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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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leuchtet sie bloß ein paar Minuten, doch bei Kerzenschein kann man sie deutlich erkennen. Damit kannst du Pfeile auf die Tunnelwände malen.«
    Gaia nahm die Kreide in die Hand. Sie fühlte sich trocken an.
    »Woraus besteht die?«
    »Vor allem Zinksulfid«, sagte Pearl.
    Mit neuer Hoffnung hielt Gaia die Kreide unter die Lampe, um die Phosphoreszenz anzuregen. Durch die Jalousien fiel mittlerweile graues Licht herein, und sie wollte nicht mehr länger warten. Pearl packte ihr die Kreide mit ein paar Kerzen und Streichhölzern in eine Tasche, und Mace legte ein paar warme, verpackte Brötchen dazu.
    Zum Abschied drückte Pearl sie noch einmal an sich.
    »Jetzt komm schon her und versuch, etwas Nettes zu sagen«, drängte sie Mace.
    »Nimm dir nächstes Mal länger Zeit für deinen Besuch«, sagte er. Er legte ihr die warme, schwere Hand auf die Schulter und schaute ihr in die Augen. »Und bring deinen Verlobten mit, damit wir ihn ein bisschen kennenlernen.«
    »Werde ich tun«, sagte sie. Es ging ihr jetzt schon etwas besser. »Bitte kümmert euch um Angie«, fügte sie hinzu, dann schlüpfte sie nach draußen.
    Gaia huschte im Dämmerlicht durch die Straßen, die Haare im Gesicht, damit niemand ihre Narbe sah. Die meisten Läden hatten noch geschlossen, bloß ein paar Händler für Kaffee, Eier und Milch öffneten gerade. Bald hatte Gaia die Gasse hinter dem Bastionsplatz erreicht und folgte Pearls Beschreibung zu einer schmalen grünen Tür. Die Hausnummer war aus Kupfer und mit den Jahren grün geworden: 49 – sie hatte ihr Ziel erreicht. Sie klopfte an, dann legte sie die Hände ans Gesicht und spähte durch das kleine Fenster in der Tür.
    Da sah sie eine schlanke Gestalt mit einem Kerzenleuchter den Flur herabkommen. Die Tür öffnete sich einen Spalt, und eine junge Frau schaute heraus.
    »Ja?«, fragte sie.
    Sie brauchten beide einen Moment, einander zu erkennen. Dann öffnete Rita die Tür. »Komm rasch rein«, sagte sie, zog Gaia in den schmalen Flur und verriegelte die Tür hinter ihr. Rita trug nicht länger das Rot der jungen Mädchen, die in der Bastion arbeiteten, sondern ein helles Beige. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden, doch ihr Gesicht mit den mandelförmigen Augen und den geschwungenen Brauen war noch genauso ausdrucksstark, wie Gaia es in Erinnerung hatte.
    »Leon hat mir nicht gesagt, dass du kommen würdest«, flüsterte sie.
    »Er wusste es auch nicht.«
    »Na toll«, sagte Rita. »Erklärt mir auch mal jemand was?«
    »Was hat er dir denn erzählt?«
    »Er wollte mir gar nichts sagen. Zu meiner eigenen Sicherheit – so als wäre er jetzt irgendein Meisterspion.«
    »Ich mache mir Sorgen, dass ihm was passiert ist.«
    »Da kennst du ihn schlecht, wenn du das glaubst«, erwiderte Rita. »Mach dir keine Gedanken. Er ist ein aufgewecktes Kerlchen.«
    »Wenn er nicht gerade bewusstlos ist.«
    Rita warf einen kurzen Blick über die Schulter. »Schon gut, ich mache mir ja auch Sorgen, aber was sollen wir tun? Meine Tante wird jeden Augenblick kommen. Du kannst hier nicht bleiben.«
    »Ich folge ihm«, erklärte Gaia.
    Rita warf ihr einen skeptischen Blick zu, dann schien sie eine Entscheidung zu treffen. Sie führte Gaia am Lesesaal vorbei und eine Treppe hinab ins Archiv. Der stickige, trockene Geruch nach alter Tinte und Papier kitzelte Gaia in der Nase. Dutzende Regale standen so dicht beisammen, dass sie immer wieder mit den Schultern aneckte.
    »Nicht stolpern«, warnte Rita und führte sie in einen zweiten, tieferen Raum, der noch enger zugestellt war, sodass sie beim Hindurchgehen die bunten Zettel berührte, die wie Fähnchen zwischen den Büchern herausragten.
    »Kennst du Leon schon lange?«, fragte Gaia.
    »Wir waren in derselben Schulklasse«, sagte Rita. »Er, Jack Bartlett und ich haben eine Menge miteinander erlebt. Hat er uns nie erwähnt?«
    »Jack schon.«
    Rita lachte. »Na super. Das ist mal wieder typisch. Ich war ja bloß vier Jahre am Stück in ihn verknallt.« Ihre Augen schimmerten hell. »Keine Sorge. Ich bin drüber hin weg – denke ich. Da wären wir.« Am Ende des Raums befand sich eine alte, schmale Tür, deren schwerer Riegel an der Wand lehnte. »Wir wünschen uns normalerweise keine Überraschungen, aber ich habe die Tür offengelassen, falls Leon zurückkommt. Hast du denn überhaupt eine Ahnung, wo du hin musst?«
    Gaia rief sich den Weg ins Gedächtnis, den sie bislang gegangen waren, und zeigte nach links. »Da lang

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