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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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aber sonst ganz gut. Sie ist wieder schwanger.«
    »Das wussten wir.«
    Gaia trat um den Tisch und betrachtete ihren alten Nachbarn. Dann schaute sie sich nach seiner Frau um, doch er war allein. »Wie geht es Amy?«
    »Es hat ihr das Herz gebrochen. Was glaubst du denn?«
    Gaia nahm ihn beim Arm und führte ihn beiseite. In knappen, stockenden Worten fasste Theo zusammen, wie es seiner Familie seit Gaias Flucht ergangen war: sein Schwiegersohn ermordet, seine Tochter Dauergast des Pro tektors, seine Enkel wuchsen an einem Ort auf, wo er sie nie würde sehen können. Gaia ihrerseits erzählte ihm ausführlich von ihrem Treffen mit Emily an diesem Nachmittag.
    »Es ist einfach falsch«, sagte Theo. »Alles ist falsch.«
    »Du gibst mir die Schuld«, stellte Gaia fest. »Das sehe ich doch.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, das tue ich nicht. Nicht jetzt, wo ich dich wieder vor mir sehe.« Zögernd breitete er die Arme aus, und sie umarmten einander. Sie konnte den erdigen Duft riechen, der den Töpfer wie immer umgab.
    »Es tut mir so leid«, sagte Gaia.
    »Vielleicht wird jetzt alles wieder gut«, sagte Theo leise.
    »Setz dich doch«, bat Derek. »Leiste uns Gesellschaft. Hier, nimm dir ein Bier.«
    Besorgt verfolgte Gaia, wie Leon einen Stuhl heranzog und Ingrid Theos Arm streichelte. Unsicher nahm er Platz, den Blick auf das Baby in Dereks Arm gerichtet. Dann nahm er das Bier entgegen.
    »Ein Gutes hat der Streik damals gehabt«, sagte Derek mit gesenkter Stimme. »Als die Leute hörten, dass Emily wegen der verschwundenen Bücher in Schwierigkeiten war, hat sie das wachgerüttelt. Die Bücher hat Emily zwar zurückgegeben, aber wir haben einfach unsere eigene Aufzeichnung begonnen. Ingrid und ich haben eine Dokumentationsstelle gegründet. Mütter aus jedem Sektor sind zu uns gekommen und haben uns die Geburtstage ihrer vorgebrachten Kinder gesagt, und so haben wir unser zentrales Verzeichnis geschaffen. Wenn jetzt ein vorgebrachtes Kind von drinnen zu uns kommt und uns seinen Geburtstag nennt, können wir ihm sagen, wer seine leiblichen Eltern sind.Und sie kommen immer öfter, von Zehnjährigen bis zu Erwachsenen. Wir feiern ständig kleine Wiedersehen.« Er nickte Leon zu. »So wie wir gerade. Es ist wirklich verrückt – geht einem ans Herz.«
    »Weiß der Protektor davon?«, fragte Gaia.
    »Da bin ich mir ziemlich sicher. Aber was will er machen? Die Wharftoneltern gehen ja nicht rein. Und den Enklavekindern kann er nicht verbieten, rauszugehen.«
    »Aber das hätten sie doch auch schon von früher gekonnt und haben es nicht gemacht. Weißt du noch, die Rückführungsbenachrichtigungen?«
    Leon schüttelte den Kopf. »Schon, aber damals gab es noch kein Verzeichnis. Die Rückführung war eine einmalige Gelegenheit, wieder nach draußen zu ziehen – aber das hieß, sein Leben und seine Familie in der Enklave zurückzulassen. Keiner von uns wollte das. Jetzt dagegen können sich die Leute einfach mal kennenlernen.«
    »Genau«, sagte Derek. »Und das führt zu einer seltsamen Situation, weißt du. Obwohl die Beziehungen zum Protektor angespannter denn je sind, gibt es auf einmal einen Haufen Verwandtschaften zwischen drinnen und draußen.«
    »Was heißt das für uns?«, fragte Gaia. »Haben wir Verbündete in der Enklave?«
    »Es heißt zunächst mal nur, dass gar nichts gewiss ist.« Derek schüttelte den Kopf. »Das Pulverfass könnte jeden Moment hochgehen.«
    »Das stimmt allerdings«, sagte Theo.
    »Kämst du denn noch nach drinnen, wenn du wolltest?«, fragte Leon.
    »Nicht im Moment«, sagte Derek. »Unsere letzten Tunnel sind alle aufgeflogen und vergangenes Jahr bei einer großen Razzia geschlossen worden. Wir arbeiten an neuen – aber es ist nicht so leicht, unter der Mauer durchzukommen. Wieso? Wollt ihr rein?«
    Gaia schaute Leon an, doch der trank nur von seinem Bier und überließ ihr die Antwort.
    »Nein«, sagte sie. »Wir gehen ganz normal durchs Tor, um zu verhandeln.«
    Das Baby auf Dereks Schoß spuckte Joghurt, und er wischte ihm mit dem Lätzchen das Gesicht ab. »Finde ich gut«, sagte er. »Vielleicht ändert sich auf die Art was.«
    Theo nickte ihm zu. »Ich kann sie mal kurz halten, wenn du magst.«
    Derek nahm dem Kind das Lätzchen ab und reichte es ihm. Als Theo das Baby in den Arm nahm, sich zurücklehnte und es zärtlich in seinen großen Händen hielt, begriff Gaia, wie sehr er seine Enkel vermisste, und ihr fuhr ein Stich durchs Herz.
    Ein neues Lied begann, etwas

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