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Der Wandermoerder

Der Wandermoerder

Titel: Der Wandermoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Starr
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Bauernfamilie in ­Cour­zieu, nach Hause holte. Ein Metzger, der in einer Kutsche durch den Wald fuhr, peitschte panisch auf sein Pferd ein, als er einen Fremden sah, um schnell zu fliehen. Diese kleinen Vorfälle zeigen die Befindlichkeit der Menschen in der Region. Sie fühlen sich nicht mehr sicher …
    Die traditionelle französische Polizei mochte ihre Schwächen haben, doch sie hatte auch ihre Stärken, vor allem beim Sammeln von Informationen. Die besten Beamten waren auch gut in der Aktenarbeit. Vidocq wurde zwar für seine Husarenstücke berühmt, aber er war auch ein ausgezeichneter Aktensammler. Der Fußboden in seinem Hauptquartier in der düsteren Pariser Sûreté ächzte unter dem Gewicht von über drei Millionen Blättern Papier, die sich auf Zehntausende von Verbrechern bezogen. Wenn ein Ganove einmal festgenommen worden war, begleitete ihn seine »anthropomorphe Karte« ein Leben lang. Ende des 19. Jahrhunderts bestand die »wissenschaftliche Polizeiarbeit« vor allem daraus, Verbrecher zu vermessen, ihre Persönlichkeitszüge festzuhalten und ihre Verbrechen anhand eines »Arbeitshandbuches« (wie Lacassagne es nannte) zu identifizieren. Und dafür brauchte man Aufzeichnungen.
    Also begann Fourquet mit der Papierarbeit. Er arbeitete allein »in der Stille und Einsamkeit der Nacht« und fasste seine Informationen in zwei Tabellen zusammen. Die eine widmete er dem Tathergang. Sie enthielt alle Daten aus Autopsien und Polizeiberichten. Auf der linken Seite des Bogens listete er von oben nach unten die acht Verbrechen auf. Oben teilte er den Bogen von links nach rechts in Kategorien ein. Dazu gehörten unter anderem die Position der Leiche, die wahrscheinliche Mordwaffe, der Zustand des Kopfes, des Halses, der Brust und des Unterleibes sowie Indizien für eine Vergewaltigung oder andere Art von »Verstümmelung«. In die einzelnen Kästchen trug er die Daten jedes Falles ein.
    Die andere Tabelle diente der Identifizierung des Täters. Fourquet listete die Verbrechen auf der linken Seite des Bogens auf und die körperlichen Merkmale des Verbrechers – zum Beispiel Alter, Größe, Haarfarbe, Narben und andere »besondere Merkmale« – oben auf der Seite.
    Als beide Tabellen vollständig waren, unterstrich Fourquet alle gemeinsamen Elemente mit blauer Farbe – und entdeckte Muster in diesem Spinnennetz aus blauen Linien. Zum Beispiel wiesen fast alle Leichen klaffende Schnittwunden am Hals auf: »Die Wunden befanden sich im Wesentlichen an der gleichen Stelle.« Mehrere Leichen hatten eine »riesige Wunde« vom Brustbein bis zum Schambein, und der Bauch war »ausgeweidet«.
    Fourquet war klar, dass dieses Muster auf eine bestimmte Methode hinwies. Der Mörder tötete seine Opfer, indem er ihnen mit einem sehr scharfen Messer oder Rasiermesser den Hals aufschlitzte. Dann schleifte er sie an einen anderen Platz, oft hinter eine Hecke, wo er sie verstümmelte.
    Auch die Hinweise auf den Täter glichen sich. Zeugen beschrieben einen etwa dreißigjährigen Vagabunden mit schwarzem Haar, dunklen Augenbrauen, schwarzem Bart und dunklen Augen. Mehrere Zeugen sagten aus, dass der Mund des Mannes sich beim Sprechen verzerrt habe, dass er einen großen Sack auf der Schulter getragen und bedrohlich ausgesehen habe.
    Danach versuchte Fourquet, ein genaueres Täterprofil zu erstellen. Aus der Akte über den Fall Portalier wählte er ein Dutzend Zeugen aus, die eine ziemlich klare Beschreibung geliefert hatten, bestellte sie zu sich und ging mit ihnen ihre Aussage durch. Er fragte sie erneut nach dem Alter, der Größe und dem Aussehen des Landstreichers und wollte wissen, wie dieser sich verhalten und gesprochen habe und ob ihnen an seinem Gesicht etwas aufgefallen sei, zum Beispiel irgendwelche Wunden.
    Diese mühevolle Arbeit dauerte Wochen, doch am 10. Juli konnte er 250 Untersuchungsrichtern in ganz Frankreich einen Haftbefehl – »Rechtshilfeersuchen« genannt – schicken. Unter der Überschrift »Sehr wichtig« wies er seine Kollegen auf einen etwa 30 Jahre alten Landstreicher mittlerer Größe hin, der schwarzes Haar, einen schwarzen Bart, schwarze Augen und ein knochiges Gesicht hatte. Sie sollten auf »gewisse Merkmale« achten, etwa »eine verzerrte Oberlippe, die beim Sprechen zu einer Grimasse wird … Wegen seines deformierten Mundes hat er einige Mühe zu sprechen … Sein rechtes Auge ist blutunterlaufen, und das untere Lid dieses Auges hat eine kleine Narbe … Er trägt einen großen

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