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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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errichten, von wo aus sie doch nicht mit Sicherheit auf uns zielen können.«
    »Ich werde ihnen eine Kugel geben, denn jetzt ist es noch Zeit dazu,« sprach Pepe.
    »Laß mich dies thun!« bat Bois-rosé. »Ich möchte einmal die Tragkraft dieser englischen Flinte probiren.«
    Da er seitwärts zu zielen hatte, so war er gezwungen, den Lauf des Gewehres weiter als bisher zwischen den Steinen der Verschanzung hervorzuschieben. Er drückte ab; zu gleicher Zeit aber blitzte es auch gerade gegenüber auf, und die Kugel El Mestizo’s schlug mit solcher Gewalt auf den Lauf der Flinte, daß diese seinen Händen entfuhr und weit hinüber in den See geschleudert wurde.
    Wäre der Kanadier nicht ein so starker Mann gewesen, so hätte ihm der fürchterliche Prellschlag die Hand zerschmettern oder sonst erheblich beschädigen müssen.
    »Teufel, war das ein guter Schuß!« rief er, sich die Hände reibend. »Das ist kein Anderer als dieser Mestize gewesen! Aber nun wissen wir wenigstens, was jene Lederverschanzung für einen Zweck hat. Sie wurde mit Bedacht da schief drüben angelegt, damit wir beim Zielen den Lauf weit sehen lassen müssen. Sie wollen uns entwaffnen, und ich bin nur froh, daß ich diesen Schuß nicht mit meiner guten Büchse unternommen habe, die ebenso verloren wäre, wie die Flinte Don Estevans. Das habe ich Deinem Einfalle, unsere Büchsenkugeln zu sparen, zu verdanken, mein Fabian!«
    Pepe ergriff einen heruntergeschossenen Fichtenast und richtete ihn mit Hülfe seines Messers so vor, daß er die Gestalt eines Büchsenlaufes bekam.
    »Rosenholz, thue mir doch einmal den Gefallen, mit diesem Holze zu schießen; ich werde dabei dem Sennor Mestizo Eins auf das Leder brennen!«
    »Sollten sie uns wirklich für so wenig witzig halten, auf den Verlust der Flinte nochmals im Ernste zu feuern?«
    »Pah, es kommt ja auf den Versuch an!«
    Er machte sich schußfertig, und Bois-rosé steckte den Ast langsam und zögernd, wie er es mit der Büchse gethan hätte, durch den Zwischenraum zweier Steine hervor.
    Wirklich krachte drüben der Schuß; der Ast wirbelte, gut getroffen, durch die Luft, aber Pepe hatte den Augenblick des Aufblitzens gut wahrgenommen und auch abgedrückt. Ein Schrei bewies, daß seine Kugel ihr Ziel nicht verfehlt habe.
    »Eine neue Kerbe!« rief er frohlockend.
    »Oder auch nicht, Pepe!« entgegnete der Kanadier. »Der Schrei klang nicht wie der Todesschrei eines Menschen, sondern wie der Wuthschrei eines Verwundeten. Der Teufel muß diesen Mestizen schützen, daß er nicht zum Tod zu treffen ist.«
    Wieder verging eine lange Zeit, ohne daß sich etwas Besonderes bemerkbar gemacht hätte. Die Sonne senkte sich hinter dem westlichen Horizont hinab; es war nicht mehr fern zur Dämmerung, und noch immer herrschte drüben tiefes Schweigen und ungestörte Regungslosigkeit.
    »Sie werden die Nacht abwarten wollen, um uns zu überfallen,« meinte Pepe.
    »Das werden sie bleiben lassen. Wir sind Drei gegen Sechs. Unsere Festung ist uneinnehmbar. Im Gegentheile habe ich große Lust, sie zu überrumpeln. Wenn wir jene Schlucht benutzen, können wir ihnen in den Rücken gelangen.«
    »Sie aber auf demselben Wege auch herab zu uns.«
    »Es ist sehr wahrscheinlich,« bemerkte Fabian, »daß sie Etwas unternehmen werden, um unser Entweichen zu verhindern, denn es ist klar, daß wir die Dunkelheit benützen werden, um die Pyramide zu verlassen. Nach der Ebene hinab ist der Weg – – –«
    Er hielt inne und deutete mit dem Arme nach der Richtung hin, welche er soeben angedeutet hatte.
    »Siehst Du, mein Vater, daß ich Recht habe?«
    Dort, wo das erschossene Pferd des Indianertödters lag, bewegten sich die Gestalten zweier Indianer, zu denen sich bald noch zwei weitere gesellten. Sie ließen sich in der Nähe des Kadavers nieder und nahmen eine Stellung ein, aus welcher zu ersehen war, daß sie sich zu einem längeren Verweilen entschlossen hatten.
    »Sie sollen uns einschließen. Pah, das dürfte ihnen schwer werden,« meinte Bois-rosé. »Der Weg über dem Hügel, über welchen wir gekommen sind, bleibt uns auf jeden Fall – Alle Wetter, die Schurken verlegen uns auch dort die Bahn!«
    Sie wandten ihre Augen nach der angegebenen Richtung und gewahrten Red-Hand und Sang-Mêlé, welche beschäftigt waren, einen Haufen Aeste und Reiser zusammenzutragen, welcher so groß war, daß er wohl den größten Theil der Nacht hindurch diesen ganzen Theil der Gegend erleuchten konnte.
    »Und dennoch müssen wir von

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