – ja, hier liegt das Quarzstückchen, auf welches er getreten ist und dem wir diesen Strich verdanken. Wenn ein Fuß auf einen Stein von dieser Größe tritt, so gleitet er nicht nach hinten oder vorn, sondern zur Seite aus; die Richtung des Striches, welchen der Quarz auf dem Steine hervorgebracht hat, sagt uns also, daß Cuchillo gerade nach dem See gegangen ist.«
    »Ganz meine Meinung. Komm!«
    Sie gingen bis an das Ufer des Wassers, fanden aber trotz längeren Suchens keine weitere Spur, und schon wollte Pepe ungeduldig werden, als er plötzlich Etwas bemerkte, was ihn bewog, die Büchse anzulegen.
    »Was ists?« frug Bois-rosé. »Willst Du uns durch einen Schuß verrathen?«
    Dormillon blinzelte ihm verschmitzt mit dem Auge zu.
    »Siehst Du fünf Schritte von hier dort im Wasser die zwei, drei, fünf, acht breiten Lambredoniblätter, die sich wie ein flaches Dach über der Oberfläche erheben? Ich wette, es steckt ein Riesenfrosch darunter, und da ich gerade einen außerordentlichen Appetit auf Froschkeulen habe, so werde ich mir das Amphibium herausholen.«
    Der »Riesenfrosch« mußte jedes Wort vernehmen. Pepe legte an; der Hahn knackte laut, und schon berührte er Finger den Drücker, da begannen sich die Lambredonipflanzen zu bewegen.
    »Schießt nicht; ich bins!« erscholl es unter den Blättern hervor, und dann ließ sich der Kopf Cuchillo’s sehen.
    Er hatte keinen andern Ort, sich zu verbergen, gewußt,

Weitere Kostenlose Bücher