Der Waldläufer
disziplinirte Truppe zu verwandeln. Er achtete seinen Anführer und war bisher gewohnt gewesen, ihm Gehorsam zu leisten. Nun hatte er die Anklage Pepe Dormillons und Fabians gehört, und die Auslassungen Cuchillo’s waren ganz geeignet gewesen, ihn zu überzeugen, daß diese Anklagen wohlbegründet seien. Dadurch kam seine Pietät in Widerspruch mit seiner Ehrlichkeit, und er sah in Folge dessen dem Kommenden mit einem Gefühle entgegen, dessen Unsicherheit ihm eine ganz bedeutende Unbequemlichkeit verursachte.
Pepe, der Exmiquelete, sah seinen heißesten Wunsch erfüllt, den Grafen de Mediana zwischen seine kräftigen Fäuste zu bekommen. Es hatte ihn ein unendliches Rachegefühl gegen diesen Mann belebt und er war fest entschlossen, dem Morde, dessen unwissentlicher Theilnehmer er geworden war, heut eine strenge Vergeltung folgen zu lassen.
Was endlich Bois-rosé betrifft, so fühlte er jetzt nur seine Liebe zu Fabian und den Ernst der richterlichen Verhandlung, an welcher er Theil nehmen sollte. Sein Sohn stand jetzt vor der so lang ersehnten Aufklärung einer in tiefes Dunkel gehüllten Vergangenheit, und Rosenholz war gewillt, dieselbe möglichst zu unterstützen. Er hatte lange Jahre in Wald und Prairie gelebt; jeder Zoll an ihm war Jäger, und die Anschauungen der Wildniß, in der ein Jeder auf seine eigene Kraft angewiesen ist, hatten sich mit seiner natürlichen, biedern Frömmigkeit zu einer Gesinnung vereinigt, die das bevorstehende Savannengericht jedenfalls zu einer Handlung der lautersten Gerechtigkeit gestalten mußte.
Pepe war der Erste, welcher das Wort ergriff.
»Macht, daß wir beginnen, Don Fabian! Es ist alles vorhanden, was zur Sitzung nöthig ist, und wir können nicht behaupten, daß wir lange ungestört bleiben werden.«
Der Angeredete nickte und wandte sich zu Don Estevan.
»Ihr habt gehört, Sennor, was von uns über Euch beschlossen worden ist. Ich hoffe, Ihr werdet Euch in Eure Lage finden!«
Arechiza blickte finster auf.
»Ich kenne Niemanden, der ein Recht haben könnte, über mich Gericht zu halten. Wer eine Beschwerde vorzubringen hat, mag sich an die Behörde wenden!«
»An die Behörde?« frug Pepe. »Santa Lauretta, seid Ihr klug! Ich habe Euch bereits einmal den Gefallen gethan, mich an das Ding zu wenden, von dem Ihr sprecht; da ich aber auch heut noch keine Lust verspüre, nach dem Präsidio Ceuta auf den Thunfischfang zu gehen, so werdet Ihr Euch wohl in unsere Anordnungen finden müssen!«
»Ich erkenne keinen Mann als Richter an, der landesflüchtig wurde, um einer über ihn verhängten gerechten Strafe zu entgehen!«
Pepe’s Augen blitzten auf.
»Gerecht, sagt Ihr? Mann, wenn Ihr noch eine einzige solche Aeußerung wagt, so schlage ich Euch mit diesen meinen Händen nieder wie einen Schakal, der die Luft verpestet! Ein guter Dolchstoß mag zu seiner Zeit am Platze sein, wer ihn aber leugnet und einem Unschuldigen in das Gesicht schleudert, der handelt feig und ehrlos und darf sich nicht wundern, wenn er abgethan wird, wie ein wildes, muthloses Ungeziefer.«
Auch der Kanadier war auf das Höchste erzürnt über die seinem Gefährten angethane Beleidigung.
»Sennor,« meinte er, »wir stehen im Begriffe, ein ehrliches Gericht über Euch zu halten. Zwingt uns nicht, Euch als Lügner und gewissenlosen Schurken zu behandeln, denn dann hättet Ihr das Schicksal eines Gewürmes, welches man tödtet, wo man es nur findet. Laßt uns beginnen, meine Freunde!«
»Ja, beginnen wir,« stimmte Fabian bei. »Willst Du das Gericht zusammensetzen, mein Vater?«
»Sogleich! Wer ist Ankläger?«
»Ich!« antwortete Pepe.
»Und ich!« fügte Fabian hinzu.
»So tretet zur Seite, denn Ihr könnt nicht Richter sein.«
»Das wirst Du übernehmen, Vater!«
»Nein, mein Sohn, das kann ich nicht, denn meine Liebe zu Dir würde mich möglicher Weise zu einem ungerechten Urtheile bewegen. Wir haben nur Einen hier, der dieses Amt zu versehen vermag.«
Er wandte sich an Diaz.
»Sennor Diaz, Ihr werdet uns hoffentlich die Ehre erweisen, den Vorsitz zu übernehmen.«
»Ich danke Euch! Wollt Ihr mir zumuthen, über Den zu Gericht zu sitzen, der mein Anführer ist und den ich vor wenigen Minuten noch befreien wollte?«
»Und dennoch werdet Ihr es thun. Ich werde das Amt des Wächters übernehmen müssen und Ihr kennt den Savannenbrauch zu gut, um nicht zu wissen, daß es die Pflicht eines jeden Jägers ist, sich einer gerechten Sache anzunehmen. Ihr würdet uns durch Eure
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