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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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ihn zurückgehalten.
    Eine bessere Matrarch würde das auch jetzt noch versuchen.
    Sie schaute in Richtung des dunklen Hügels hinter der Mauer, wo das ferne Licht der Straßenbeleuchtung zwischen den Bäumen hindurchschien. Wenn sich der Protektor doch nur fair verhalten hätte. Wenn sie nur einen Weg sähe, ihn zu überzeugen.
    Wenn sie doch nur wüsste, dass es Leon gut ging.
    »Es spricht nichts dagegen, beides zu tun«, sagte Peter. »Wir zapfen rund um die Uhr weiter Wasser ab, um unsere Vorräte aufzustocken. Bill kann mit seinem Tunnel beginnen. Dadurch bieten sich uns später vielleicht mehr Alternativen. Und die Matrarch kann weiter mit dem Protektor verhandeln.«
    »Das kann auch ich übernehmen«, sagte Will. »Die Matrarch hat hier schon genug, worum sie sich kümmern muss.«
    Doch Gaia schüttelte den Kopf. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Ihre Finger schlossen sich um die Botschaft des Protektors in ihrer Tasche. »Ich werde zu ihm gehen. Das ist doch, was er möchte.«
    »Er muss aber nicht immer kriegen, was er möchte«, sagte Will. »New Sylum ist deine Verantwortung. Du wirst hier draußen gebraucht.«
    Gaia ließ den Blick über die Gesichter schweifen und spürte die sture Entschlossenheit ihrer Freunde. Sie wusste ihre Besorgnis zu schätzen, aber wenn man sie nicht gehen ließ, musste sie eben einen anderen Weg finden. Leider war sie eine schlechte Lügnerin. Am besten fasste sie sich kurz und schaute Will dabei nicht in die Augen.
    »Gut«, sagte sie deshalb nur. »Ich bleibe hier. Will kann unser Botschafter sein.«
    Der Anblick ihrer kleinen Schwester, die friedlich neben Josephine und Junie schlief, war so einladend, dass Gaia nicht widerstehen konnte und unter die Plane schlüpfte, um sich eine Minute an sie zu kuscheln. Doch kaum, dass sie die Decke hochgezogen und ihr Kopf das Kissen berührt hatte, war sie vor lauter Erschöpfung auch schon eingeschlafen. Es mussten Stunden vergangen sein, ehe sie mit einem Gefühl der Panik wieder hochschoss. Es war immer noch dunkel, und das Lagerfeuer fast erloschen, sodass sie ihre Uhr nicht lesen konnte. Vorsichtig kroch sie unter der Plane hervor und machte sich auf den Weg.
    Sie folgte dem dunklen Pfad in Richtung ihres Elternhauses. Malachai begleitete sie, so unauffällig es dem großen Mann möglich war, und seine Treue beeindruckte sie.
    Im Haus scharten sich Myrna und mehrere Besucher um das Etagenbett, in dem unten ein Kind und oben ein Jugendlicher lagen, durch einen Katheter miteinander verbunden. Gaia war mitten in eine Bluttransfusion geplatzt.
    Sie blieb aber nur lange genug, um ihre Tasche zu packen. Unter der Spüle fand sie noch ein paar Kerzen und Streichhölzer. Dann schlüpfte sie zur Hintertür hinaus und durchquerte den stillen Kräutergarten, ging vorbei an den Wäscheleinen zum dunklen Schatten des nächtlichen Hühnerstalls, aus dem leises Gegacker drang. Vorsichtig tastete sie sich an der Holzwand entlang und spähte hinter den Stall, wo ihr Vater vor langer Zeit das Holz ihres alten Klohäuschens gestapelt hatte.
    Dort, tief in dem durcheinandergewürfelten, halbverrotteten Bretterstapel glomm ein schwaches Licht. Sie bückte sich, schob ein Brett beiseite und fand ein Dutzend heller Honigpilze. Sie hatte den Geschmack nie gemocht; aber die Art, wie die Pilze nachts geheimnisvoll leuchteten, hatte sie immer fasziniert. Es waren nicht so viele, wie sie in Erinnerung hatte, und sie wollte auch nicht alle pflücken, also nahm sie nur etwa die Hälfte mit und verstaute sie sorgsam in ihrer Tasche.
    Dann blickte sie zum Haus mit seinen von Kerzen erhell ten Fenstern und hielt nach Malachai und den anderen Ausschau. Es wäre besser, die Exkrims abzuschütteln. So leise wie möglich schlich sich Gaia erst in den angrenzenden Hof, dann in den nächsten und immer weiter, bis sie endlich einen schmalen Pfad erreichte, der einen Bogen um den dritten westlichen Sektor beschrieb und dabei den Weg zum Wasserhahn kreuzte. Dort waren die Leute immer noch damit beschäftigt, bei Fackelschein Wasserfässer abzufüllen. Gaia aber verschwand in die engen, staubigen Straßen von Wharfton.
    Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass sie zuletzt allein in der Finsternis durch diese Straßen gelaufen war, doch sie kannte noch jede einzelne Ecke. Schließlich hatte sie häufig genug bei Tag wie bei Nacht Babys zum Südtor gebracht und fühlte sich zwischen den dunklen Holz- und Steingebäuden zu Hause. Ein bisschen war es, wie alleine Verstecken

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