Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

aber nichts.
    »Wie bist du rausgekommen?«, fragte sie Peter.
    »Malachai hat uns befreit, als die Lichter ausgingen. Sie haben uns etwas in die Getränke gemischt. Dir haben sie nichts getan?«
    »Nein«, sagte sie.
    Will trat hinter Peter hervor und schenkte ihr ein Lächeln. Er hatte tiefe Ringe unter den Augen, vor Sorge oder zu wenig Schlaf.
    »Wir waren drauf und dran, wieder reinzugehen und dich zu holen«, sagte er.
    Da fiel Gaia auf, dass alle Bewohner New Sylums bewaffnet waren, von den Bogenschützen und den Scouts bis zu Norris und Dinah, die auf einmal ebenfalls einen Bogen trug. Alle waren sie bereit, ihr Leben für sie zu riskieren.
    Gaia fehlten die Worte.
    Josephine warf sich Gaia an den Hals und brach in Tränen aus, während Maya und die kleine Junie sich an ihre Knie klammerten. Pyrho hob kurz die Hand zum Gruß, Jack aber drängte sich vor und drückte sie ebenfalls an sich.
    »Wann bist du rausgekommen?«, fragte sie ihn.
    »Letzte Nacht, während des Durcheinanders.« Er klopfte Leon auf die Schulter. »Wir haben ganze Arbeit geleistet, was?«
    »Es hat seinen Zweck erfüllt.«
    Angie zeigte auf Leons Füße. »Wo sind deine Schuhe?«, fragte sie. Ihre raue Stimme hatte sich merklich verbessert.
    »Die habe ich verloren.«
    »Dann brauchst du neue.«
    »Ich weiß. Warst du diesmal auch brav?«
    Das Mädchen nickte und legte sich die Hand auf den Hals. Mace und seine Familie traten näher, und Pearl nickte lächelnd.
    »Komm mal her«, sagte Leon.
    Als sie nicht gehorchte, trat er zu ihr und bückte sich, schloss sie in die Arme und hob sie fast von den Füßen. Sie klammerte sich an ihn und vergrub den Kopf an seinem Hals.
    »Gaia war wütend auf mich«, sagte Angie.
    »Das ist sie auf mich manchmal auch«, erwiderte er. »Aber was sollen wir machen? Wir mögen sie trotzdem.«
    Jack beugte sich zu Gaia und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich glaube, Angie schwärmt ein bisschen für Leon.«
    »Darauf wäre ich nie gekommen«, sagte Gaia und lachte. Dann hob sie Maya auf den Arm. »Maya, sag unseren Brüdern hallo. Ich kenne sie selbst noch nicht gut, aber Jack scheint mir der Tiefsinnige zu sein, und Pyrho sprengt gern Sachen in die Luft.« Ihr fiel auf, dass sie alle zum ersten Mal zusammen waren, vier Geschwister, vereint. Es war eigenartig, aber auch schön; und als Jack die Augenbrauen hob, genau wie ihr Vater es immer getan hatte, empfand sie gleichermaßen Freude wie Trauer.
    »Hallo, Maya«, sagte Pyrho höflich.
    Jack legte ihm den Arm um die Schulter. »Da kriegt man doch glatt Lust, etwas trinken zu gehen, oder?«
    Pyrho grinste. »Stimmt. Darauf sollten wir anstoßen.«
    Gaia lachte wieder und drehte sich zu Leon um. Der beriet sich gerade mit Will, und etwas an der Haltung der beiden schreckte sie auf.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Wir haben es gerade erst gehört«, sagte Will. »Aber nun ist es offiziell: Der Protektor hat Wharfton und damit uns das Wasser abgedreht.«
    Gaia blickte in die Gesichter ihrer Freunde und spürte ihre Verunsicherung, ihre Angst. Alle schauten sie erwartungsvoll an. Sie drückte Maya schützend an sich.
    »Dann bleibt uns keine andere Wahl«, sagte sie mit fester Stimme. »Es wird Zeit, diese Mauer niederzureißen.«
    Es überraschte sie, wie leicht es war, die Menschen New Sylums zu mobilisieren. Die Bewohner Wharftons waren sogar noch enthusiastischer. Dank ihrer Vorräte und ihrer Sparsamkeit hatten sie zwar noch für zwei Tage Wasser, aber Wharfton hatte eine solche Belagerung ja schon einmal mitgemacht, und keiner hatte Lust, die Erfahrung zu wiederholen. Als die Menschen dann noch erfuhren, wie der Protektor Gaia zu erpressen versucht hatte, schlug ihr eine Welle der Sympathie entgegen.
    Die Erinnerung an Jahrzehnte gestohlener Kinder und brutaler Unterdrückung saß noch tief in Wharfton. Jetzt, da waren sich alle einig, war es an der Zeit, dem für immer ein Ende zu setzen.
    Diejenigen, deren Häuser am dichtesten an der Mauer standen, begannen ihre Wertsachen in Wohnungen weiter den Hang hinab zu verlegen. Die Bergleute und Steinmetze verstärkten Mauern und Dächer zum Schutz vor einem möglichen Beschuss. Dann errichtete man Barrikaden um die wichtigsten Gebäude und eine geschützte Verbindung zwischen allen Sektoren. Die Leute wetzten ihre Messer und legten ihre simplen Waffen bereit.
    Um neun Uhr forderte die Enklave über den Tvaltar jeden Bürger, der etwas über die Serie von Explosionen wusste, dazu auf, sich zu erkennen zu geben.
    Um