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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Feuer und Bratgut herauszufinden.« Er stand auf und schürte die Glut. Dann nahm er zwei weitere Fische und steckte ein Holzstäbchen der Länge nach durch die Körper. »Abstand halten und ständig drehen«, dozierte er, »dann verkohlt auch nichts.«
    »Eigentlich geht es uns ziemlich gut«, sagte Vitus kauend. »Komm, wir teilen uns das letzte Stück Forelle, bevor du die neuen machst.«
    »Kommt nicht in Frage. Ein guter Koch wird allein schon durch die Zubereitung satt.«
    »Wenn du meinst.« Vitus nahm sich das Stück unzerteilt und klaubte akribisch die Gräten heraus. Dann tauchte er es in eine Tunke, die ebenfalls vom Magister hergestellt worden war, und schluckte es genussvoll hinunter. »Alles, was das Zellenleben erträglicher macht, besorgt uns Nunu«, stellte er zufrieden fest. »In der Tat!
    Nimmt der Herr noch ein Stück Frischgebratenes?«
    Vitus lachte: »Nein, oh Meister aller Köche! Ich kann beim besten Willen nicht mehr!«
    »In deinem Alter muss ein Mann viel essen, sonst verkümmert er.« Der Magister grinste spitzbübisch.
    »Siehst es ja an mir.«
    »Unsinn.«
    »Sind gleich gar, die Kerlchen. Wir können sie morgen kalt essen.« Der kleine Mann drehte die Fische noch einmal um.
    Dann wurde er ernst: »Es ist nicht auszuschließen, dass Nunu uns das Leben nur so lange versüßt, wie er Hoffnung hat, mittels der Alraune bei Elvira zum Ziel zu kommen. Wir wissen weder, was er unternommen hat, um sich die Liebeswurzel zu besorgen, noch ob es ihm gelungen ist. In dieser Hinsicht war er in letzter Zeit stumm wie eine Auster. Irgendwann jedoch dürfte seine Geduld erschöpft sein. Bleibt nur zu hoffen, dass wir trotzdem weiter Einfluss auf ihn ausüben können.«
    »Hast Recht. Auch sein Bein ist so gut wie verheilt.«
    »Fast möchte man sagen »leider«.« Der Magister nahm die Fische vom Feuer, schob das Kohlebecken zur Seite und begann aufzuräumen.
    »Am besten wäre es, wir würden uns aus seiner Abhängigkeit befreien.«
    »Aus seiner Abhängigkeit oder gleich von ihm selbst.«
    »So radikal kenn ich dich ja gar nicht.«
    »Das habe ich hier gelernt.«
    »Tz, tz!« Der Magister schüttelte sein großes Haupt.
    »Wenn dir jetzt ein anderer gegenüberstände, hättest du dich gerade um Kopf und Kragen geredet.«
    Schwere Schritte erklangen draußen auf dem Gang. Sie waren noch weit entfernt, aber schon deutlich hörbar, denn die Freunde hielten ihre Kerkertür ständig offen. »Nunu naht«, verkündete der Magister.
    »Oder ein anderer schwerer, nicht hinkender Mann.«
    »Wollen wir wetten?«
    »Nicht nötig«, grinste Vitus, der auf den Gang hinausgetreten war. »Du hattest wie immer Recht ... Hallo, Nunu! Gut, dass du kommst, ich möchte mir noch einmal dein Bein ansehen.«
    »Gar nix siehste dir an.«
    »Warum so unfreundlich?« Vitus folgte dem Koloss in die Zelle und deutete auf das Bett. »Setz dich und roll schon mal den Strumpf runter.«
    »Gar nix mach ich.«
    »Ist irgendetwas?«, fragte der Magister.
    »Nix is, ihr kommt beide mit. Aber'n bisschen plötzlich!«
    »Aber wohin denn?« In Vitus kroch eine Ahnung hoch. Der Riese zögerte: »'s geht euch nix an, aber 's is'n neuer Inquisitor da. Is'n Bischof, soll'n scharfer Hund sein, Ignacio war'n Waisenknabe dagegen.«
    »Ein neuer Inquisitor? Ein Bischof?«
    »Ja, un er hat'n Assistenten, Schiefhals, der is noch schlimmer. «
    »Das mag ja alles sein«, sagte der Magister. »Aber was hat das mit uns zu tun?«
    »Biste bekloppt? Wenn der Neue erst spitzhat, dass ihr hier 'ne Extrawurst kriegt, komm ich in Teufels Küche!«
    Mit seinem schwieligen Zeigefinger fuchtelte er dem Magister vor dem Gesicht herum. »Los, rüber in die alte Zelle!«
    »Wir bleiben hier. Denk mal daran, was wir alles für dich getan haben.« Kampflustig wischte der kleine Gelehrte den Finger beiseite.
    »Maul halten! Wenn ihr nich wollt, mach ich euch Beine!« Nunu packte den Magister beim Hemdkragen, hob ihn hoch wie einen Bierkrug und stellte ihn hinaus auf den Gang. Drohend kam er wieder zurück: »Kommste freiwillig, Ketzerdokter, oder soll ich nachhelfen?«
    »Freiwillig. Aber meine Instrumente und die Arzneien nehme ich mit.«
    »Nimmste nich!« Nunus Rechte schoss vor und umschloss Vitus' Hals. »Ich drück dir'n Schlund ab wie 'nem Hühnchen, wennste nich parierst. Was is nu?«
    »Ich komme so mit«, krächzte Vitus.
    Resignierend ging er nach draußen zum Magister. Ihr Einfluss auf Nunu hatte sich, wenn auch aus ganz anderem Grund, in nichts

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