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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Das Wort »Inquisition« war für alle gleichbedeutend mit Folter, Verbrennung und Tod. Welch schaurig-schöner Gedanke!
    Wer immer der von diesem Ozo Beobachtete sein mochte: Wenn er in den Fängen der Inquisition gelandet war, drohte ihm ein grauenvolles Schicksal. Neugierig drängten sich die Leute vor.
    »Hahaha!« Orantes brüllte plötzlich vor Lachen.
    »Hahaha! Das ist gut!« Er schlug Ozo so kräftig auf die Schulter, dass dieser in die Knie ging. »Du bist mir vielleicht einer!«
    Blitzschnell drängte er den Jungen an die Stadtmauer ab und wandte sich zurück zur Menge: »Das Ganze war ein Scherz!«, rief er fröhlich. »Geht jetzt eurer Wege, Leute!
    Bei diesem Jesus handelt es sich um einen Schwager von mir. Ozo wollte nur ein bisschen im Mittelpunkt stehen. Wie junge Leute halt sind, ihr versteht schon. Hahaha!«
    »Aber nein, ich ...«, hob Ozo an, doch ein schmerzhafter Fußtritt von einem der Zwillinge brachte ihn zum Schweigen. Die Menge brauchte einige Zeit, um Orantes' Erklärung zu begreifen. Enttäuschung machte sich breit. »So etwas nenne ich nicht witzig«, empörte sich eine stämmige Magd, die in vorderster Reihe stand.
    »Ich auch nicht!«, fielen ein paar andere Frauen ein.
    »Seid nicht so streng mit der Jugend!« Orantes trat vor und schob mit sanfter Gewalt die Frauen auseinander. »Es ist schon spät, und ihr habt alle noch nichts gekauft. Was sollen eure Männer sagen, wenn sie hungrig nach Hause kommen und kein Mahl vorfinden!«
    Zögernd und immer noch unmutig machten die Weiber sich davon.
    »Und nun zu uns beiden.« Orantes musterte Ozo scharf.
    »Du wirst mir jetzt alles haarklein erzählen, mein Junge, du wirst nichts auslassen und nichts hinzufügen. Der Markttag ist für dich beendet.«
    In der darauf folgenden Nacht lag Orantes lange wach. Seine Gedanken kreisten unablässig um den jungen Mann, den er in Begleitung von Emilio kennen gelernt hatte. Alles, was Ozo erzählt und beschrieben hatte, passte auf Vitus. Lange wehrte Orantes sich gegen den Gedanken, Vitus könnte in den Fängen der Inquisition gelandet sein. Doch sein Verdacht verdichtete sich immer mehr. Zu vieles sprach dafür. Auch die Tatsache, dass Vitus seinerzeit erwähnt hatte, er wolle nach Santander, und dass Orantes ein paar Wochen später, als er selbst sich dort aufhielt, vergebens nach ihm gefragt hatte. Niemand wusste von einem jungen Mann, der eine Passage nach England gebucht hatte. Niemand hatte mit dem Namen Vitus etwas anfangen können ...
    Wenn aber die schreckliche Vermutung Wahrheit war und Vitus sich in der Gewalt der Inquisition befand, wie konnte er ihm helfen? Was war zu tun? Stunde um Stunde grübelte Orantes. Erst gegen Morgen, als der Tag schon graute, kam ihm der rettende Gedanke. Er fiel in einen unruhigen Schlaf.



Der Bischof Mateo

    »Dieser Mensch ist angeklagt, vom Teufel besessen zu sein!
    Ihr, Abt Gaudeck, mögt Euch mit dem besten Gewissen der Welt für den Jungen verbürgen, allein, Ihr kennt weder die heiligen Pflichten bei inquisitorischen Prozessen, noch habt Ihr während solcher die vielen Gesichter des Teufels erblickt.«

    ...und darf ich Euer Allerkatholichsten Majestät nochmals meinen tiefsinnigen Dank sagen für das Vertrauen, das Euer Majestät in mich zu setzen bereit sind, nachdem sein Heiligkeit Gregor XJJJ. in Rom mich mit Euer Majestät gnädigem Einverständnis zum neuen Großinquisitor Kastiliens ernannt hat, auf dass im Norden Eures Reiches den ketzerischen Missständen endgültig Einhalt geboten werde. Also gebe ich Euer Majestät kund und zu wissen, dass es dem Allmächtigen in seiner unermesslichen Gnade gefallen hat, die Heilige Katholische Kirche gegen die Häresie allhier erfolgreich sein zu lassen…

    Die mit sorgfältigen Schwüngen über das Pergament gleitende Feder verhielt einen Augenblick, tauchte in ein akkurat ausgerichtetes Tintenfass ein und setzte sich wieder in Bewegung ...

    ... als Euer Majestät gehorsamster Glaubensstreiter darf ich nunmehr vermelden, dass der hiesige Landstrich –
    dank meiner Bemühungen – praktisch als ketzerfrei gelten kann. Alle Marranen Morisken und Protestanten wurden vor Gott und der Welt zur Rechenschaft gezogen, ordnungsgemäß angeklagt, verhört, geziemend gefoltert und ihrer gewohnten Strafe zugeführt.
    Durch diese gottgefälligen Maßnahmen kommen dem Reich – und damit Eurer Majestät – Gold und Landbesitz in vielfältigem Maße zu.
    So wurden von den Marranen insgesamt 161342 Dublonen

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