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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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ersten; er wies an der Unterkante ebenfalls zwei halbrunde Mulden auf. Durch das Aufsetzen hatten sich zwei Löcher gebildet. Der Delinquent, der vorher seine Handgelenke auf die unteren Mulden gelegt hatte, konnte nun die Hände nicht mehr herausziehen.
    Nunu erklärte weiter: »... un dann sin die Hände fest, un der Folterknecht kann damit machen, was er will.«
    Er ging hinüber zum Schemel und brachte die daraufliegenden Gegenstände mit. Zuerst hielt er Vitus die gelben Hölzchen unter die Nase. »Die Schwefelhölzchen wer'n unter die Fingernägel geschlagen un angezündet, 's gibt 'n lustiges Feuer.« Dann nahm er den eisernen Handschuh und stülpte ihn Vitus über die Rechte. »Passt«, sagte er. »Aber weil's der Glühende Handschuh is, muss er aus'm Feuer kommen, sonst zwickt's ja nich!«
    »Hast du nicht die Anwendungsmethoden beim Block vergessen, Nunu?«, mahnte Ignacio.

Der Kerkermeister guckte dumpf, dann lachte er hässlich auf. »Wenn man im Block die Füße drinne hat, läuft die Ziegenfolter un im Mund die Urinfolter.«
    Fragend blickte er zu Ignacio und Don Jaime.
    »Erkläre die beiden Methoden«, nickte Ignacio. »In allen Einzelheiten.«
    »Jawohl, Hochwürden. Die Ziegenfolter is mit Salz auf'n Sohlen. Die Ziege leckt's Salz ab, und's kitzelt 'n bisschen. Aber's kommt immer wieder Salz drauf, un die Ziege leckt immer weiter, un weilse so 'ne raue Zunge hat, lecktse die Haut un das Fleisch un alles ab, bis auf'n blanken Knochen.« Vitus merkte, wie ihm übel wurde. Ignacio griff mit Appetit nach einer Nuss.
    »Nu, nu, die Ziegenfolter macht immer die Ratte«, fuhr Nunu fort, »un am Kopf steh ich un mach die Urinfolter: Die Hände vom Ketzer sin dabei gefesselt, un um'n Hals is'n Strick, der Ketzer kann sich nich rücken un rühren. Dann drück ich ihm den Trichter tief in/n Hals rein, un ich gieß Pisse in n Trichter. Der Ketzer muss nu schlucken, ob er will oder nich.«
    Vitus übergab sich. Das Erbrochene spritzte auf den Boden. »Dummes Ketzerschwein!« Der Kerkermeister stürzte sich auf Vitus, doch die Stimme von Ignacio hielt ihn zurück: »Das Züchtigen mit der bloßen Hand ist während der Folter nicht zulässig! Mach weiter, Nunu, und kümmere dich nicht darum.«
    »Jawohl, Hochwürden.« Widerstrebend fügte sich der Koloss. »Bitte einen Becher Wasser«, stöhnte Vitus.
    »Haben wir Wasser für den Angeklagten?«, fragte Ignacio.
    »Nein«, antwortete Pater Alegrio. »Nunus Gehilfe hat heute Mittag nur Suppe geholt, ich hoffe, er bringt etwas Wasser mit, wenn er mit den Kerzen zurückkommt.«
    »Wo bleibt der Mann bloß so lange?«, wunderte sich der Inquisitor. »Nunu, fahre fort.«
    »Jawohl. Also, der Ketzer muss die Pisse schlucken, ob er will oder nich. Die Pisse ham wir aus'm Exkrementekübel oder«, er grinste viel sagend, »wir helfen uns selber.« Er ging zur Mitte des Raums und deutete nach unten. »Die Steine da sin für'n Trockenen Zug. Dem Ketzer wer'n die Hände hinterm Rücken gebunden, un am Knoten wird er mit'm Seil hochgezogen. Weil die Arme hinterm Rücken sin, kugeln die Schultern aus, un die Ketzer schreien.« Nunu lächelte. »Wenn die Schultern nich auskugeln wolln, hängen wir noch'n Stein an die Füße, 'n kleinen oder 'n großen oder alle.«
    »Richtig«, schaltete sich Ignacio ein, »wenn der Delinquent dergestalt hängt, dauert es meistens nicht lange, bis das Geständnis fällig ist. Wie steht's jetzt damit, Angeklagter?« Vitus biss die Zähne zusammen und schwieg. „Wenn das Geständnis beim Trockenen Zug nicht kurzfristig kommt«, fuhr Ignacio fort, »gehen das Gericht und die Folterer meistens zu Tisch und lassen den Delinquenten mit sich und seinem Schmerz allein. Spätestens um Mitternacht allerdings sind sie zurück, denn nach der Prozessordnung hat die Folter zu diesem Zeitpunkt zu enden. Am folgenden Tag in der Frühe ist sie dann fortzusetzen.«
    »Is 'ne hübsche Übung«, grinste Nunu. Er bückte sich und hob die zwei mit Eisenspitzen gespickten Platten auf.
    »Die Spanischen Stiefel setz ich vors Schienbein, un von hinten kommen die Schellen rum. Schellen un Platten haben Gewinde un Muttern, un ich dreh so lange an'n Muttern, bis du die Eisenspitzen im Knochen hast, Ketzerdokter, un dein Schienbein bricht, 's tut höllisch weh!«
    »Nunu«, befahl Ignacio unwillig, »beschränke deine Erklärungen auf Funktion und Anwendung der Instrumente. Das muss laut Prozessordnung genügen. Es ist nicht statthaft, dem Delinquenten mit den sich daraus

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