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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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ich denn …«
    »Nimm einfach mein Blut«, unterbrach Gaia sie. »Myrna sagte, ich sei eine Universalspenderin. Wir geben ihm einfach mein Blut.«
    Einen Moment ließ Sephie nachdenklich den Blick auf Leon ruhen. Dann nahm sie die Kanüle und schloss sie rasch an den Katheter.
    »Setzt dich hier hin.« Sie nickte mit dem Kinn, und Gaia lehnte sich direkt neben Leon an die Wand. »Wir beginnen mit dir, sonst haben wir Luft im Schlauch.«
    »Beeil dich.« Gaia hielt Sephie den rechten Arm hin.
    Leons Gesicht wirkte grau und eingefallen. Jede Sekunde konnte er zu atmen aufhören.
    »Mach eine Faust.«
    Gaia gehorchte. Sephie legte den Schlauch zurecht, dann stach sie die Kanüle in Gaias Vene.
    »Hier«, sagte sie. »Festhalten.«
    Gaia hielt die Kanüle fest und sah zu, wie ihr Blut den transparenten Schlauch füllte, bis er selbst wie eine freigelegte Vene aussah. Sephie nahm eine zweite Kanüle aus der Tasche und befestigte sie am Ende des Katheters. Gaias Blut strömte weiter und begann, aus der Spitze zu tropfen, woraufhin Sephie den Schlauch knickte und den Blutfluss unterbrach. Dann nahm sie ihn zwischen die Zähne, damit sie die Hände frei hatte, und beugte sich über Leon. Im selben Moment, in dem sie ihm die Nadel in den Arm stach, ließ sie den Schlauch los, sodass Gaias Blut wieder zu fließen begann. Sie waren jetzt direkt miteinander verbunden; ihr Blut floss in seine Vene.
    Gaia lehnte stumm den Kopf an die Wand, während Sephie die blutgetränkten Fetzen auf Leons Wunden durch saubere Verbände aus ihrer Tasche ersetzte. Dann drehte sie ihn vorsichtig um und verband auch einen Streifschuss auf seinem Rücken.
    »Sobald er zu bluten aufhört und sich stabilisiert, kann ich mich um die Kugeln kümmern.«
    »Kümmere dich doch gleich darum«, bat Gaia.
    »Das wäre nicht gut«, widersprach Sephie. »Sie jetzt herauszuholen, würde ihn zusätzlich schwächen. Geben wir ihm erst Zeit, sich zu stabilisieren.«
    Gaia suchte in Leons Gesicht nach einem Zeichen, dass er wieder zu sich kam. Sie berührte ihn sanft am Arm, traute sich aber nicht, ihn zu schütteln, damit sich der Schlauch nicht löste.
    »Ich bin froh, dass ich dich nicht getötet habe, Schwester«, sagte Gaia.
    »Ich auch.«
    Sephie kontrollierte noch einmal den Sitz der Verbände, dann richtete sie sich auf.
    »Du wirst doch jetzt nicht etwa gehen?«, fragte Gaia.
    »Willst du denn, dass ich bleibe, während andere Hilfe brauchen?«, entgegnete Sephie. »Es gibt noch Verletzte, die bessere Karten haben als er. Es tut mir leid – aber mehr kann ich im Augenblick nicht für ihn tun.«
    Gaia wollte nicht vernünftig sein. Sie wollte, dass Sephie blieb. Doch sie schwieg.
    Die Ärztin fasste sie noch einmal am Arm. »Lass die Kanüle noch höchstens fünf Minuten drin, nicht länger. Sonst hast du selbst nicht mehr genug Blut.«
    »Es ist mir egal, was aus mir wird.«
    »Reiß dich zusammen, Gaia. Hörst du? Er war so gut wie verloren – und ich habe dir nicht geholfen, bloß damit du aus lauter Liebeskummer Selbstmord begehst. Fünf Minuten – nicht mehr. Schau auf deine Uhr.«
    Sephie zog Gaia ihre Taschenuhr über den Kopf, öffnete den Deckel und legte sie so hin, dass Gaia sie sehen konnte. Es war 12.55 Uhr. Auf der Innenseite des Deckels schimmerte die alte Gravur: Das Leben zuerst. Gaia spürte ein leichtes Kribbeln und ließ den Kopf wieder zurücksinken.
    »Danke«, sagte sie.
    Sephie erhob sich. »Sind wir damit quitt?«
    »Ich werde immer in deiner Schuld stehen.«
    Sephie schenkte Gaia noch ein unsicheres Lächeln. Dann rief in der Ferne jemand nach einem Arzt, und sie griff sich ihre Tasche und lief los.
    Gaia blickte in Leons Gesicht. Wenigstens sah er friedlich aus. Seine Lippen waren leicht geöffnet, und sein Haar verbarg die Stiche auf seiner Stirn. Seine Wangen aber wirkten blass in den Schatten. Bei seinem Anblick überkamen Gaia tiefe Einsamkeit und Schmerz.
    »Du bist unmöglich«, sagte sie. Wieso musstest du Idiot dich auch mit deinem Vater anlegen?
    Doch sie kannte die Antwort: Er hatte mit ansehen müssen, wie Gaia gefoltert wurde, und das war für ihn unverzeihlich.
    12.57 Uhr. Irgendwie war ihr eine Minute entgangen. Allmählich wurde ihr auch ein wenig schwindlig, und ihr Körper war wie taub.
    »Ich wollte nur, dass alles gut geht«, sagte sie leise.
    Da flatterten seine Lider, und er schlug die Augen auf. »Du warst auf einmal weg.«
    Freude wärmte ihr das Herz. »Ich bin zurück«, sagte sie. Ihre Finger lagen

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