Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
Vom Netzwerk:
Schwesterschiff der Cacafuego kann verdammt gut Feuer speien«, stellte er kurz darauf trocken fest, als auch der Hauptmast der Argonaut brach. Der Leib des Schiffs, das nach den fünfzig griechischen Helden benannt worden war, die das Goldene Vlies in Kolchis holten, krängte bereits deutlich nach Backbord.
    »Evans soll um Gottes willen zusehen, dass er Abstand hält! Wenn der Spanier erst einmal auf Enterreichweite heran ist, dann gute Nacht. Der Bursche muss Hunderte von Soldaten haben.«
    John Fox knurrte: »Der Spanier zeigt uns sein Heck, als gäbe es uns nicht, während seine Steuerbordseite sich mit der Backbordbatterie der Argonaut beharkt. Allerdings schießen Evans' Männer nur noch Einzelfeuer, für Breitseiten langt es nicht mehr, die ganze Schiffswand sieht aus wie ein löchriger Kessel. Ich schlage vor, Sir, wir geben einen Strich Backbordruder, zwar kommen wir dann in Leeposition, aber die Dons dürften kaum einen Vorteil daraus schlagen, dafür werden unsere Culverins an Steuerbord schon sorgen.«
    »Steuerbordbatterie klar zum Feuern, Sir!«, kam es in diesem Augenblick von Reffles. Fast gleichzeitig meldete Mahon die Backbordseite gefechtsbereit.
    Taggart vernahm es mit Genugtuung, was er allerdings nicht zeigte. Die Zeit bis zur Kampfbereitschaft hatte keine zehn Minuten gedauert. Das war nicht schlecht, wenn auch noch nicht gut genug. Das Nachladen der Guns würde sogar noch schneller gehen. »Wir greifen genauso an, wie Ihr es vorgeschlagen habt, John. Bitte veranlasst dazu alles Notwendige. Mit unserer größeren Reichweite wird die Senora kräftig Schläge einstecken müssen, ohne selbst welche austeilen zu können. Wäre doch gelacht, wenn wir die Dons nicht Sturmreifschießen würden.«
    »Aye, aye, Sir.«
    »Dann los.« In Taggarts Augen blitzte es, während er seinen Degen zurechtrückte. »Das Tänzchen mag beginnen.«

    Es war, als würden sich die Donner eines Gewitters direkt über ihren Köpfen entladen. Jeder Schlag teilte sich ihnen unmittelbar mit, ließ ihre Körper zusammenzucken, dröhnte in ihren Ohren und ließ sie spüren, wie zerbrechlich klein sie waren. Vitus schätzte, dass seit Beginn ihres Eingreifens eine halbe Stunde vergangen war. Was mochte oben an Deck vorgehen? Wie stand die Schlacht? Er sehnte sich danach, etwas tun zu können - und sorgte sich gleichzeitig um die Gesundheit der kämpfenden Falcons.
    Wooommmmm!
    Wieder eine schwere Salve der eigenen SteuerbordBatterie. Durch die Kraft des Rückstoßes legte die Falcon sich nach Backbord über. Vitus fasste sich an die Ohren, die er, genau wie die Gunner über ihm, mit einem über dem Kopf zusammengeknoteten Schal zu schützen versuchte - allerdings war die Wirkung bei dem infernalischen Lärm gleich null.
    »Wie der Fuchs in der Falle!«, rief der Magister.
    »Was sagst du?«
    »Wir sitzen hier wie der Fuchs in der Falle!«, schrie der kleine Gelehrte nochmals. »Wenn wir einen Unterwassertreffer kriegen, saufen wir in Sekunden ab!«
    »So weit ist es noch nicht. Wenn ich's richtig mitbekommen habe, hat der Spanier bisher nur zwei oder drei Breitseiten abgefeuert, und die lagen allesamt zu kurz.« Vitus inspizierte zum wiederholten Mal den Operationstisch und richtete daneben die Aderpressen und die Knochensägen aus. Alles lag für den schnellen Einsatz parat: Verbandstoff, verschiedene Nadeln zum Setzen von Ligaturen, Skalpelle, Lanzetten, Schienen, Zangen, Haken und Pinzetten jeder Größe. Dazu der Kugelholer, ein Gerät, an dessen langem, dünnem Griff eine hohle Halbkugel mit scharfen Rändern saß. Man stieß die Halbkugel in den Schusskanal und versuchte, mit schälenden Bewegungen das Geschoss darin einzufangen. Gelang dies, zog man den Kugelholer auf die gleiche Weise wieder heraus.
    Gegen die Schmerzen hatte Vitus sich mehrere Flaschen Brandy geben lassen. Alkohol war das einzige Narkotikum, auf das er zurückgreifen konnte, denn Opium für die Spongia somnifera war nicht mehr vorhanden.
    »Irgendwann ruft der Große Machöffel uns sowieso, un wir müssen abstieben.« Der Zwerg saß wie ein Püppchen auf einem der Beistelltische.
    Wommm!, klang es entfernt. Das musste abermals ein Gruß der Senora gewesen sein.
    »Habt ihr's auch geschallt?« Enanos Fistelstimme wurde lauter. »Ich glaub, der damische Span!«
    Ein dumpfes Krachen unterbrach ihn. Es folgte ein Zittern, das sich durch den gesamten Schiffsleib zog. Die Falcon war getroffen worden! Doch wo? Die drei blickten sich um. Jeden Augenblick

Weitere Kostenlose Bücher