Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wandermoerder

Der Wandermoerder

Titel: Der Wandermoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Starr
Vom Netzwerk:
Baumwolle unterscheiden. Sie wussten, von welchen Körperteilen ein Haar stammte, ob es einem Erwachsenen oder einem Kind gehört hatte und welcher Rasse der Träger angehört hatte. Ende des 19. Jahrhunderts wurden Prozesse im Falle von sexuellen Übergriffen entschieden, weil Experten unter dem Mikroskop vermischte Schamhaare identifiziert hatten.
    Die amerikanischen Autoren Francis Wharton und Moreton Stille schilderten unter anderem einen Fall in Norwich, England. Ein kleines Mädchen war mit durchschnittener Kehle tot auf einem Feld aufgefunden worden. Da die Mutter seltsam gefasst war, verhörte man sie. Sie behauptete, sie habe sich von ihrem Kind entfernt, während sie Blumen gepflückt habe, und bestritt, etwas über den Tod des Mädchens zu wissen. Als die Polizei ein langes Messer mit ein paar winzigen Haaren am Griff bei ihr fand, behauptete sie, dass die Haare von einem Hasen stammten, den sie zum Essen geschlachtet habe. Ein Mikroskopist identifizierte sie jedoch als Eichhörnchenhaare. Das Kind hatte einen Schal aus Eichhörnchenfell getragen, und die Fasern vom Schal passten zu denen am Messer. Angesichts dieser Beweislage legte die Mutter ein Geständnis ab.
    Andere Indizien lieferte die Untersuchung von Staubteilchen, die selbst die vorsichtigsten Verbrecher nicht beseitigen konnten. Staub aus einer Tasche, aus dem Gewebe eines Mantels oder aus der Rille eines Taschenmessers verriet, wo der Verdächtige gewesen war oder womit er sein Brot verdiente. Gross verwies auf eine Jacke, die an einem Tatort zurückgelassen worden war. Sie enthielt keine sichtbaren Hinweise auf den Eigentümer, aber die Ermittler stopften sie in einen schweren Papiersack, klopften sie mit Stöcken aus, sammelten den Staub und untersuchten ihn. Er bestand zum größten Teil aus Sägemehl, was darauf hindeutete, dass der Verdächtige Schreiner war oder in einer Sägerei arbeitete. Aber sie fanden auch Gelatine und Leimpulver. Beide wurden damals von Schreinern kaum benutzt. »Daraus schlossen sie, dass die Jacke einem Tischler gehörte«, schrieb Gross. Später bestätigte sich diese Vermutung.
    Das Mikroskop und eine chemische Analyse halfen Ermittlern, Blutflecken zu identifizieren. Getrocknetes Blut ähnelte vielen Substanzen, zum Beispiel Rost, Sporen, Kautabak, Farbe oder Pflanzenresten. Um es von anderen Substanzen zu unterscheiden, benutzten die Experten chemische Tests, vor allem einen Test, den der niederländische Wissenschaftler J. Izaak van Deen entwickelt hatte. Der Ermittler goss Guajak, ein Harz aus der Rinde eines tropischen Baumes, auf eine Substanz, die möglicherweise Blut war, und fügte dann Wasserstoffperoxyd hinzu. Bestand die Probe aus Blut, reagierten die Chemikalien mit dem Hämoglobin in den roten Blutkörperchen und färbten es innerhalb von Sekunden saphirblau. Für eine genauere Diagnose benutzten sie – wie Lacassagne im Fall Badoil – ein Spektroskop.
    Wenn die Polizei einen Verdächtigen mit Blut an der Kleidung oder an den Händen fand, pflegte dieser vor allem auf dem Land zu behaupten, er habe vor Kurzem ein Tier geschlachtet. Darum war es wichtig, Menschenblut von Tierblut zu unterscheiden. Zu diesem Zweck untersuchte ein Experte unter dem Mikroskop die Größe und Form der roten Blutkörperchen. Keine zwei Arten haben gleiche Zellen: Vögel, Fische und Reptilien haben längliche rote Blutkörperchen mit deutlichen Zellkernen, die Zellen von Säugetieren sind scheibenförmig, haben eine Mulde in der Mitte und besitzen keinen Zellkern. Die Blutkörperchen der Säugetiere sind ihrerseits unterschiedlich groß, wobei ihre Größe sich jedoch nicht nach der Größe des Tieres richtet. Die roten Blutkörperchen einer Maus sind größer als die eines Löwen, während die eines Menschen größer sind als die eines Rindes oder Pferdes. George Gulliver, ein britischer Chirurg, der jahrzehntelang Blutkörperchen von rund 600 Spezies untersuchte, schrieb, Menschen hätten die größten roten Blutkörperchen, dicht gefolgt von Hunden. Der Größenunterschied war winzig, ließ sich aber mit den kalibrierten Mikroskopen jener Zeit leicht feststellen. Nach der Jahrhundertwende entwickelte der deutsche Wissenschaftler Paul Uhlenhuth einen einfachen und schnellen Test für menschliches Blut, der auf Antikörperreaktionen basierte. Diese Methode wird heute noch verwendet.
    Experten lernten, auch darauf zu achten, wo und in welcher Form Blut auftrat. Sie suchten an den ungewöhnlichsten Plätzen nach Blut,

Weitere Kostenlose Bücher