Der Waldläufer
als den See, dessen großblätterige Wasserpflanzen ganz geeignet waren, seinen Kopf und die Büchse, welche er nicht zurücklassen konnte, zu verdecken.
»Santa Lauretta, welch ein Frosch! Sennor Cuchillo, beinahe wäre Euch mein Appetit an das Kamisol gegangen. Sagt, was thut Ihr hier in dieser trüben Suppe?«
»Ich – ich wollte – ich dachte – – –«
»Ihr wolltet ein Bad nehmen, nicht wahr? Aber warum nehmt Ihr Euch denn keine Zeit, vorher die Kleider abzulegen? Kommt heraus; es giebt hier Leute, welche großes Verlangen haben, mit Euch zu sprechen!«
»Aber gebt erst Eure Büchse heraus,« fügte Bois-rosé hinzu; »denn solche gefährliche Instrumente sind nicht für Amphibien gemacht!«
Er nahm ihm das Gewehr ab und erlaubte ihm erst dann, das eiseskalte Wasser zu verlassen.
Der Bandit hatte nur wenige Minuten in demselben gestanden, aber dennoch war es ihm, als sei er bis ins tiefste Mark zu Krystall gefroren. Die Aufregung der letzten Stunden und die steigende Hitze des glühenden Tages hatten ihm zuvor den Schweiß aus allen Poren getrieben; die ganze Wanderung durch die Steppe hatte ausglühend und vertrocknend auf ihn gewirkt, und jetzt war er plötzlich in der Aufregung und Angst in ein Wasser gesprungen, welches unterirdischen Quellen entstammte und wie ein starker elektrischer Strom oder ein Schlaganfall erstarrend wirken mußte. Er stand, au allen Gliedern zitternd, vor den beiden Waldläufern und hätte sich auch gegen den leisesten Angriff nicht zu wehren vermocht.
»Kommt, Sennor Cuchillo,« meinte Pepe, indem er ihn beim Arme nahm. »Wir werden Euch ins Feuer führen, damit Ihr Euch nach dem eisigen Bade wieder erwärmen könnt!«
Er folgte ihnen ohne Widerstand.
»Hier, Sennores, bringen wir den Zeugen, den Don Estevan verlangte,« sprach Rosenholz; »ich hoffe, daß wir nun schnell zu Ende kommen werden.«
»Willkommen, Don Cuchillo,« begrüßte Diaz den vor Frost Bebenden. »Ich glaubte, Ihr hättet auf längere Zeit Abschied von uns genommen. Ihr steht vor einem Savannengericht, wie Ihr wohl bereits von dort oben bemerkt habt, und werdet uns einigen Aufschluß über Dinge geben, welche Don Estevan nicht eingestehen will. Tretet herbei!«
»Ich protestire gegen diesen Zeugen!« widersprach Arechiza.
»Aus welchem Grunde?«
»Weil ich ihn selbst anzuklagen habe.«
»Wohlan, Graf Antonio, so überhebt Ihr mich dieser Anklage, welche ich später selbst erhoben hätte.«
Er zog einen ähnlichen Ring wie vorher bei Don Estevan und gebot dann Cuchillo:
»Tretet in diesen Kreis, und seid überzeugt, daß Ihr verloren seid, sobald Ihr ihn zu überschreiten wagt! Sprecht, Graf Antonio de Mediana!«
»Ich klage an diesen Mann des Mordes an dem Gambusino Marcos Arellanos.«
»Ah!« rief Fabian. »Meine Ahnung, Beweise, Beweise!«
»Diese brauche ich nicht zu liefern. Sennor Diaz hat vor kurzer Zeit das Geständniß des Mörders gehört.«
»Ist dies wahr?«
»Ja,« nickte Diaz; »und darum hatte ich mir vorgenommen, ihn anzuklagen, wenn nicht Don Estevan dies übernommen hätte. Was habt Ihr zu entgegnen, Cuchillo?«
Der Gefragte blickte um sich, als befinde er sich im Fieber. Ein Leugnen war unmöglich. Sollte es keine Rettung, keine Gelegenheit zur Flucht mehr geben? Vielleicht. Aber vorher mußte er Rache nehmen an dem Manne, der sich seiner zum Verbrechen bedient und ihn nun so schmählich verrathen hatte.
»Nichts!« antwortete er.
»So gebt Ihr zu, der Mörder Marcos Arellanos zu sein?«
»Wir kamen in Streit und er unterlag.«
»Ihr kamt in Streit während er schlief und Ihr wachtet, und darum mußte er unterliegen. Das Gesetz der Savanne hat nur eine Strafe für diese That: den Tod. Ich bin gezwungen, dieses Urtheil auszusprechen. Habt Ihr Etwas gegen dasselbe einzuwenden, Sennores?«
»Nein; er sterbe,« meinte Pepe.
»Er sterbe,« fügte Bois-rosé bei.
»Und Ihr, Sennor Tiburcio?«
»Ich habe keine Gnade für ihn, dem ich in die Wüste folgte, um ihm den gerechten Lohn zu bringen!«
»Ihr habts gehört, Cuchillo. Oder dünkt Euch die Strafe ungerecht?«
Der Gefragte fühlte die alte Frechheit über sich kommen. Es war heut nicht das erste Mal, daß er einem so schmählichen Schicksale gegenüberstand. Klagen halfen nichts, und sollte er wirklich rettungslos verloren sein, so gab es noch einen Trost: die Rache an Don Estevan.
»Sie ist zu streng,« antwortete er, »denn ich habe Arellanos im Kampfe getödtet, und hätte ich nicht selbst von der That
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