Der Waldläufer
leibt und lebt!« rief Pepe. »Es ist ein Maler bei Wilson, welcher eine Brille trägt, die der Comanche Augen nennt.«
Das Bild wurde bewundert und Falkenauge mußte von seinem Zusammentreffen mit dem Montanamann erzählen.
Unterdessen waren die Kanoe’s alle fertig geworden, und man schickte sich zum Aufbruche an.
»Meine weißen Brüder werden in dem Kanoe sitzen, Falkenauge aber und Bisonmähne werden reiten am Ufer, der eine hüben und der andere drüben, um zu wachen über sie und die Spuren zu suchen, welche die Apachen und Räuber zurückgelassen haben.«
Dieser Gedanke war nur zu billigen. Bisonmähne letzte sich auf des Kanadiers Pferd, während er dasjenige des Miquelete am Zügel nahm, und Falkenauge ritt an das andere Ufer zurück. Bald setzten sich Reiter und Piroquen in Bewegung.
Bois-rosé saß Hand in Hand mit Fabian zwischen den Ruderern, welche das Fahrzeug mit außerordentlicher Schnelligkeit gegen die Wogen des Stromes trieben. Er war unendlich glücklich, seinen Liebling wieder zu haben, und auch Pepe Dormillon freute sich königlich, den jungen Grafen de Mediana so schnell und unerwartet wieder in Sicherheit zu wissen. Alle aber brannten vor Begierde, die Feinde zu erreichen, um sich mit ihnen messen zu können. –Es war am frühen Morgen, und die Vaquero’s saßen außer Zweien, welche auf Kundschaft ausgeritten waren, an den Ufern des Büffelsee’s. Auch die beiden Cibolero’s waren bei ihnen.
Die Gesellschaft sprach von dem sonderlichen Engländer und seiner Passion für den Renner der Prairie.
»Giebt es denn wirklich einen solchen Renner?« frug Franzesko, der junge Vaquero. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«
»Natürlich gibt es einen,« antwortete Encinas; »aber es ist gar nicht zu verwundern, daß Ihr ihn noch nicht gesehen habt, Sennor Franzesko, denn wie weit seid Ihr wohl in die Welt hinausgekommen?«
»Von der Hazienda del Venado bis hierher zum Büffelsee. Ist dies vielleicht noch nicht weit genug?«
»Die Welt soll noch ein wenig weiter sein, wie man zu sagen pflegt, mein kleiner Don Vaquero, und ich glaube, der weiße Renner der Prairie rennt nicht nur immer zwischen der Hazienda und dem Büffelsee hin und her.«
»Ist es denn ein gar so außerordentliches Thier?«
»Das will ich meinen! Es ist ganz unvergleichlich schön, und ein Läufer, na, ich sage Euch, es kommt im Trabe weiter, als der beste Renner im vollen Laufe!«
»Habt Ihr es schon einmal gesehen, Sennor Encinas?«
»Ja; aber nur von Weitem, doch ist auch das ein großes Glück zu nennen, da es nur wenige gibt, die näher an das Thier herangekommen sind.«
»Es ist ein Schimmel?«
»Allerdings.«
»So sind auch seine Ahnen Schimmels gewesen.«
»Wo denkt Ihr hin! Es ist gar nicht geboren worden, es hat weder Eltern noch Stammbaum.«
»Wie ist das möglich?«
»Ich weiß es auch nicht, nur ist so viel gewiß, daß es bereits vor sechshundert Jahren gesehen wurde.«
Encinas war wie alle gewöhnlichen Prairie-und Savannenmänner nicht frei von einer ziemlichen Portion Aberglauben.
»Aber wißt Ihr wohl, daß die Pferde erst vor dreihundert Jahren von Spanien herüber nach Amerika gekommen sind?«
»Per dios, seid Ihr ein kluger Mann, Sennor Franzesko! Seid Ihr vielleicht dabei gewesen, als sie herüberkamen? Und habe ich nicht soeben gesagt, daß es von keinem Pferde abstammt? Wozu brauchen wir also hier Eure spanischen Klepper? Es ist sechshundert Jahre alt, vielleicht sogar schon tausend, und niemals ist es gefangen worden?«
»Ich möchte aber doch beinahe sagen, daß ich es fangen würde,« behauptete Franzesko, der angehende Held.
»Ich glaube selbst, daß Ihr der Einzige wäret, dem dies gelingen würde, nach dem, was Ihr bereits geleistet habt. Wie viel wilde Mustangs habt Ihr wohl schon mit dem Lasso eingefangen und gezähmt?«
»Bisher leider noch keins.«
»So fangt bei dem weißen Renner an; desto größer wird die Ehre sein, wenn Ihr ihn fangt. Aber ich muß Euch sagen, daß dies noch keinem Vaquero gelungen ist. Die Hufe dieses Thieres sind härter noch als Feuerstein, und wer ihm zu weit folgt, den bekommt kein Mensch wieder zu sehen.«
»Hat es Einer schon zu weit verfolgt?«
»Ein Jäger von Texas, der es mir erzählt hat.«
»Und Ihr müßt es uns auch erzählen. He, Sanchez, gieb doch einmal dem Sennor Encinas einige Schluck Meskal; es gibt kein besseres Mittel das Gedächtniß aufzufrischen, als diesen Trank!«
»Was Ihr schon klug und weise seid, Sennor Franzesko!
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