Der Wanderchirurg
Wassersucht, Don Francisco.«
Die Hausherrin kreischte auf. »Wassersucht! Ist sie sehr schlimm? Kann man sie heilen? Wie kommt das Wasser überhaupt in Don Franciscos Leib? Wir essen doch viel und gut!«
»Das glaube ich Euch alles, Dona Eugenia, ich will versuchen, Euch die Zusammenhänge zu erklären. Anschließend beginne ich mit der Therapie.«
Vitus nahm ein Tuch und wischte Don Francisco den Schweiß vom Oberkörper ab. »Bei Eurem Ehegatten liegt ein Überfluss an phlegma, also an Schleim, vor. Das heißt, die Mischung seiner Körpersäfte hat sich weit zum Kalten und Feuchten verschoben, wodurch sich die schon von Natur aus phlegmatische Konstitution Eures Gatten verstärkt. Verschlimmert wird dieser Umstand noch, verzeiht, wenn ich es offen sage, durch zu reichliches und falsches Essen und: wohl durch den Genuss von zu viel Wein.«
Er legte das Handtuch beiseite. »Magister, sei so gut, hole mir aus der Küche zwei Schüsseln.«
»Mach ich.«
»Danke. Nun, Dona Eugenia, könnt Ihr mir sagen, wie es um den Stuhlgang Eures Gatten steht?«
»Jesus und Maria!« Das Thema war der Hausherrin peinlich. »Ich glaube, er ist sehr, hmja ... unregelmäßig.«
Sie überlegte. »Aber Don Francisco hat, um sich selbst zu kurieren, bis vor kurzem nicht weniger als zwei Wochen gefastet!«
»Das ist interessant«, entgegnete Vitus, »es passt genau zum Krankheitsbild: Im Körper wurde dadurch ein Überfluss an schwarzer Galle ausgelöst, welcher eine weitere Verstärkung der kalten Komponente nach sich zieht. Als Folge daraus ergibt sich eine starke Abkühlung des Herzens, die auf die Lunge ausstrahlt. Das ruft eine mangelhafte Verbrennung der Atemluft hervor und als Folge davon wiederum eine ungenügende Versorgung mit dem vitalen Pneuma, welches durch die Verbrennung der Atemluft entsteht. Zusammenfassend möchte ich sagen: ein Mangel an Qualität des Heißen, beziehungsweise ein spektakuläres Übermaß an Kaltem, dem Prinzip des Todes.«
»Jesus und Maria!«, rief Dona Eugenia abermals und schlug verstört das Kreuz. Man sah ihr an, dass sie nichts verstanden hatte. Der Kranke stöhnte leise. »Wird er ... muss er ...?«, fragte sie hilflos.
»Nein, die Hydrops anasarcci« wie wir die Wassersucht nennen, lässt sich gut behandeln, vorausgesetzt, Ihr tut alles, was ich Euch sage.«
»Das verspreche ich Euch!«
»Hier, die Schüsseln.« Der Magister war aus der Küche zurück.
»Danke, stell sie aufs Bett. Don Francisco, hört Ihr mich?«
»Ja«, flüsterte der Kranke schwach.
»Gut, als Erstes nehme ich eine Paracentese vor: Ich steche mit der Lanzette in Euren Leib, damit das Wasser ablaufen kann.« Noch bevor Don Maximo etwas einwenden konnte, hatte Vitus eine Handbreit unter dem Nabel punktiert. Gelbliches Wasser schoss heraus, das er mit der ersten Schüssel auffing.
»Aaahh ... das ... tut gut!«, seufzte der schwere Mann. Nachdem die Quelle versiegt war, verschloss Vitus sie mit einem Emplastrum. »So, und nun lasse ich Euch zur Ader. Bitte macht eine Faust.«
Der Kranke gehorchte, die blauen Stränge in seiner Armbeuge traten weit hervor. Vitus nahm aus seinem Instrumentarium einen Schnäpper, spannte ihn und ließ den Dorn auf die Haut schnellen. Das hervorspritzende Blut fing er mit der zweiten Schüssel auf. Als sie halb voll war, unterbrach er den Blutstrom und band die Wunde mit einer Kompresse ab.
»Nun zu den Medikamenten: Zur Bekämpfung der Wassersucht bedarf es warmer, trockener Arzneien, denn die Krankheit ist, wie gesagt, kalter und feuchter Natur.«
Er winkte die Hausherrin heran. »Dona Eugenia, gebt Eurem Gatten in den nächsten Tagen nur leichte Kost, also Gemüse, Obst und frisches Brot, von allem wenig, das ist wichtig, damit er abnimmt. Reicht ihm dazu viel Honig, denn Honig ist von Natur aus warm. Ihr dürft dem Honig von Fall zu Fall etwas Wein zusetzen, aber wohlgemerkt: nur etwas!« Er stellte die Schüssel auf einen Tisch neben dem Bett. »Um den Stuhlgang Eures Gatten wieder zu normalisieren, rate ich Euch zu einem sanften Abführmittel: Es besteht aus fünf Löffeln Gänsefett und einem Löffel Rizinusöl. Beides zusammen lasst Ihr kurz aufkochen und verabreicht es, sobald sich das Gebräu auf Fingerwärme abgekühlt hat. Danach darf Don Francisco etwas Wein trinken. Aber nur etwas! Am besten wäre, er würde überhaupt keinen Alkohol zu sich nehmen.«
»Keinen Alkohol, jawohl, und fünf Löffel Gänsefett und ein Löffel Rizinusöl.«
»Genau. Ebenfalls wichtig ist
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